WELTEN-NEBEL
und der Soldat unterwegs waren und wie tapfer sich selbst die zarte Zada vorkämpfte, wagte er es nicht. Er tröstete sich mit dem Gedanken, den Gipfel bald erreicht zu haben. Wie schon die letzten beiden Tage kamen sie fast nur noch kletternd voran. An besonders schwierigen Stellen sicherten sie einander mit Seilen. Er musste sich stets zwingen, nicht nach unten zu schauen, denn die Höhe ließ ihn schwindlig werden. Am Vortag hatte er geglaubt, sich allmählich an die Berge und das Klettern zu gewöhnen, doch sein vor Schmerz brennender Körper belehrte ihn eines Besseren.
Plötzlich verriss ein Schrei die Stille. Es war eindeutig Zadas Stimme.
War ihr etwas passiert, war sie abgestürzt? Er versuchte, so schnell wie möglich zum Ursprung des Schreis vorzudringen. Elec, der am Schluss der Gruppe geklettert war, schloss zu ihm auf und nach wenigen Minuten hatten sie Zada erreicht. Diese schien wohlauf, war jedoch völlig aufgelöst. Sie zeigte auf eine Felsspalte und stammelte: „Felkan.“
Darija, die wie immer vorweg geklettert war, erreichte den Unfallort kurz nach Mawen und Elec. Als sie erfuhr, dass der Soldat in die Felsspalte gestürzt war, zögerte sie nicht lange. Sie band sich ein Seil um den Körper, dessen Ende sie Elec reichte. Vorsichtig näherte sie sich der Spalte und schaute hinein.
Die Spalte war nicht besonders tief, Darija schätzte, dass es nur knapp zwanzig Fuß waren, aber ihre Wände waren nahezu senkrecht. Gleich oben gab es einen kleinen Vorsprung, den es zu umklettern galt. Am Boden des Spalts lag Felkan, regungslos und anscheinend bewusstlos. Möglicherweise war er auch tot, das konnte sie nicht beurteilen. Bei einem Sturz aus einer solchen Höhe konnte man sich durchaus das Genick brechen. Sie wusste, dass es gefährlich war, in den Spalt hinabzusteigen, auch sie lief Gefahr, abzustürzen. Dennoch sah sie es als ihre Pflicht an, den Soldaten zu retten.
Sie bedeutete Elec, er möge das Seil gut festhalten, dann begann sie mit dem Abstieg. Der Fels war bei Weitem nicht so glatt, wie es den Anschein gehabt hatte. Ihre Hände und Füße fanden genug Vorsprünge und Rillen und so gelangte sie ohne größere Anstrengungen zu Felkan. Sie ging neben ihm in die Hocke. Sein Atem war schwach, aber gleichmäßig. Auf den ersten Blick konnte sie auch keine blutenden Wunden entdecken. Vorsichtig tastete sie den Körper des Bewusstlosen ab. Die Götter mussten ihm wohlgesonnen gewesen sein, sie konnte keine Verletzungen feststellen. Sie löste den Wasserschlauch von ihrem Gürtel und versuchte, Felkan etwas davon einzuflößen. Seine Rettung wäre erheblich leichter, wenn er bei Bewusstsein wäre. Doch einige Spritzer des kühlen Nasses ins Gesicht weckten ihn nicht auf. Auch sanftes Rütteln half nicht. Es wäre ihr unmöglich, den Soldaten auf ihrem Rücken nach oben zu tragen. Zwar war er nur unwesentlich größer als sie, wog aber garantiert mehr. Elec würde ihn also mithilfe des Seils nach oben ziehen müssen. Sie löste das Seil von ihrem Körper und band es um den Rumpf des Soldaten. Dann führte sie es über das Gesäß und um die Oberschenkel, sodass es war, als säße er auf dem Seil. Ihren Gürtel legte sie um die Brust Felkans und um das nach oben gespannte Seil. Nun befand sich der Soldat trotz seiner Bewusstlosigkeit in einer nahezu aufrechten Position. Sie rief Elec zu, er möge langsam und gleichmäßig am Seil ziehen. Der Soldat wurde emporgehoben. Sie selbst kletterte halb neben, halb hinter ihm und griff ein, wenn er gegen die Felswand zu prallen drohte. Jetzt kam ihnen der Vorsprung an der Oberkante zupass, den dadurch hing das Seil mit einigem Abstand zu Felswand. Sie hatten es fast geschafft, nur noch der Vorsprung musste überwunden werden. Sie rief Elec zu, er möge Mawen und Zada das Seil geben und sich bäuchlings an den Rand der Schlucht legen. Als sie den Kopf des Prinzen über dem Rand des Vorsprungs erblickte, hieß sie Mawen und Zada, das Seil noch ein Stück weit zu ziehen. Nun hing Felkan dicht unter der Kante des Vorsprungs. Darija hatte es schwer, ein allzu starkes Pendeln des Seils zu verhindern, doch es gelang ihr, Felkans Körper so ruhig zu halten, dass Elec den Gürtel zu fassen bekam und Felkan über den Vorsprung ziehen konnte. Kurz darauf streckte der Prinz auch Darija die Arme entgegen, um ihr über den Vorsprung zu helfen. Sie war dankbar, denn sie war mit ihren Kräften fast am Ende. Als sie sich mit Elecs Hilfe hochgezogen hatte, ließ sie
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