Welten - Roman
Gebäude dazu, brachen durch und erhöhten den Einsatz. Das Ganze wurde zum Rechenzentrum. Wir mussten eine Klimaanlage einbauen wie in einer Industriefabrik, um die Wärme rauszublasen, die von den vielen Maschinen erzeugt wurde.
Dreimal darfst du raten. Genau, wir verdienten noch mehr Geld. Autos, Wohnungen, Stadthaus in Mayfair, netter kleiner Achtzimmerneubau in Surrey, viel Urlaub und Mädels, Mädels, Mädels. Und noch immer kein Anruf mit der Aufforderung, etwas für die zehn Riesen im Monat zu tun. Nicht dass ich die paar Kröten gebraucht hätte. Aber inzwischen war eine Art Tradition daraus geworden, du verstehst schon.
Trotzdem beschlich mich immer so ein leicht mulmiges Gefühl, wenn ich den Betrag auf dem Kontoauszug bemerkte.
ZEHN
PATIENT 8262
Es war wohl unser Philosophielehrer an der UTP, der etwas sagte, was ich damals als selbstverständlich akzeptierte und erst jetzt als beunruhigend empfinde, seit ich viel Zeit zum Nachdenken habe: Alle Argumente und Auffassungen, die dem Solipsismus nichts von seiner Wahrscheinlichkeit nehmen, können vernachlässigt werden.
Solipsismus, so erklärte er uns, war eigentlich ein Grundzustand der Menschheit. In uns gibt es einen Kern, der immer glaubt, dass wir persönlich, das heißt unser individuelles Bewusstsein das Einzige ist, was existiert, und dass nichts anderes zählt. Dieses fordernde Gefühl und Verhalten reiner Selbstbezogenheit, das wir als Kind erleben (wenn wir paradoxerweise aufgrund unserer Hilflosigkeit allmächtig sind), verwandelt sich in das gängige erwachsene Empfinden, dass wir unbesiegbar und für etwas Besonderes bestimmt sind und in unserer jetzigen glorreichen jugendlichen Blüte unmöglich sterben können.
Kriegführende Streitkräfte, so zeigte unser Lehrer auf, sind voller unreifer Personen, die ganz und gar eingenommen sind von der Vorstellung Mir kann das nicht passieren, und bezeichnenderweise trifft dies auch auf viele Menschen ohne ernsthaften religiösen Glauben zu, der sie für einen derart überzogen optimistischen und irrationalen Egoismus empfänglich machen würde. Das soll nicht heißen, dass es nicht auch zahlreiche andere gibt, die genau wissen, dass es jedem passieren kann, oder dass sich jemand, der sich zunächst für etwas Besonderes und
für unangreifbar hält, sich nicht in jemanden verwandeln kann, den die Unberechenbarkeit des Schicksals - vor allem des militärischen Schicksals - zu Recht in Angst und Schrecken versetzt. Doch die große Mehrheit ist trotz der schlagenden Beweise für diese rücksichtslose Willkür davon überzeugt, dass ihr nichts Schlimmes widerfahren wird.
Man könnte behaupten, dass wir dieses Gefühl nie völlig abschütteln, gleich, wie viele Illusionen wir im späteren Leben verlieren oder wie verlassen und unwichtig wir uns vorkommen, wenn das Alter an uns nagt. Natürlich ist dieses Beharren keineswegs ein Beleg für seine Richtigkeit. Wir müssen davon ausgehen, dass Solipsismus Unsinn ist, weil andernfalls alles andere um uns herum Unsinn und bedeutunglos ist, nichts weiter als das Ergebnis einer Selbsttäuschung.
Dem Lehrer war daran gelegen, den wilderen Exzessen philosophischen Forschens einen Riegel vorzuschieben. Selbstverständlich war es immer interessant und manchmal auch lohnend, über verstiegene Aussagen zu spekulieren und exaltierte, unwahrscheinliche Ideen zu erkunden, doch man sollte sich dadurch nie zu sehr vom Hauptstrom philosophischen Denkens und von der Realität ablenken lassen.
Immer wenn man auf eine Idee stieß, die erst seit kurzem als plausibel oder gar vernünftig galt, sollte man die Nagelprobe machen: War sie der Sache nach einleuchtender als Solipsismus? Wenn Solipsismus genauso sinnvoll erschien, konnte man die Idee getrost aufgeben.
Natürlich ließ sich die Behauptung, dass nirgends sonst im Universum etwas - oder zumindest jemand - existierte, nie mit Hilfe von Grundaussagen widerlegen. Kein Beweis
konnte einen Menschen, der entschlossen dieser Vorstellung anhing, davon überzeugen, dass er nicht das einzige denkende und fühlende Wesen war. Jedes äußere Ereignis ließ sich durch striktes Festhalten an der zentralen Hypothese erklären, dass nur das eigene Bewusstsein existierte und daher alles scheinbar Äußerliche einfach nur erfunden war.
Doch, so erläuterte unser Lehrer, die Position des extremen Solipsisten hatte eine Schwäche, die auf folgende Frage hinauslief: Wenn außer ihm nichts anderes existierte, warum machte er sich dann
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