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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Ein Beil. Kaum zu glauben, dass ich nicht auf Beil gekommen bin.«
    »Als ich noch brillant war, hat mir das Gespräch viel besser gefallen.«
    »Was?«, fragte ich lächelnd. »Bist du jetzt der geniale Detektiv?«
    »Bleib cool, Mann«, näselte sie, »ist doch alles null Problemo.« Sie kniff die Augen zusammen und blinzelte. »Keine Panik, mein Junge, wir schnappen uns den Irren.«
    »Wow«, machte ich und legte den Kopf schief. »War das … war das ein Cowboy oder ein Ganove aus einem film noir ?«
    Sie warf mir den nassen Lappen ins Gesicht. »Das war eine brillante Ermittlerin, die außerdem Hunger hat.«
    »Ich weiß, wie sie sich fühlt«, antwortete ich. »Will sie irgendwo etwas zu essen kaufen?«
    »Ja«, stimmte Marci lächelnd zu. »Das will sie.«
     

ACHT
     
    Am nächsten Abend fand die Beerdigung des Bürgermeisters statt. Es begann mit der Aufbahrung um 17.00 Uhr, und die Bude war gerammelt voll. Mom, Margaret und Lauren hatten den ganzen Tag damit verbracht, die Einbalsamierung fertig zu bekommen, sich mit dem Friedhof abzustimmen und zwischen Blumenläden, städtischen Büros und den Druckereien, in denen die Programmhefte hergestellt wurden, hin und her zu pendeln. Als ich um 15.00 Uhr aus der Schule nach Hause gekommen war, rekrutierten sie mich sofort. Ich musste die Kapelle saugen, die guten Läufer ausrollen und mich vergewissern, dass alles in Ordnung war. Die Polizei stellte mehr Sicherheitskräfte, als ich je gesehen hatte. Wir hatten schon eine Menge gewöhnliche Sterbliche in unserer Leichenhalle behandelt, aber dies war unser erster ermordeter Politiker. Officer Jensen winkte mir zu, ich winkte zurück. Ob er wusste, dass Marci und ich den ganzen ersten Schultag geschwänzt hatten?
    Um 16.30 Uhr war die Kapelle bereit und der Tote fertig für die Aufbahrung. Mom, Margaret und ich gingen nach oben und zogen uns um. Ich besaß ein weißes Hemd mit Kragen, das ich nur zu Beerdigungen anzog, dazu eine schmale schwarze Fliege und einen schwarzen Blazer. Die Fliege hing, bereits geknotet, auf einem Kleiderbügel in meinem Schrank. Ich vergaß immer, wie man sie richtig band. Aber so konnte ich sie einfach über den Kopf streifen und den Knoten festziehen.
    Mir blieben noch ein paar Minuten, bis ich unten erscheinen musste. Ich trat ans Fenster. Auf der anderen Straßenseite, vielleicht vierzig Schritte entfernt, stand das Haus der Crowleys. Der weiße Buick, in dem ich Dr. Neblins Leiche gefunden hatte, parkte neben dem Schuppen, hinter den ich die Leiche geschleppt hatte. Die Stellen, an denen Mr Crowley mit den Krallen den Asphalt aufgekratzt hatte, waren noch deutlich zu erkennen. Ich hatte ihn zur Strecke gebracht, aber viel zu lange dazu gebraucht. Jetzt ging ein weiterer Dämon um und tötete Menschen, und ich wusste so gut wie nichts über ihn.
    Am Himmel zog eine Wolke vorüber und verdunkelte die Welt für einen Augenblick, sodass ich mein Spiegelbild schwach und gespenstisch im Fenster erkennen konnte. Ich rückte die Fliege zurecht und ging nach unten.
    Aufbahrungen sind eine seltsame Sache. Die Angehörigen möchten die lieben Verblichenen ein letztes Mal sehen, deshalb verbringen wir Bestatter Stunden damit, einen Haufen totes Fleisch mit Make-up, Kitt und Strippen so weit herzurichten, dass es halbwegs wieder wie ein Mensch aussieht. Wenn jemand eine Woche tot ist, was ja auf den Bürgermeister zutraf, sieht er einfach nicht mehr so aus wie früher. Nicht weil der Körper verwest, sondern aufgrund vieler kleiner Veränderungen. Die Muskeln erschlaffen, es gibt keinen Blutdruck mehr, der sie in Form hält, und das Gesicht verändert sich. Es wirkt hager und ähnelt kaum noch dem lebenden Menschen. Der Unterkiefer klappt auf, deshalb befestigen wir ihn mit Haken und Drähten. Die Augen schrumpfen, also füllen wir die Höhle mit Watte auf, damit die Lider wieder die richtige Wölbung aufweisen. Ohne Blut wird die Haut bleich, also mischen wir Farbe in den Formaldehyd und malen das Gesicht mit Grundierung und Schminke an. Wir arbeiten anhand von Fotos und bemühen uns sehr, den Toten so herzurichten, dass er dem Lebenden weitgehend gleicht und nicht nur irgendein Vater, sondern Ihr Vater, Ihre Mutter, Ihre Schwester oder Ihre Tante ist. Dann stecken wir ihn in den besten Anzug wie ein riesiges ausgestopftes Tier und legen ihn in einen Sarg, an dem die Angehörigen peinlich berührt und bedrückt vorbeidefilieren.
    Die Leute fühlen sich bei Aufbahrungen nicht wohl, weil dies

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