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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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flüsterte ich.
    Sie schrak hoch. »Was?«
    Ihre Hand über der Flamme hielt inne. Dann riss sie sie weg. »Au!«

MADAME D’ORTOLAN
    Im Hauptsalon des Café Atlantique - riesig und hallend, mit einer Decke, die hinter einer Schicht aus altem, von gigantischen, wackeligen Ventilatoren umgerührtem Rauch verschwindet - spielt eine Jupla-Band vor einem überwiegend gleichgültigen Publikum, das sich zwischen den zum Essen,Trinken oder Spielen gedeckten Tischen drängt. Runde Buntglasfenster hoch in den Giebelwänden bemühen
sich zusammen mit gelben Lampen in der Form und Größe von Tiefseetauchkugeln, die chaotische Szenerie zu beleuchten, in der kleine, schwitzende Männer mit Reklametafeln durch die Gänge hetzen.
    Die hübsche eurasische Sängerin trägt ein Vibratohalsband, und die Snare Drum ist verdoppelt, die eine konventionell aufgestellt, die andere verkehrt herum etwa einen halben Meter darüber. Als Madame d’Ortolan eintritt - der Chauffeur Christophe macht ihr den Weg frei, so gut es geht -, stimmt die Sängerin in der Mitte der niedrigen Bühne gerade einen besonders hohen und durchdringenden Ton an und schaltet das Halsband mit der Fernbedienung in ihrer Tasche auf Höchstgeschwindigkeit. Die Batterien in der Fernbedienung treiben einen winzigen mit ungleichen Gewichten versehenen Motor in dem Gerät an, der das Halsband direkt über dem Kehlkopf zum Surren bringt, so dass die Sängerin ein Stakkatogeheul von sich gibt, das ohne diesen mechanischen Kunstgriff nicht möglich wäre. Der Schlagzeuger lässt die Stöcke zwischen unterer und oberer Snare wirbeln, um die passende rasende Begleitung zu erzeugen.
    »Ihr Tisch, Madame.« Schnell wischt Christophe über einen Stuhl, dessen Lehne an der Wand einer halbkreisförmigen Nische fast direkt gegenüber der Band steht. Er hat vom Wagen aus angerufen, um diesen kleinen, gut postierten Tisch zu reservieren, und die Leute, die vorher dort gesessen haben, streiten sich noch immer mit Vertretern der Geschäftsführung, während ihre halb geleerten Drinks von Kellnern in weißen Jacken abgeräumt werden.
    Skeptisch beäugt Madame d’Ortolan den Platz, dann streicht sie seufzend ihren Rock glatt und lässt sich in aufrechter, prüder Haltung nieder, während Christophe ihr
den Stuhl unters Gesäß schiebt. Sie sieht, wie sich jemand, der wahrscheinlich dieser Oh ist, einen Weg durch die Menge in ihre Richtung bahnt. Er ist angezogen wie ein Bauer und hat entweder den Hautton eines Bauern oder diesen Weder-noch-Teint, den Madame d’Ortolan besonders irritierend findet. Schließlich steht er vor ihr und wirft dem großgewachsenen Christophe einen Seitenblick zu.
    Die Hände reibend lächelt er ihr zu und vollführt eine geschmeidige Verbeugung. »Madame.«
    »Ja?«
    »Aiman Q’ands, zu Diensten.«
    »Setzen Sie sich.« Den Namen, den er gerade genannt hat, hat sie schon wieder vergessen. Für sie ist und bleibt er Oh. Hinter dem Eingang der Nische werden Stimmen laut. Die vorherigen Tischinhaber haben bemerkt, dass ihre Getränke abgeräumt wurden. Ein Kellner breitet eine makellose Decke über den Tisch und wendet sich ihr zu, um ihre Bestellung entgegenzunehmen, während sich der schmierige kleine Kerl niederlässt. Hinter ihr ragt grau Christophe auf, dessen argwöhnischer Blick abwechselnd zu dem Neuankömmling und den streitenden Gästen gleitet. Diese stehen nun bereits kurz davor, von der Geschäftsführung und zwei herbeigeeilten Türstehern verscheucht zu werden, die noch hünenhafter sind als Christophe.
    Aus seiner sitzenden Position verneigt sich Aiman Q’ands erneut. »Es ist mir immer ein Vergnügen, Sie zu sehen …«
    »Ihre Artigkeiten sind unnötig«, bemerkt Madame d’Ortolan kühl, »und Sie sollten auch von mir keine erwarten.« Als sie sein lächelndes, glänzendes, aufreizend anonymes kaffeefarbenes Gesicht mustert, erinnert sie sich, dass er immer gut auf solche Zurechtweisungen angesprochen hat. Mit einem Blick auf ihre Schulter wendet sie sich kurz
zu Christophe um; er nimmt ihr die cremefarbene Jacke ab und hängt sie sorgfältig über die Stuhllehne. Sie glaubt, dass er die Finger ein wenig länger als unbedingt nötig auf dem dünnen Stoff ihrer Seidenbluse ruhen lässt und dass er heimlich an ihrem Haar schnuppert, als er sich über sie beugt. Diese Gedanken sind zwar angenehm, aber auch ablenkend. »Stilles Wasser«, teilt sie dem Kellner mit. »Noch verschlossen. Kein Eis.«
    »Doppelter Espresso.« Aiman Q’ands fächelt

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