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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Achseln.
    »Was sollen wir tun?«
    »Du willst dich tatsächlich darauf einlassen?«
    Sie nickte. »Mein Dad ist bei den Cops. Du müsstest dich schon sehr anstrengen, um mir Angst einzujagen.«
    »Die Herausforderung nehme ich gern an«, sagte ich, und sie lächelte unsicher. »Also fangen wir am besten gleich an. Die wichtigste Frage bei einem Täterprofil lautet: Hat die Mörderin etwas getan, das sie nicht hätte tun müssen?«
    »Sie?«
    »Ich glaube, der Handlanger könnte eine Frau sein.«
    »Warum?«
    »Das ist nur so eine Ahnung.«
    Sie lächelte. »Allmählich glaube ich, dass das nicht halb so wissenschaftlich ist, wie du mir einreden willst.«
    »Das Erstellen von Täterprofilen hat wirklich nicht viel mit Wissenschaft zu tun«, gab ich zu. »Es geht vor allem um begründete Vermutungen und Schüsse ins Blaue.«
    »Funktioniert es denn?«
    »Überraschend zuverlässig«, antwortete ich. »Wie wäre es mit … Pass auf, hier ist ein Beispiel. Nimm mal den Trailside-Killer aus San Francisco. Er hat mitten im Wald eine Reihe von Menschen getötet, sowohl Männer als auch Frauen, und ein ganzes Jahr so weitergemacht, ehe man ihn endlich schnappen konnte. Die Gerichtsmediziner fanden heraus, dass er seine Angriffe blitzschnell ausführte, was gewöhnlich bedeutet, dass der Mörder nicht erwischt werden will, doch diese Morde wurden mitten im Wald begangen. Meilenweit war niemand sonst in der Nähe. Der Profiler, der mit dem Fall betraut war, kam zu dem Schluss, dass es nur einen Grund dafür gab, so schnell vorzugehen, obwohl keine Gefahr bestand, ertappt zu werden: Der Killer schämte sich wegen irgendetwas und wollte nicht, dass die Opfer es bemerkten.«
    »Also schloss der Profiler messerscharf, dass der Killer eine große hässliche Narbe hatte oder etwas in der Art«, antwortete Marci, »und die Polizei hat nach Leuten mit Narben gesucht. Hilft so etwas wirklich?«
    Ich lächelte. »Es kommt sogar noch besser. In der Nähe der Tatorte hatte sich zwar niemand aufgehalten, doch es gab viele Zeugen an den Ausgangspunkten der Wanderwege und auf den Parkplätzen. Kein Mensch hatte einen Verdächtigen mit einer körperlichen Missbildung bemerkt. Deshalb nahm der Profiler an, dass die Auffälligkeit des Killers nicht sofort zu bemerken war, dass er sich aber trotzdem unsicher und als Außenseiter fühlte. Der Profiler riet der Polizei, nach einem Stotterer zu suchen.«
    »Schloss er das wirklich nur daraus, dass die Angriffe so schnell erfolgten?«
    »Natürlich steckte noch mehr dahinter, ich fasse die Fakten hier nur zusammen, aber deine Frage ist typisch. Sogar die Polizisten lachten den Profiler aus. Aber dann fassten sie den Täter, und er stotterte tatsächlich stark.«
    Marci schüttelte den Kopf und lächelte ungläubig. »Das ist doch völlig abgedreht.«
    »Abgedreht, verrückt und unglaublich präzise«, bestätigte ich. »Vorausgesetzt, man weiß, was man tut.«
    »Also tat der Trailside-Killer etwas, das er nicht tun musste.« Marci nickte. »Sobald man den Grund dafür wusste, hatte man eine wichtige Information über ihn in der Hand.«
    »Genau«, stimmte ich zu. Sie begriff es viel schneller als Max.
    »Na gut«, sagte Marci, »ich hab’s verstanden. Aber wie kommst du auf den Gedanken, der Handlanger sei eine Frau?«
    »Ach, vergiss das mit dem Geschlecht einfach mal«, erwiderte ich. »Kommen wir lieber auf meine Frage zurück: Was hat das Monster getan, das es nicht tun musste?«
    »Er hat den Opfern die Hände abgehackt.«
    »Genau.«
    »Sagt uns das, dass er Hände hasst?« Sie lachte. »Das kann doch nicht sein.«
    Es wird sogar noch schwieriger, wenn man berücksichtigt, dass wir eine Dämonin suchen, dachte ich. Ich weiß immer noch nicht, was sie mit den Händen und Zungen tut, die sie stiehlt. »In Bezug auf die Hände fällt mir leider nichts ein«, gab ich zu. »Es könnte buchstäblich alles sein. Also beginnen wir mit etwas anderem.«
    »Womit denn?«
    »Zum Beispiel damit, dass die Wunden alle sehr sauber sind. Hände und Zunge wurden sorgfältig entfernt. Was könnte uns das verraten?«
    »Dass der Killer sehr auf Sauberkeit achtet«, überlegte sie. »Deshalb braucht er auch die vielen Plastikplanen, nicht wahr?« Sie lächelte verschwörerisch. »Vielleicht ist es tatsächlich eine Frau.«
    »Sehr witzig«, bemerkte ich, »aber durchaus möglich. Ein starker Hang zur Sauberkeit erlaubt auch einen Rückschluss auf das Alter. Jüngere Killer sind nachlässiger und impulsiver,

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