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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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das Telefon. Auf einmal hatte ich ein flaues Gefühl im Magen, als würde mir auf der Achterbahn übel. Unermüdlich klingelte der Apparat, während ich mich aufrappelte und die Zimmertür öffnete. Zögernd ging ich durch den Flur und starrte das lärmende Ding an. Auf dem Display erkannte ich die Nummer der Watsons – Brooke. Ich hob ab und meldete mich.
    »Hallo?«
    »Hallo, John.« Brookes Stimme klang immer noch leise und schwach. »Wie geht’s denn so?«
    »Gut.« Warum rief sie mich an? Wusste sie, dass ich sie durchschaut hatte? Was plante sie?
    »Tut mir leid wegen meiner Mom«, sagte Brooke. »Du weißt ja, wie Mütter manchmal sind. Was treibst du so?«
    Ich hatte keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte. Ich redete mit einem Dämon! Ich starrte die Wände und die Fenster an, suchte nach einem Impuls, der meine Gedanken in Gang brächte. Es war das Ding, das Marci umgebracht hatte.
    »Bist du noch da?«, fragte sie.
    Ich schloss die Augen. »Du bist es, nicht wahr?«
    Sie hustete. »Entschuldige, ich bin immer noch heiser. Hier ist Brooke.«
    »Nein, nicht Brooke. Du bist Niemand, nicht wahr? Du bist Formans Freundin.«
    Schweigen. Im Telefon knisterten statische Geräusche, die Uhr tickte. Sie atmete ein, so leise, dass ich es kaum hörte. Nervös scharrte ich mit den Füßen.
    Als sie antwortete, flüsterte sie nur noch. »Wie hast du das herausgefunden?«
    »Du hast Marci umgebracht«, sagte ich. »Du hast sie alle getötet.«
    »Nein …«
    »Du wirst auch Brooke töten. Wie viel Zeit hat sie noch?«
    »Nein«, flüsterte sie. »Nie wieder.«
    »Warum tust du das? Warum tötest du die Mädchen?«
    »Das wollte ich nicht. Ich wollte nie jemandem wehtun, aber … ich konnte es nicht mehr ertragen. Nun ist es ausgestanden. Das alles liegt hinter mir.«
    »Was liegt hinter dir? Das Töten? Warum sagst du das?«
    »Ich dachte, Marci sei die Letzte. Ehrlich, das habe ich geglaubt. Sie war hübscher und klüger als Rachel, sie hatte einen Freund und schien so glücklich zu sein … aber das war nicht echt. Sie war eine Schlampe. Sie war dick, und dumm war sie auch …«
    »Sie war große Klasse«, widersprach ich, »und dick war sie überhaupt nicht.«
    »Ach, hör doch auf«, fauchte sie. Es war Brookes Stimme, nur klang sie schärfer und kälter, als ich sie von Brooke kannte. »Marci war eine Kuh. Rachel war eine Versagerin, aber sie war wenigstens dünn. Brooke dagegen ist vollkommen. Sie ist groß und schlank, sie ist … wie ein Baum, wie ein Lufthauch. Sie hat langes, fließendes Haar, ganz anders als Marcis verfilzter Rattenpelz. Sie ist sauber, und ihr Zimmer ist hell.«
    »Du bist doch verrückt.«
    »Du warst das letzte Teilchen, das noch fehlte«, fuhr sie fort. »Als du Brooke im Friendly Burger trafst, erkannte ich sofort, dass du sie liebst. Ich konnte …«
    »Ich liebe niemanden.«
    »Ich sah es an deinen Augen«, beharrte sie. »Du hast sie beobachtet, und mit ihr hattest du Erlebnisse, die du mit Marci nicht teilen konntest. Ich dachte, ich könne dich halten, doch es wurde immer schlimmer, und als du angerufen hast, um mich zu warnen, und stattdessen über sie gesprochen hast …«
    »Du hast über sie gesprochen, damit habe ich nicht angefangen.«
    »Du hast über die Dämonen gesprochen«, beharrte Brooke. »Ich fragte mich schon, ob du der Richtige bist, denn ich kannte ja Marcis gesamte Erinnerungen, doch ich war erst sicher, als du es heute Morgen erwähntest. Du bist der Jäger, und dich zu treffen war wichtiger als alles andere. Deshalb bin ich hergekommen.«
    »Um mich zu töten?«
    »Nein!«, widersprach sie heftig. »Ich will mich dir anschließen. Deshalb musste es auch Brooke sein, denn sie hat das Erlebnis mit dir geteilt. Sie sind schrecklich, John. Sie sind böse und furchtbar. Wir müssen sie vernichten. Ich helfe dir, ich führe dich zu ihnen, und du wirst sie töten. Dann können wir zusammen sein …«
    »Du bist eine von ihnen.«
    »Nein, das ist nicht wahr!«, keuchte sie, so laut es die geschwächten Stimmbänder zuließen. »Ich gehöre nicht zu Kantas Göttern oder Engeln oder wie er sie auch nennen mag. Ich bin Brooke Watson. Ich bin ein ganz normales schönes, vollkommenes menschliches Mädchen.«
    Kanta. Das war Formans zweiter Name, den er in Gesprächen mit seinen Dämonenfreunden benutzt hatte. Niemand sonst wusste davon. Falls überhaupt noch ein Zweifel bestanden hatte, ob Niemand tatsächlich in Brooke steckte – die Erwähnung dieses

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