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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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befreien. Wenn du derjenige bist, der sie getötet hat, dann … dann stehst du auf meiner Seite.«
    Auf seiner Seite? »Nein«, fauchte ich. »Ich stehe keinesfalls auf Ihrer Seite. Sie töten jeden beliebigen Narren, den Sie für böse halten. Ich töte echte Dämonen, das wahre Böse. Sie töten die Menschen schon seit Jahrtausenden, wenn nicht noch länger, und ernähren sich von ihnen wie Raubtiere. Wie Parasiten. Ich töte keine Menschen, ich rette sie.«
    Wieder würgte er. »Ja«, krächzte er, »du hast sie gesehen.« Er begann zu weinen. »Niemand wollte mir glauben. Sie haben mich für einen gewöhnlichen Mörder gehalten. Aber du weißt es. Du weißt, was sie und wir wirklich sind.« Hustend und würgend brach er zusammen, bis ich dachte, er liege im Sterben. Dann erholte er sich wieder, und nun schien es, als presse er das Gesicht von innen gegen die Tür.
    »Wir sind die Erlöser.«
    Er ist verrückt, dachte ich. Völlig verrückt. Ein psychopathischer Serienkiller, der daherredet, was ihm einfällt, um seine Taten zu rechtfertigen …
    … genau wie ich selbst in diesem Moment.
    Ich wich zurück und ließ die Pistole sinken. Es musste noch andere Dämonenjäger auf der Welt geben, und ich hatte angenommen, der Handlanger habe möglicherweise einen von ihnen getötet. Auf den Gedanken, er selbst sei ein Dämonenjäger, war ich nicht gekommen. Wieder spähte ich im Dunkeln umher und hoffte beinahe, einen Dämon zu entdecken, der hinter mir aus den Schatten hervorbrach. Wenigstens hätte ich mir dann zu helfen gewusst. Der da in der Falle … war er ein Dämon, der andere Dämonen jagte? War er überhaupt ein Dämon? Vielleicht war er ein Mensch wie ich, der zu viel gesehen und sich geschworen hatte, das Unheil mit allen Mitteln aufzuhalten.
    Zehn Menschen hatte er getötet, vielleicht noch mehr. Ob darunter auch echte Dämonen gewesen waren?
    »Sie haben Dämonen gesehen«, sagte ich. »Beschreiben Sie sie.«
    Schweigen.
    »Beschreiben Sie sie!«, rief ich und beugte mich zur Tür vor. Der Gestank der Auspuffgase wurde stärker, sonst rührte sich nichts.
    Verdammt. Ich starrte die Tür an und dachte über das gerade Gehörte nach. War er gestürzt? Stand er noch aufrecht? Hatten ihn die Auspuffgase betäubt, oder stellte er mir eine Falle? Ich betrachtete die Waffe, die ich in der Hand hielt, und überlegte, ob ich es wagen sollte, das Auto zu bewegen. Er darf noch nicht sterben, dachte ich. Ich habe noch zu viele Fragen an ihn.
    Einen kleinen Moment lang sah ich ihn vor dem inneren Auge: einen dräuenden Dämon in einer schwarzen Rauchwolke, der schweigend darauf wartete, dass ich ihm die Tür öffnete und er mich zerfleischen konnte. Ich war beunruhigt und zögerte, aber dann sah ich etwas anderes: mich selbst, gefangen in Formans Wandschrank, wie ich ohnmächtig gegen die verstärkten Wände hämmerte, während er mit der Pistole davorstand. Ich betrachtete die Waffe in meiner Hand, als hätte sie mich irgendwie hintergangen.
    Schließlich stemmte ich mich mit aller Kraft gegen das Auto, doch es war schwer – viel schwerer, als es eigentlich hätte sein dürfen. Das enorme Gewicht, das die Tür festhielt, wirkte nun auch gegen mich, und obwohl ich in Fahrtrichtung drückte, konnte ich den Wagen kaum bewegen. In der Parkposition waren die Räder blockiert. Ich wich zurück. Wenn ich das Auto bewegen wollte, musste ich einsteigen, aber dadurch hätte ich mich von der Tür entfernt. Falls er in diesem Moment ausgebrochen wäre, hätte ich ihn verloren. Ich starrte auf die Tür, auf den Schlauch, der die Auspuffgase nach innen leitete, und fluchte. Ich musste es tun. Ich zog am Schlauch, riss ihn aus dem Auspuff heraus und zielte mit der Waffe auf die Tür. Nichts rührte sich, von drinnen drang kein Laut heraus. Langsam trat ich zur offenen Fahrertür, beugte mich vor und schob den Schalthebel in die Leerlaufstellung. Sofort sprang ich wieder hinaus und richtete die Pistole auf die Tür.
    Nichts.
    Schließlich legte ich die Waffe behutsam aufs Autodach, stemmte mich mit den Händen und der Schulter gegen den Türrahmen und schob. Das Auto war immer noch entsetzlich schwer, doch ich strengte mich an und konnte es endlich zentimeterweise vorschieben, Schritt für Schritt, bis die Tür nicht mehr blockiert war. Dann nahm ich die Waffe und kehrte vorsichtig zurück, wobei ich ständig auf den Ausgang zielte. Immer noch bewegte sich nichts, und ich streckte vorsichtig die Hand aus. Der Türknauf war

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