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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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fehlte das beruhigende Schaukeln des Schiffes, das sie die letzten Monde in den Schlaf gewiegt hatte. Schließlich schwang sie sich aus dem Bett und schlich in Darijas Schlafgemach. Sie trat an das Bett heran und flüsterte Darijas Namen. Die Angesprochene schlug augenblicklich die Augen auf und fragte: „Könnt Ihr auch nicht schlafen?“
    „ Nein. Darf ich mich zu Euch legen?“
    Kaum hatte es sich Zada neben Darija bequem gemacht, als sie das Tappen nackter Füße auf dem blanken Holzboden vernahm. Mawen betrat das Zimmer und gesellte sich zu den beiden. Keiner der drei sagte ein Wort. Es war nicht die Zeit, um Probleme zu wälzen. Vielmehr wollte keiner von ihnen alleine sein. Obgleich es zu dritt in dem Bett etwas eng war, vernahm Zada bereits nach kurzer Zeit die gleichmäßigen Atemzüge Darijas und Mawens. Beide waren fest eingeschlafen.
    Zada versuchte, ihre Eindrücke von Helwa zu verarbeiten. Irgendwie hatte sie sich die Rückkehr in ihr Heimatland anders vorgestellt. Diese graue Stadt, die im Gegensatz zu diesem prunkvollen Palast stand, die scheuen Menschen, die scheinbar freudlos ihren Tätigkeiten nachgingen, all dies stand im Widerspruch zu den farbigen Erinnerungen, die der Heilige Würfel in ihr ausgelöst hatte. Ihr schauderte bei dem Gedanken daran, dass der König sie wahrscheinlich niemals nach Cytria zurückkehren lassen würde. Ihre einzige Hoffnung wäre dann ein Wiedersehen mit ihren leiblichen Eltern. Sie versuchte sich an das gütige Gesicht ihrer Mutter zu erinnern und an das Lachen ihres Vaters. Doch die Erinnerungen, die in Cytria lebhaft vor ihrem inneren Auge erschienen waren, wollten sich angesichts ihrer Erfahrungen hier in Helwa nicht einstellen. Vielmehr drängte sich ihr ein anderes Bild ihrer Eltern auf: zwei seltsam Fremde, sichtbar gealtert und mit grauen, gramgezeichneten Gesichtern. So sehr sie versuchte, dieses Schreckgespenst abzuschütteln, es hatte sich in ihrem Kopf eingenistet. Sie unterdrückte ein Schluchzen, um die anderen nicht zu wecken. Eine einzelne Träne rollte ihre Wange hinab.
     
     

    Den düsteren Gedanken zum Trotz musste sie irgendwann eingenickt sein. Als sie erwachte, vernahm sie das Wispern zweier Stimmen. Mawen und Darija waren bereits auf den Beinen und unterhielten sich leise im angrenzenden Salon. Sie schwang die Beine aus dem Bett und durchquerte den Salon, um das Schlafgewand gegen ihr Kleid zu tauschen. Die beiden waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie sie nicht bemerkten. Als sie sich angekleidet hatte, gesellte sie sich zu ihnen und wünschte ihnen einen guten Morgen.
     
     

    Der Klang von Zadas Stimme ließ sie aufschrecken. Sie hatte nicht bemerkt, wie sie den Salon betreten hatte, zu vertieft war sie in ihr Gespräch mit Mawen gewesen. Gemeinsam hatten sie über ihre gegenwärtige Situation nachgedacht. Das, was sie bisher von Helwa gesehen hatten, entsprach in keiner Weise ihren Erwartungen. Sie hatten ein Land erwartet, das sich nicht wesentlich von Cytria unterschied. Doch schon die wenigen Stunden hatten ausgereicht, diese Erwartung zu zerschlagen. Dies war nicht nur ein Land, in dem die Götter keinen Platz hatten, auch Freude schien es für das Volk nicht zu geben. Jedes Gesicht, in das sie auf der Straße hatten schauen können, wirkte ebenso trostlos wie die grauen Gebäude der Hauptstadt. Möglicherweise trog der erste Eindruck, doch das Verhalten des Königs ließ nichts Gutes ahnen. Zwar war der Empfang nicht unfreundlich gewesen und sie saßen hier auch nicht in einem finsteren Kerker. Dennoch waren sie eingesperrt und wurden der Spionage verdächtigt. Ein solches Verhalten Fremden gegenüber wäre in Cytria undenkbar. Mawen hatte sich zuversichtlich geäußert, den König heute von ihren friedlichen Absichten überzeugen zu können. Sie jedoch zweifelte. Der Herrscher Helwas schien ihr kein besonders umgänglicher und freundlicher Mensch zu sein. Vielmehr hatte es den Anschein, als hielte er sich für überlegen und seine Macht für uneingeschränkt. In diesem Land, in dem die Existenz der Götter geleugnet wurde, sah sich der König sicher als einzige regelgebende Instanz. Und die Regeln, die er erließ, trugen wohl wenig zum Glück der Menschen bei. Wie sonst war die gedrückte Stimmung zu erklären. Noch gab es Hoffnung. Vielleicht hatte der König seine Meinung zwischenzeitlich geändert. Auch war Mawen ein gescheiter Gelehrter, der sicher noch einige Argumente vorbringen konnte, die belegten, dass sie keine

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