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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Namens hatte endgültig Klarheit geschaffen.
    »Erkennst du nicht, wie sich alles aufs Beste fügen könnte?«, flehte sie. »Ich helfe dir, wir bleiben zusammen und vernichten sie alle. Wir radieren sie aus und beseitigen sie ein für alle Male. Du bekommst das Mädchen, das du immer haben wolltest, und ich habe dich. Für immer.«
    Jemand, mit dem ich jagen kann, dachte ich. Jemand, mit dem ich reden kann. Es traf mich wie ein Faustschlag und war verlockender als alle bisherigen Wunschträume. Jemand, mit dem ich auf ewig zusammen wäre, der mich nie verließe, der immer bei mir bliebe und immer täte, was ich wollte. Gleichgültig, was ich vorhätte und wohin ich ginge, Brooke wäre an meiner Seite, würde immer beobachten und helfen, stets lächelnd und froh, mich zu sehen …
    … ewig im eigenen Körper gefangen, hilflos und verängstigt. Jedes Mal, wenn ich ihr in die Augen sähe, wüsste ich, dass ich mit einer Dämonin sprach, die mich studierte und wartete …
    Es wäre mir immer bewusst, genau wie Brooke.
    Und Niemand.
    »Das kann nicht von Dauer sein«, widersprach ich. »Du wirst sie doch wieder töten.«
    »Niemals.«
    »Das dachtest du auch bei Marci, und sieh dir an, was geschehen ist! Wie oft ist das schon passiert?«
    Schweigen.
    »Wie viele?«, bohrte ich nach. »Wie oft hast du schon ein unschuldiges Mädchen getötet, weil es zu klein oder zu groß war oder schiefe Zähne hatte? Wie oft hast du dich selbst getötet und das nächste arme Mädchen in Besitz genommen?«
    »Ich bin es nicht …«
    »O doch, und ob du es bist! Du hasst die Dämonen, aber du bist selbst eine Dämonin, und deshalb hasst du dich selbst. Ganz egal, wie vollkommen die Mädchen sind, immer haftet ihnen ein Makel an, weil du in ihnen bist.«
    »Nein!« Jetzt brüllte sie, die Schwäche war verschwunden. Es war ein beängstigender Laut. Ich bringe Brooke in Gefahr, dachte ich. Ich muss sie beruhigen. Ich muss sie bei guter Laune halten, während ich mir etwas ausdenke.
    »Du weißt nicht, wie das ist!«, rief sie. »Du weißt nicht, was ich Tag für Tag durchmache, nur weil ich eine von ihnen bin.«
    »Es tut mir leid.« In meinem Kopf nahm ein Plan Gestalt an. »Du hast recht. Dieses Mal wird es anders sein, weil … weil du mich hast.«
    Sie schwieg. »Ich liebe dich, John«, sagte sie nach einer Weile.
    Ich schloss die Augen. Bring bloß Brooke nicht um. »Dir geht es nicht gut, weil du dich gerade in dem neuen Körper einrichtest, ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Wann wird es dir besser gehen?«
    »Irgendwann morgen. Es dauert nicht lange.«
    »Dann sehen wir uns morgen. Wir fahren irgendwohin und reden.«
    »Ist das ein Date?«
    Ich holte tief Luft. »Ja, das ist ein Date. Bist du einverstanden?«
    »Ich finde es wundervoll.«
    »Also gut, bis morgen dann. Ich …« Ich brachte es kaum über die Lippen. »Ich freue mich darauf.«
     

DREIUNDZWANZIG
     
    Ich musste sie töten, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Mit gesenktem Kopf, die Hände zu blutleeren Fäusten geballt, stürmte ich im Flur auf und ab. Früher oder später würde sie sich umbringen. Brooke war so gut wie tot. Doch wenn ich sie vorher tötete und einen Weg fand, auch Niemand zu erledigen, würde die Kette unterbrochen werden, und danach würde kein Mädchen mehr sterben müssen. Ich konnte Brooke nicht retten, aber wenigstens dafür sorgen, dass sie die Letzte war.
    Ich hielt inne, weil sich mir der Magen umdrehte. Im Hals breitete sich ein eisiges Gefühl aus, ich stolperte zum Bad und übergab mich in die Toilette. Ich würgte, bis der Magen völlig leer war und schmerzhafte Wellen durch den Körper brandeten. Ich brachte es nicht übers Herz, ich konnte Brooke nicht umbringen. Mit dem Handrücken wischte ich mir den Mund ab und lehnte mich erschöpft und ausgelaugt an die Wand. Ich kam mir vor wie eine leere Hülle, die jeden Moment zerkrümeln und fortwehen konnte.
    Es lebte in ihrem Blut. Was Brooke umbrachte, würde die Dämonin befreien, die dann herauskam und weiterlebte, während Brookes Körper starb. Wieder würgte ich. Vielleicht sollte ich sie erdrosseln. Es gab viele Möglichkeiten, jemanden zu töten, ohne Blut zu vergießen. Ich konnte sie erwürgen, ihr einen Schlag auf den Kopf versetzen oder sie fesseln und in den See werfen …
    Weinend schlug ich mit beiden Händen auf den Boden. Denk nicht mehr darüber nach! Doch ich konnte nicht aufhören. Pausenlos grübelte ich, und Gedanken und Bilder tauchten vor mir auf. Ich stellte

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