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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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jeder seinen eigenen Floating-Tank. Alles natürlich steuerlich absetzbar. Auch die Computerspiele dienten schließlich dazu, Testosteron und Aggressionen abzubauen. Meistens trieben sich dort mehr Leute herum, die uns berieten oder uns was beibrachten, als Hedgefonds-Händler. Wir hatten Personal Trainer, einen hauseigenen Masseur, Weinexperten, Fachleute für persönliche Duftnoten, Körperpflege
und Auftreten, Lifestyle- und Ernährungsgurus, Jachtvermittler, Fechtlehrer und Einkaufsassistenten von Harrods und aus der Jermyn Street, die alle zwei Stunden mit Sachen aufkreuzten, die uns passen könnten, weil wir selbst keine Zeit und Lust hatten, die Läden aufzusuchen und uns unters gemeine Volk zu mischen.
    Ganz zu schweigen von einer festen Vereinbarung mit einem äußerst diskreten Hostessenservice der Spitzenklasse einige Straßen weiter, für den Fall, dass all das Testosteron ein anderes Ventil brauchte. Zu diesem Zweck hatten wir auch einen eigenen Raum, den wir Kantine nannten, allerdings bevorzugten manche trotzdem ihren eigenen Schreibtisch. Anfangs nutzte ich diesen Service kaum. Hatte früher nie dafür bezahlt, warum also jetzt. Eine Frage des Stolzes. Aber manchmal saß man da so vor den Bildschirmen und fühlte sich auf einmal geil. Und keine zehn Minuten entfernt wartete eine fabelhafte Tussi, die man überhaupt nicht volllabern, mit Essen und Alkohol abfüllen oder sonst irgendwie bearbeiten musste. Klar, für irgend so einen armen Wichser war das ein Wochenlohn, aber bei unserem Profit waren das nur Peanuts. Da wäre man doch blöd gewesen, wenn man die Gelegenheit nicht genutzt hätte, du verstehst schon. Es war ganz ähnlich wie mit Fastfood, aber Fastfood der gehobenen Sorte.
    Und natürlich viel Koks. Ich eigentlich weniger, aber die anderen fuhren voll darauf ab. Ich war so eine Art Sommelier des Büros. Wir hatten sehr gute Kontakte, wenngleich ich die meisten Dealer nicht kannte - dafür ist die Fluktuation in der Branche einfach zu groß. Und zu mir kamen sie immer, um prüfen zu lassen, ob es guter Stoff war. War es auch fast immer. Ich stellte sozusagen das Qualitätssiegel aus. Eigentlich hätte ich Gebühren verlangen sollen.

    Als Chas, der andere Typ von TT, der zusammen mit mir FMS gegründet hatte, in den Ruhestand ging, um Kinder aufzuziehen und Vollblüter zu züchten, wurde mir klar, dass ich von den Leuten im Büro der Älteste war, und dabei war ich erst Anfang dreißig.
    Und wir hatten unsere eigenen Finanzberater, ob du es glaubst oder nicht.Wir verdienten die Kohle und gaben sie aus (mit ein bisschen Hilfe, siehe oben), aber es am besten anzulegen und es für schwere Zeiten zu sichern, dafür waren andere Experten zuständig. Ich meine, natürlich wussten wir hundertmal besser als der Durchschnittsdödel von der Straße, was man mit der Knete anfangen konnte, aber es gab Leute, die sich auf solche Dinge spezialisiert hatten, und auf die hörte man natürlich. Steueroasen, Abschreibung, weitgehende Verlagerung ins Ausland, Stiftungen, die theoretisch anderweitig kontrolliert wurden, aber das Benötigte sofort ausspuckten, wenn man nett fragte (haha). Kaiman-Inseln, Bahamas, Kanalinseln, Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz …
    Letztlich zahlten wir weniger Steuern als unsere Putzkräfte aus Pakistan. Und wenn ich so durch die verstopften Straßen von Westlondon fuhr und dieses Gewimmel von Leuten sah, dachte ich immer: ihr Trottel, ihr blöden Trottel.
    Einige von uns waren Mathematikgenies. Ich natürlich nicht. Im Grunde zerfielen wir in zwei Gruppen. Auf der einen Seite die Instinkt-Trader wie ich, die ein Gefühl für die Abläufe hatten und sich umtaten, die Augen und Ohren offen hielten und hier und dort Gefälligkeiten erwiesen und einforderten. Auf der anderen Seite die Quantenmechaniker, die reinen Zahlenfetischisten und Rechenkünstler, die in einem anderen dümmeren Zeitalter in einem alten Steinkasten in Oxbridge verschimmelt wären, neue Zahlen
erfunden und irgendwelchen Scheiß gefaselt hätten, ohne was Nützliches für die Gesellschaft zu leisten. Wir setzten sie an die Arbeit und zahlten ihnen mehr Geld dafür, als sie zählen konnten. Und dann gab es noch die Programmierer. Eine Art Untergruppe der Mathematiker, die sich mit Zeug befasste, das die anderen nicht mal ansatzweise kapierten, die aber dafür sorgte, dass alles noch reibungsloser lief und wir noch mehr Kohle machten.
    Als der Mietvertrag für das Nachbaranwesen auslief, kauften wir das

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