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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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wollte er wissen.
    »Weil ich diese Dämonin finden und aufhalten will. Dazu brauche ich Hilfe, und außer Ihnen kenne ich niemanden, der sich zum Glauben an paranormale Wesen bekennt. Außerdem sind Sie ein Priester, und wenn ich Sie darum bitte, dann müssen Sie dieses Gespräch vertraulich behandeln.«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Woher hast du das denn?«
    »Wie gesagt, man nennt es Internet. Aber im Ernst, als katholischer Geistlicher sind Sie durch Ihre Kirche verpflichtet, Gespräche unter vier Augen so vertraulich wie möglich zu behandeln. Es ist nicht juristisch bindend wie bei einem Psychologen, aber als guter Pfarrer – ich nehme an, der sind Sie – müssen Sie meine Bitte erfüllen.«
    Er saß schweigend da, beobachtete mich prüfend und schien mich abzuschätzen. »Du schneist als Fremder von der Straße herein, ein noch nicht volljähriger Junge, besessen von einem Mörder und überzeugt, dass mythische Ungeheuer existieren. Wenn ich ein so guter Priester bin, wie du behauptest, dann müsste ich dich zu einem Berater schicken.«
    »Dann seien Sie mein Berater.«
    »Ich bin nicht dazu ausgebildet, als …«
    »Hören Sie«, unterbrach ich ihn und stand auf, »Sie schwören auf der Stelle, dass Sie unser Gespräch vertraulich behandeln, oder ich gehe. Wollen Sie mir helfen? Genau auf diese Weise können Sie es tun.«
    Er betrachtete mich, überlegte und nickte schließlich. »Vorausgesetzt, ich sehe dich nicht als unmittelbare Gefahr für das Leben eines anderen Menschen, und vorausgesetzt, du willigst ein, eine Therapeutin aufzusuchen, die ich kenne. Unter diesen Voraussetzungen werde ich niemandem etwas über unser Gespräch verraten.«
    Ich starrte ihn an. Er stand auf und bot mir die Hand. »Ich gebe dir mein feierliches Versprechen.«
    Er hatte die Lippen aufeinandergepresst, die Augen waren weit geöffnet, die Kiefermuskeln angespannt. Er meinte es ehrlich. Ich schlug ein. »Danke.«
    »Ich danke dir«, erwiderte er.
    Wir setzten uns. »Also«, begann ich, »diese Dämonin hat sich bei der Auswahl ihrer Opfer bisher an strenge Kriterien gehalten. Wenn Sie die ersten beiden in Clayton und die sieben oder acht früheren Opfer in Georgia betrachten, entsteht ein bemerkenswert einheitliches Bild. Es waren stets ältere Männer, alle verheiratet und geachtete Mitglieder ihrer Gemeinde. Pastor Olsen, Bürgermeister Robinson, Steve Diamond, der in Athens als Polizist gearbeitet hatte, Jack Humphrey, ein religiöser Anführer aus Macon und so weiter. Alle bis auf Coleman entsprechen diesem Raster. Er dagegen war jünger, unverheiratet und in der Gemeinde unbeliebt, und er war zum Zeitpunkt des Mords nicht einmal mehr Angestellter der Schule. Alle anderen Opfer hatten feste Jobs und ein ordentliches Einkommen.«
    »Möglicherweise hatte der Täter Coleman schon ausgesucht, bevor dieser den Job verlor«, wandte Erikson ein. »Es lagen ja nur ein paar Tage dazwischen.«
    »Das ist möglich.« Ich nickte. »Sie denkt offenbar gründlich über die Angriffe nach und hatte daher vielleicht nicht genügend Zeit, ein neues Opfer zu finden. Es gibt jedoch noch mehr Unterschiede. Wie sich herausstellte, hat die Dämonin dieses Mal etwas mit den Augen des Opfers gemacht. Das hat sie noch nie getan. Es gibt keinen Präzedenzfall – das heißt, es gibt vermutlich sogar einen, aber wir wissen nicht genug, um ihn richtig einzuordnen.«
    Mit gerunzelter Stirn beugte sich der Pfarrer vor. »Warum sagst du, der Killer – der Dämon – sei eine Frau?«
    »Die Macht der Gewohnheit«, antwortete ich. »Genau genommen habe ich keine Ahnung, welches Geschlecht dieses Ungeheuer hat. Gut möglich, dass der Dämon die Gestalt wechseln und wie jeder andere aussehen kann. Derjenige, den wir suchen, könnte männlich oder weiblich sein, vielleicht sogar jemand, den wir kennen.«
    »Dämonische Besessenheit.«
    »In gewisser Weise ja.«
    Der Priester beugte sich auf dem Sessel vor und musterte mich scharf. »Allmählich werde ich nervös, denn jetzt redest du nicht mehr davon, einen Dämon zu jagen, sondern du willst auf ein Mitglied meiner Gemeinde losgehen.«
    »Eher auf jemanden, der nur wie ein Mitglied dieser Gemeinde aussieht …«
    »Nein«, widersprach er »so darfst du das nicht sehen. Du bist zu mir gekommen, weil du mich für einen Experten in Sachen Dämonen hältst, also hör mir jetzt auch zu: Wenn jemand von einem Dämon besessen ist, dann ist der ursprüngliche Mensch immer noch da. So funktioniert das nun

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