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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Handlangers gebracht?
     
    »Gehst du heute Abend wieder zu Marci?«
    Es war Donnerstagabend, und ich saß mit Mom beim Essen. Ich starrte auf den Teller und antwortete nur einsilbig.
    »Ja.«
    »Macht ihr was Schönes?«
    »Wir hängen einfach nur ab.«
    Mom stocherte mit der Gabel im Essen herum. »Vielleicht könntet ihr gelegentlich auch mal hier abhängen. Ich hätte nichts dagegen.«
    »Ja«, sagte ich. In Wahrheit hatte ich nicht die Absicht, Marci jemals zu mir einzuladen, aber es war besser, einfach zuzustimmen und es dann doch nicht zu tun.
    »Ich meine es ernst«, wiederholte Mom. »Du musst wirklich nicht immer zu ihr fahren. Wir haben Brettspiele und Filme, und ich könnte Popcorn machen oder so …«
    »Nein danke«, wehrte ich ab, ohne sie anzublicken. »Bei ihnen zu Hause ist es schon in Ordnung.« Ich schob mir einen Happen Essen in den Mund. Sobald ich fertig war, wollte ich verschwinden.
    »Oh, ich weiß«, sagte Mom. »Ihr Haus ist sicher sehr schön, und ich habe die Mutter kennengelernt. Eine reizende Frau. Anscheinend ist auch ihr Vater sehr nett.«
    Ich zuckte nur mit den Achseln. »Ja.«
    Wir schwiegen eine Weile, und ich dachte schon, sie habe mich vom Haken gelassen. Dann blickte ich sie an. Sie hatte die ganze Zeit nicht gegessen. Das war nicht gut, denn es bedeutete, dass sie nachdachte, und dies wiederum bedeutete, dass sie weiterreden würde.
    »Es tut mir leid, dass es hier keinen Vater gibt …«, murmelte sie nach einer längeren Pause.
    O nein, bitte nicht das schon wieder!
    »Mom, könnten wir das bitte sein lassen?«
    »Ich hätte dir einen guten Vater gewünscht, John. Ich wünsche es mir jeden Tag und versuche, dir eine möglichst gute Mutter zu sein …«
    »Ich habe nichts gegen meinen Vater«, sagte ich. »Vor allem weil er nicht da ist.«
    »Weißt du, wie weh mir das tut, wenn du so sprichst?«
    »Warum denn das? Du hasst ihn doch noch mehr als ich.«
    »Das heißt aber nicht, dass ich mich über unsere Situation freue«, erwiderte sie. »Ich bin ganz sicher nicht froh darüber, dass sich alles so entwickelt hat. Ja, er war ein schlechter Vater und ein schlechter Ehemann, eigentlich war überhaupt nichts Gutes an ihm, aber es ist auch nicht leicht, ganz ohne Vater aufzuwachsen. Du hast keine männlichen Vorbilder, es gibt in deinem Leben keinen positiven männlichen Einfluss …«
    »Glaubst du etwa, ich fahre zu Marci, weil ich ein männliches Vorbild suche?«
    »Officer Jensen ist ein guter Mann, und zu Hause hast du niemanden.«
    »Marci ist wie ein Model, und auch so was haben wir nicht zu Hause. Wenn du neue Dads besorgst, könntest du auch gleich ein paar heiße Mädchen mitbringen. Wir stellen sie dann wie Lampen auf, damit es hier ein bisschen freundlicher aussieht.«
    »So meinte ich das doch nicht.«
    »Ich habe eine Freundin, Mom, und das war’s auch schon«, antwortete ich. »Du liegst mir dauernd in den Ohren, ich soll öfter rausgehen und mir Freunde suchen, und sobald ich es tue, nimmst du mich auseinander.«
    »Ich will doch nicht …«
    »Und dann wunderst du dich, warum ich Marci nicht mit nach Hause bringe«, fuhr ich fort. »Spätestens wenn das Popcorn halb gegessen ist und wir die staubigen Kinderspiele aus dem Wäscheschrank geholt haben, erzählst du ihr, dass ich nur mit ihr zusammen bin, weil ich keinen Dad habe. Das wäre der Traum.«
    Mom riss die Augen auf. »Du bist mit ihr zusammen?«
    »Was?«
    »Ich meine, seid ihr richtig fest zusammen?«
    »Nein, wir sind zusammen, wenn wir uns treffen. Als Freunde.«
    »Wie soll ich das wissen, wenn du mir nichts erzählst?«
    »Wir reden doch gerade, oder etwa nicht?«
    »Ich versuche es jedenfalls. Du schreist mich an.«
    »Ich schreie dich nicht an.«
    »Erzähl mir von Marci.«
    »Ich klopfe nicht mal bei ihr an«, erklärte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich setze mich einfach draußen hin, spähe durchs Fenster und ritze mich mit einer Rasierklinge.«
    »Geht das schon wieder los?« Sie schüttelte den Kopf. »Sobald ich dich bitte, etwas offener zu sein, denkst du dir irgendeine absolut lächerliche Geschichte aus. Ich hätte wirklich erwartet, dass jemand mit so viel Therapieerfahrung wie du ein bisschen raffiniertere Abwehrstrategien entwickelt.«
    »Autsch, Mom. Reden wir wieder über die Therapie? Sag ruhig, wie viel es dich gekostet hat, falls du darauf hinauswillst.«
    »Es geht nicht ums Geld, sondern um dein Leben.«
    »Nein, es geht darum, dass du dich in mein Leben

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