Welpenalarm! - Scheunemann, F: Welpenalarm!
durch die Wohnzimmertür.
»Ach, hier seid ihr. Marc, wir brauchen dich mal kurz, meine Überraschung ist da.«
Marc steht auf und folgt ihr, ich bleibe einfach neben Caro liegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es diesmal der echte Weihnachtsmann ist, und lieber lasse ich mich weiter kraulen, als für den falschen aufzustehen. So groß wird die Überraschung schon nicht sein.
Oder doch? Ungefähr auf der Höhe, auf der eben Hedwigs Kopf im Türrahmen erschien, taucht auf einmal ein riesiger Baumwipfel auf. Nach und nach schiebt sich der gesamte Baum durch die Tür, getragen von zwei Männern, die ich noch nie zuvor gesehen habe, und von Marc, der schließlich den Stamm in den Raum schiebt. Als der Baum in Gänze im Zimmer ist, stellen die Männer ihn aufrecht hin, Marc hält ihn fest. Der Baum ist so groß, dass seine Spitze fast die Decke berührt – und die ist immerhin kaum niedriger als die im Salon von Schloss Eschersbach. Carolin hört auf, mich zu kraulen, und setzt sich mit einem Ruck auf.
»Was zum Teufel ist das?«
Die beiden Männer gucken sich unsicher an.
»Äh, den hat die Dame gestern beim Chef gekauft. Wir sollten nur heute anliefern. Stimmt etwas nicht?«
»Doch, doch«, beeilt sich Marc zu sagen. »Sie können ruhig schon gehen.«
Die Männer verziehen sich.
Carolin schüttelt den Kopf.
»Marc, was ist das?«
»Das ist mein Weihnachtsgeschenk für euch!«, ertönt eine Stimme hinter dem Baum. »Schön, oder?« Die Stimme gehört Hedwig, das weiß ich schon, bevor ich ihre Schuhe neben dem Stamm entdecke. Schließlich windet sie sich hinter dem riesigen Baum hervor und stellt sich neben ihn.
»Aber … aber …«, Carolin scheint nach Worten ringen zu müssen, »wir haben doch schon einen Weihnachtsbaum!«
»Das ist wohl eher ein Weihnachtsbäumchen, dieses mickrige Teil. Da kommt mein Geschenk doch gerade recht.«
»Mir hat er sehr gut gefallen. Sonst hätte ich ihn nicht gekauft.«
»Carolin, meine Liebe – als Marcs Vater noch lebte, haben wir hier wirklich unvergessliche Weihnachtsfeste gefeiert. Und immer hatten wir einen imposanten Baum.«
Carolin bedenkt Hedwig mit ungefähr dem gleichen Blick, den sie mir zugeworfen hat, nachdem sie mich neulich auf dem Sofa erwischt hat. Auch Marc scheint das zu sehen, denn jetzt lehnt er den Baum an die Wand und setzt sich neben Caro auf das Sofa.
»Na ja, er ist schon ziemlich riesig, Mutter.«
»Nicht größer als die Bäume, die wir früher hatten. Freust du dich denn gar nicht? Das gehört doch einfach zu einem richtigen Heiligabend.«
Carolin holt tief Luft, aber bevor sie dazu etwas sagen kann, antwortet Marc.
»Doch, ich freu mich ja. Aber wir haben hier die letzten beiden Jahre auch ein schönes Weihnachtsfest gefeiert. Ohne Riesenbaum. Und Carolin hatte uns eben schon ein kleineres Exemplar ausgesucht.«
Hedwigs Blicke wandern zwischen den beiden ungleichen Bäumen hin und her.
»Er ist nicht nur kleiner, er ist auch schief.«
»Gut, ich habe ihn vielleicht noch nicht optimal hingestellt. Aber wir wollten ihn erst heute schmücken, da hätte ich das bestimmt gemacht.«
»Den kannst du hinstellen, wie du willst, Junge, der ist in sich schief. Und an einer Seite kahl.«
Wieder schnappt Carolin nach Luft – und diesmal ist sie schneller als Marc.
»Also Hedwig, jetzt reicht’s! Mein Baum ist schön, und wenn er dir nicht passt, dann kann ich dir leider nicht helfen. Jedenfalls bleibt er hier stehen. Was du mit deinem Baum machst, ist mir egal.«
Wuff – wenn Caros Stimme diesen Ton hat, kann man damit locker Fleischwurst schneiden! Auch Marc zuckt zusammen, und Hedwig sieht aus, als hätte sie in etwas sehr Saures gebissen.
»Spatzl, Mutter wollte uns doch nur eine Freude machen.«
»Genau. Und den Weihnachtsmann gibt es wirklich.« Spricht’s, wuchtet sich vom Sofa hoch und verlässt das Wohnzimmer. Zurück bleiben drei bedröppelt dreinblickende Gestalten. Ich natürlich weniger wegen der Frage, wie groß der perfekte Weihnachtsbaum sein muss. Das ist mir wumpe, denn Bäume, an die ich nicht pinkeln darf, interessieren mich überhaupt nicht. Nein – es ist die Weihnachtsmann-Frage, die mich langsam ganz wuschig macht. Gibt es den Kollegen denn nun? Oder gibt es ihn nicht? Und falls es ihn gibt: Wie trete ich wieder unter die Augen von Herrn Beck? Er ist sowieso schon so ein Oberlehrer, nicht auszudenken, wie er sich aufführen wird, sollte er doch recht behalten.
Den restlichen Vormittag
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