WELTEN-NEBEL
und Süylin. Ohne eine gemeinsame Sprache würde es schwierig werden, diese Fremdheit zu überwinden.
Gerne hätte er sich in Ruhe umgesehen, doch die Männer schoben sie weiter. Sie betraten eine große Hütte, wo sie sich einem älteren Mann gegenübersahen, der auf einer Art Thron saß. Sicher war er der Anführer dieser Menschen. Rihnall deutete eine Verbeugung an, Süylin tat es ihm gleich. Der Alte nickte und begann, in der seltsam hart klingenden Sprache auf sie einzureden, erkannte aber schnell, dass sie ihn nicht verstanden. Daher verlegte er sich auf Gesten. Er bat sie, sich zu setzen und so nahmen sie auf dem Holzboden Platz. Wohl auf das Geheiß des Anführers wurden Speisen hereingebracht.
Es war ein einfaches Essen, Brot, gebratenes Fleisch und einige ihm unbekannte Gemüse, doch schmackhaft zubereitet. Er bemühte sich langsam zu essen, auch wenn ihm das nach den Tagen der Entbehrungen schwerfiel. Während er aß, versuchte er, so unauffällig wie möglich, die Umgebung im Auge zu behalten. Von den fünf Männern, die sie hergebracht hatten, waren nur noch zwei anwesend, außerdem der Häuptling und die Frau, die die Speisen gebracht hatte, und die nun neben dem Anführer Platz genommen hatte. Ihr Alter und die Art, wie sie sich ihm gegenüber gab, ließen Rihnall vermuten, dass sie seine Frau war.
In der nächsten Zeit wären sie darauf angewiesen, genau zu beobachten, um mehr über die Menschen und dieses Land zu erfahren.
Doch nicht nur er beobachtete, auch sie wurden beobachtet. Der Anführer ließ sie die ganze Zeit nicht aus den Augen. Rihnall konnte die forschenden Blicke beinahe spüren.
Er warf einen Blick auf Süylin. Entgegen seiner Erwartungen aß sie nicht. Zwar hielt sie ein Stück Brot in der Hand, doch es fehlten höchstens drei Bissen. Er fragte sie: „Was ist los? Du musst doch Hunger haben.“
„ Mir ist schlecht.“
„ Versuch trotzdem, noch etwas zu essen. Iss langsam. Du musst wieder zu Kräften kommen. Außerdem könnte es unsere Gastgeber beleidigen, wenn du das Essen verschmähst.“
Sie zwang sich, noch etwas mehr von dem Brot hinunterzuwürgen. Das Schlucken fiel ihr schwer, immer wieder musste sie Wellen der Übelkeit niederringen. Dabei hatte sie Hunger gehabt. Doch kaum hatte sie das erste Stück Brot heruntergeschluckt, war ihr schlecht geworden. Sie musste Rihnall recht geben, ihr Körper benötigte Nahrung. Also rang sie um jeden Bissen und hoffte, dass das Essen bald beendet wäre.
Um sich von ihrem Unwohlsein abzulenken, ließ sie die Geschehnisse, die sie hierher geführt hatten, Revue passieren. Jetzt, da sie offenbar nicht mehr ums Überleben kämpfen mussten, konnte sie sich Gedanken über dieses Land machen. Schon bevor sie auf die Menschen getroffen waren, hatte sie den starken Verdacht gehegt, dass sie sich nicht in Elung befanden. Jetzt konnte sie sicher sein. Doch wo waren sie? Sie rief sich die Informationen ins Gedächtnis, die Rihnall aus den Ruinen mitgebracht hatte. Aber sie reichten nicht, um zu einem Ergebnis zu kommen. Wenn sie sich nur irgendwie mit diesen Menschen unterhalten könnte. Gerne hätte sie einen Versuch unternommen, doch sie fühlte sich zu schwach für jede auch noch so kleine Anstrengung. Sie würde warten müssen, erst musste sie sich ausruhen. Noch während dieses Gedankens spürte sie, wie die Kraft sie verließ und sie in sich zusammensank. Sie versuchte, an Rihnall Halt zu finden. Ein Zittern durchlief ihren ganzen Körper. Nur gedämpft nahm sie wahr, wie Rihnall seine Arme um sie legte. Als sie sich dort sicher geborgen fühlte, ließ sie sich ganz fallen.
Irgendwie war es ihm gelungen, ihren Gastgeber verständlich zu machen, dass Süylin Ruhe brauchte. Die beiden Wachen führten sie in eine einfach ausgestattete Hütte. Rihnall musste Süylin dorthin tragen, da sie zu schwach war, um selbst zu laufen. Vorsichtig half er ihr in eines der Betten. Gerne hätte er mehr für sie getan, doch er wusste nicht, was. Also setzte er sich auf den Rand des Bettes, hielt ihre Hand und redete ihr gut zu. Sie solle schlafen und sich erholen. Wenig später zeigten ihre regelmäßigen Atemzüge an, dass sie eingeschlafen war. Er hoffte, dass der Schlaf ihr die nötige Erholung brachte, derer sie offensichtlich so dringend bedurfte. Als sie so schlaff in seinen Armen gelegen hatte, hatten die Sorgen ihn fast wahnsinnig gemacht. Die Strapazen der letzten Tage hatten ihr noch mehr zugesetzt, als er gedacht hatte.
Gerne
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