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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Cristal da, um kurz darauf zu verschwinden. Wir aßen noch mehr Blini und Kaviar und tranken Champagner. Beide Frauen tanzten wieder mit mir. Aber ich war noch ganz benommen und bekam nicht viel mit. Bald danach bezahlte Mrs. M die Rechnung, wir holten unsere Klamotten und stiegen sofort in den Mercedes, der uns hergebracht hatte. Aus dem orangeschwarzen Himmel wirbelten Schneeflocken. Dann fuhren wir zu einem klotzigen, hell erleuchteten und sehr warmen Hotel, wo mir mein Zimmerschlüssel ausgehändigt wurde. Mrs. M versprach, sich zu melden, und gab mir ein Küsschen auf die Wange. Connie folgte ihrem Beispiel. Sie hatten eine gemeinsame Suite, und während ich durch einen breiten Gang zu meinem Zimmer tappte,
überlegte ich, ob die beiden vielleicht etwas miteinander am Laufen hatten.
    Am nächsten Tag schlief ich bis zum mittleren Nachmittag. In einem Umschlag, der unter meiner Tür durchgeschoben worden war, fand ich tausend Rubel und ein British-Airways-Ticket erster Klasse für einen Flug nach Heathrow vier Stunden später. Das Zimmer war bereits bezahlt. Mrs. M und Connie hatten das Hotel schon Stunden vorher verlassen. Mrs. M hatte mir an der Rezeption eine Nachricht hinterlassen. »Welcome abroad. Mrs. M.« Nicht »Welcome aboard«. Nicht »willkommen an Bord«, sondern »willkommen im Ausland«. Ob Schreibfehler oder Wortspiel, war für mich nicht zu erkennen.
    Ich kam wieder. Nach Moskau und in den Club, schon im nächsten Monat. Freundete mich mit dem Besitzer Kliment an (nach anfänglichem Misstrauen, da er sich nicht an mich, Mrs. M und Connie Sequorin erinnern konnte und mich zuerst wohl für einen Polizisten oder Journalisten hielt) und konnte eines Tages alles genauer unter die Lupe nehmen. Ich fand das Zimmer, von dem aus mich Mrs. M zu diesem extrem unheimlichen Ausflug in eine Sumpflandschaft mitgenommen hatte, in der nur noch die Ruinen von Moskau standen.
    Damals war ich nicht auf die Idee gekommen, eine Blume oder einen Kiesel einzustecken - wahrscheinlich war ich einfach zu durcheinander.Außerdem hätte das sowieso nichts bewiesen. Ich wusste, dass da was Bizarres passiert war, aber was genau, war mir nicht klar. Ich hatte den Club den ganzen Nachmittag für mich, bis am frühen Abend die Angestellten eintrafen, um alles für die nächtlichen Freuden vorzubereiten, und ich durchsuchte das Zimmer, die angrenzenden Räume und sogar den Keller und die
kleine Bar direkt darüber, doch alles wirkte koscher, bloß vielleicht eine Spur schäbig im kalten Tageslicht. Doch mir blieb unerfindlich, wie ich ausgetrickst worden war - falls es so war. Drogen wahrscheinlich. Oder Hypnose. Suggestion und solche Sachen, du verstehst schon.
    Nein, ich verstand es auch nicht. Es war einfach so verdammt real gewesen. Beim Abschied war ich so schlau wie zuvor und schlug sogar die Einladung auf eine Flasche Champagner an einem VIP-Tisch von meinem Freund Kliment aus. Zu müde, sagte ich. Ein andermal. Noch am Abend flog ich zurück in die gute alte Heimat.
    Ich erkundigte mich nach Reisen in die Zone um Tschernobyl, aber es war schwer zu arrangieren, und mir war auch nicht wohl bei der Vorstellung. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr drängte sich mir die Vision auf, dass ich womöglich unter großen Gefahren für meine zukünftige Gesundheit Mrs. Ms Niederlassung aufspüren würde, nur um festzustellen, dass, sieh an, alles leer und verlassen war, als hätte es dort nie was anderes gegeben. Kein Büro, keinen alten Supermarkt, keine Lagerhalle, kein gar nichts.
    Als ich Ed fragte, behauptete er, nichts zu wissen. Der Name Mrs. Mulverhill sagte ihm gar nichts. Auch Connie S hatte er nur flüchtig gekannt, als sie darum bat, mir vorgestellt zu werden. Er schwor, dass er noch nie von etwas namens Konzern gehört und dass er garantiert nicht jeden Monat mysteriöse achteinhalb Riesen einstrich. Ich hätte noch weiter gedrängt, aber ich merkte, dass er allmählich sauer wurde, und inzwischen konnte ich ganz gut erkennen, wann mir Mr. N die Wahrheit sagte. Ich selbst hatte ihm nicht mehr verraten als unbedingt nötig, doch schon das wenige machte ihn offenbar neugierig, und er fing seinerseits
an, mir Fragen zu stellen. Ich blockte ab und erklärte, dass es besser für ihn war, wenn er nicht mehr erfuhr.
    Connie schien völlig von der Bildfläche verschwunden zu sein. Kein Anschluss unter ihren Nummern, die Geschäftsadresse ein kurzfristig angemietetes Büro in Paris, vollkommen unbekannt bei allen, die

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