Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
seine Überraschung. Andererseits findet sie die Art und Weise, wie sein Gesichtsausdruck
unverzüglich und akkurat seinen inneren Zustand abbildet, ausgesprochen störend. Auch beunruhigend unprofessionell, wenn er bei allen Leuten so reagiert. Hat es ihn jetzt doch vollkommen aus der Bahn geworfen? Wie unangenehm, wenn ihre lange Kampagne zur Destabilisierung des Kerls gerade zu dem Zeitpunkt zum Erfolg geführt haben sollte, wo sie auf seine ganze unerbittliche Durchschlagskraft angewiesen ist.
    »Tatsächlich?« Er wirkt verblüfft.
    Madame d’Ortolan hätte sich nicht gewundert, wenn über seinem Kopf eine Gedankenblase mit einem großen Fragezeichen erschienen wäre. »Tatsächlich. Die schriftlichen Befehle enthalten einige Namen und Anweisungen, über die Sie sich vielleicht wundern werden. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass es sich nicht um einen Fehler handelt und dass diese Instruktionen einer besonders genauen Prüfung auf höchster Ebene unterzogen wurden, und zwar gleich von mehreren ausreichend befugten Personen. Was die letzte Aktion angeht, die Ihnen in jedem der Fälle aufgetragen wurde, so können Sie die schriftlich festgesetzte Vorgehensweise außer Acht lassen. Die Zielpersonen sind nicht gewaltsam zu überführen, sondern allesamt zu eliminieren. Zu töten. Unverzüglich. Haben Sie verstanden?«
    Q’ands reißt die Augen auf. »Ich soll schriftliche Befehle ignorieren?«
    »Nur, was dieses Detail betrifft.«
    »Detail?« Der Kerl wirkt entsetzt, doch anscheinend mehr über ihre Wortwahl als über die unerbittliche Härte des Auftrags.
    Madame d’Ortolan erklärt es ihm mit aller Geduld. »Schriftlich werden Sie instruiert, die genannten Personen
zu finden, sie zu überwältigen und wegzuschaffen. Die mündliche Anweisung, die ich Ihnen jetzt mitteile, sieht vor, dass Sie genauso vorgehen, doch mit der Änderung, dass Sie sie nicht entführen, sondern töten.«
    »Das ist also ein Befehl?«
    »Ja, es ist ein Befehl.«
    »Aber …«
    »Die schriftlichen Befehle werden von meinem Büro herausgegeben.« Madame d’Ortolans Stimme wird beißend. »Dieser mündliche Befehl stammt ebenfalls von mir, auch er wurde gründlich geprüft und gebilligt und ist jüngeren Datums als die schriftliche Order. Was an dieser Ereignisabfolge ist so schwer zu begreifen?«
    Während der Kellner die Getränke serviert, herrscht betroffenes Schweigen. Erst als er sich abgewandt hat, antwortet Q’ands: »Nun, ich gehe davon aus, dass die mündlichen Befehle schriftlich bestätigt …«
    »Selbstverständlich nicht! Seien Sie kein Narr! Es gibt gute Gründe, warum die Angelegenheit auf diese Weise gehandhabt wird.« Madame d’Ortolan beugt sich vor und fährt mit gesenkter und etwas sanfterer Stimme fort: »Der Rat, ja sogar der Konzern ist in Gefahr, verstehen Sie denn nicht? Wir haben keine andere Wahl. Diese Befehle müssen ausgeführt werden. Sie mögen drastisch erscheinen, aber auch die Bedrohung ist drastischer Art.«
    Er wirkt nicht überzeugt.
    Sie lehnt sich wieder zurück. »Befolgen Sie einfach Ihre Anordnungen, Q’ands. Und zwar alle.« Sie beobachtet, wie Christophe ihre Flasche Wasser öffnet, ihr Glas mit einem frischen Taschentuch abwischt und einschenkt. Sie trinkt ein wenig. Mit unzufriedener Miene greift Q’ands nach seinem Espresso und stürzt ihn in äußerst unschicklicher
Hast mit zwei Schlucken hinunter. Ungebeten, unwillkommen und unerfreulich erscheint vor ihrem Inneren die Vorstellung, dass er beim Liebesakt inzwischen ähnlich abrupt und kurz angebunden sein könnte. Dabei war er einst durchaus ausdauernd und geschickt. Sie schiebt die Erinnerung als etwas von sich, das sie lieber vergessen sollte, und nickt zum Ausgang der Nische. » Jetzt können Sie gehen.«
    Er steht auf und wendet sich mit einer flüchtigen Verneigung ab.
    »Einen Augenblick noch.«
    Seufzend blickt er zurück. »Ja?«
    »Wie war Ihr Name gleich wieder?«
    »Q’ands, Madame.«
    »Nun, Q’ands, haben Sie verstanden?«
    Sein Kiefer mahlt, als hätte er Mühe, die Beherrschung zu bewahren. Seine Stimme klingt abgehackt. »Natürlich habe ich verstanden.«
    Sie schenkt ihm ein eisiges Lächeln. »Wie Sie wohl bereits erraten haben, ist diese Angelegenheit von besonderer Bedeutung für uns, Q’ands. Es steht viel auf dem Spiel. Sehr viel. Der Lohn für Erfolg wird ebenso verschwenderisch sein wie die Strafe für Versagen …«
    »Ach, Madame.« Er hält eine Hand hoch, und seine Stimmlage liegt irgendwo zwischen

Weitere Kostenlose Bücher