WELTEN-NEBEL
Ende der Welt und wurde davon verschlungen. Doch warum sollte jemand eine Karte anfertigen von Dingen, die es nicht gab, noch dazu eine solch kunstvolle? Und warum lag diese Karte auf dem Grund des Galsees?
Rihnall hatte bis jetzt nur über ihre Schulter auf die Karte schauen können, nun aber nahm er sie ihr aus der Hand und betrachtete sie genauer. Auch er schien verwirrt, konnte sich keinen Reim auf das machen, was er sah. Er fragte sie: „Was meinst du dazu?“
„ Ich glaube, du hast wirklich einen bedeutsamen Fund gemacht. Allerdings weiß ich nicht so recht, was ich darüber denken soll. Hältst du es für möglich, dass diese Karte der Wahrheit entspricht?“
Er zuckte nur mit den Achseln. Nachdem er eine Weile nachgedacht hatte, sagte er: „Warum nicht? Ist der Gedanke, dass es noch mehr Menschen gibt, eigentlich so abwegig?“
„ Aber warum wissen wir dann nichts von ihnen?“
„ Einst muss jemand davon gewusst haben, wie sonst ist diese Karte entstanden? Vielleicht ist das Wissen darüber mit der Stadt verloren gegangen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie die Ruinen auf dem Grund des Sees gekommen sind. Ich habe schon vermutet, dass hier einst trockenes Land war und die Karte bestätigt dies. Meiner Meinung nach ist es schon sehr lange her, seit die Stadt versunken ist. Irgendwann haben die Menschen dann nicht nur sie, sondern auch die anderen Länder vergessen.“
Es klang alles ganz logisch. Er mochte recht haben. Möglicherweise gab es in den Ruinen noch mehr verlorenes Wissen. Er hatte ja von den Zeichnungen auf den Wänden gesprochen. Sie mussten unbedingt herausfinden, wovon sie handelten. Aber das würde bis zum nächsten Tag warten müssen. Ohne dass sie es bemerkt hatten, war es dunkel geworden.
An diesem Abend redeten sie noch lange über sein Fundstück. Es war einfach unglaublich, wenn das wahr war. Wenn es bekannt würde, würde dies nicht nur das Weltbild der Elunger verändern. Der König würde sicherlich Schiffe aussenden, um die fremden Länder zu finden. Was dies alles zur Folge hätte, vermochte er sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorzustellen. Aber noch war er sich nicht sicher, ob sich wirklich alles so verhielt, wie dieses Artefakt es ihnen zeigte. Hoffentlich würden die Zeichnungen an den Palastwänden mehr enthüllen. Er konnte es kaum erwarten, sie näher in Augenschein zu nehmen.
Auch in Süylin schien die Entdeckung Begeisterung und Neugier ausgelöst zu haben. Bisher hatte er den Eindruck gehabt, sie habe ihn nur begleitet, weil sie sich Sorgen um ihn machte und ihn unterstützen wollte. Diese Reise, diese Suche, sie war nie ihre Suche gewesen. Doch mit diesem Tag hatte sich dies geändert. Sie brannte ebenso sehr wie er auf weitere Entdeckungen. Erstmals stellte Fragen, die von tieferem Interesse zeugten. Er musste ihr alles, was er bis jetzt gesehen hatte, auf Genauste beschreiben. Er spürte, dass sie ihn am liebsten zu den Ruinen begleitet hätte. Doch dies ging leider nicht. Daher bemühte er sich, ihre Fragen so anschaulich und umfassend wie möglich zu beantworten, fertigte sogar einige Skizzen im Sand an.
Seine Erzählungen waren so ausführlich und detailreich, dass Süylin schon bald eine so bildliche Vorstellung von den Ruinen hatte, als habe sie sie mit eigenen Augen gesehen. Sie drängte ihn, immer weiter zu erzählen. Sie fieberte dem nächsten Tag entgegen. Welche Entdeckungen dieser wohl bereithielte? Als sie sich zur Ruhe begaben, war sie viel zu aufgeregt, um zu schlafen. Dicht schmiegte sie sich an ihn, begann, ihn zu küssen. Anders als die vorangegangenen Abende wies er sie nicht ab, sondern erwiderte ihre Zärtlichkeiten. Der heutige Fund schien den Druck, der sein Handeln seit dem Aufbruch bestimmt und ihn selbst für ihre Liebe unempfänglich gemacht hatte, von ihm genommen zu haben. Schon während ihres Gespräches hatte sie die Veränderung wahrnehmen können, er hatte gelöst und glücklich gewirkt. Als sie nun seine Hände auf ihren Körper spürte, seine Küsse auf ihrer Haut, löste dies ein solches Glücksgefühl in ihr aus, dass sie fast weinen musste. Es war so schön, den leidenschaftlichen und zärtlichen Liebhaber ihrer ersten gemeinsamen Nächte wiedergefunden zu haben.
Er hatte ganz vergessen, wie schön seine Frau war, wie weich ihre Haut, wie köstlich ihre Küsse. Er hatte sie in der letzten Zeit wohl zu sehr vernachlässigt. Doch nun konnte er sie wieder spüren, ihre Liebe, die
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