Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Haare waren noch erkennen und Tyark vermutete intuitiv, dass dies einmal eine Frau gewesen sein musste.
Muras betrachtete das vor ihm liegende Skelett schweigend. Schließlich murmelte er leise: »Ich glaube, dass es sich hier um eine Magierin handelt. In ihrer Gewandung sind noch Reste, alter arkaner Runen zu sehen.«
Hinter ihnen brummte Arthan angespannt: »Du meinst, man hat sie hier eingemauert? Warum sollte jemand so etwas tun? Um sie zu strafen?«
Muras stand auf und blickte sich unbehaglich um. Schließlich sagte er: »Nein, irgendwie glaube ich nicht, dass sie hier eingesperrt wurde.«
Er zeigte auf die kaum zu erkennenden Reste weiterer Symbole und Runen, die auf die Steine des Fußbodens gemalt worden waren. »Ich spüre hier immer noch die Reste von Magie... Wahrscheinlich von ihr gewirkt.«
Er wandte sich dem Skelett zu und schluckte. »Ich glaube, sie hat sich hier einmauern lassen. Freiwillig. Wahrscheinlich war das die einzige Möglichkeit, die Mauer hinter uns überhaupt zu errichten. Einer von ihnen musste sich damals opfern, damit die anderen Zeit hatten, die Mauer zu bauen und die Schutzzauber zu wirken. Schließlich verließen sie ihre Kräfte und das Böse hat sie förmlich zermalmt. Aber sie war erfolgreich...«
Die letzten Worte hatte Muras so leise gesprochen, dass Tyark sie kaum verstehen konnte. Ohnehin hatte etwas anderes seine Aufmerksamkeit geweckt. Denn er spürte, wie sich hinter ihnen etwas bildete. Wie ein Wirbel aus Bösartigkeit schien etwas aufzusteigen. Er schloss kurz die Augen und sagte eindringlich: »Wir müssen weiter. Die Mysen warten auf uns.«
Die Söldner flüsterten angespannt, als sie am Rande dieser letzten, großen Halle standen. Alles war bedeckt mit der schwarzen Flüssigkeit, die groteskerweise gleichzeitig vollkommen trocken wirkte. Es schien, als stünden sie an einem schwarzen See, das Licht ihrer Kristalle funkelte schwach in den leisen Kräuselungen der Oberfläche.
Tyark verzog grimmig den Mund. Er spürte, dass sie hier waren. Die Mysen versteckten sich in diesem Wasser. Warteten.
Energisch und bevor Arthan ihn aufhalten konnte, sprang er in das schwarze Wasser, das tatsächlich kaum bis zu seinen Knöcheln reichte. Er sah, wie einzelne Zungen der Flüssigkeit an seinen Waden hochzüngelten und begannen, ein feines Netz zu knüpfen dass ihn an Adern erinnerte. Er schüttelte sie ab und ging einige Schritte nach vorne. Hinter ihm hörte er dumpfes Platschen, als die anderen es ihm gleichtaten.
Kurz bevor Tyark die Mitte der Halle erreicht hatte, hörte er hinter sich Muras und Arthan warnend rufen. Er drehte sich um und sah, wie hinter ihm die Flüssigkeit große Beulen ausgebildet hatte. Diese wuchsen rasch in die Höhe, es waren nun insgesamt zehn Beulen. Eine für jeden von uns! schoss es Tyark durch den Kopf.
Dann brüllte ihm Muras etwas zu und Tyark sich wieder um. Angewidert strauchelte er zurück, als er das alptraumhafte Ding sah, das sich wenige Meter vor ihm aus dem Wasser geschält hatte. Der unförmige, dunkle Leib schien vollkommen aus der schwarzen Flüssigkeit zu bestehen. Schemenhaft tauchten Andeutungen von Gesichtern auf der Oberfläche der Flüssigkeit auf und versanken wieder in der Tiefe.
Dann bildeten sich plötzlich überall auf der Oberfläche Augen. Zunächst nur angedeutet und klein, im nächsten Moment deutlicher und größer, bis schließlich mehrere hundert geschlossene Augenpaare auf der Oberfläche trieben und wieder in die Tiefe sanken. Hinter sich hörte er einige der Männer schreien.
Tyark wich einige Schritte zurück und warf einen hastigen Blick hinter sich. Die anderen Beulen hatten sich ebenfalls zu lebensgroßen Gestalten entwickelt, die vollkommen aus der schwarzen Flüssigkeit zu bestehen schienen. Tyark sah, wie sich Rüstungen und Waffen auf den unheimlichen Gestalten ausbildeten. Dann glitten sie auf die Männer vor sich zu.
Tyark sah einen der Söldner, der entsetzt die Gestalten anstarrte, die direkt vor ihm stand. Tyark hörte sein Wimmern: »Nein...nein! Das...das bin ich nicht, nein! Niemals !«
Ein anderer begann zu schluchzen und ging in die Knie. Auch Arthans Gesicht war starr, als der Hüne das Ding vor sich anstarrte, das auffällig klein und schmächtig aussah. Tyark begriff intuitiv, dass die anderen nicht das sahen, was er sehen konnte.
Tyark suchte Muras. Sein Freund stand ebenfalls vor einer der schwarzen Gestalten, die ihm in Figur und Kleidung vollkommen glich – bis auf die
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