Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
und schlug mit dem Hinterkopf auf den Boden auf. Um ihn wurde es dunkel.
Als Tyark die Augen öffnete, befürchtete er einen Augenblick, dass er tot war. Erst nach einem Augenblick erkannte er das ihn umgebende vertraute Zwielicht. Hastig stand er auf und blickte sich um. Er befand sich weiterhin in der Hütte. Er erkannte die halb zersplitterte Tür vor ihm und sah die seltsam durchscheinenden Körper der Wölfe, die gegen die Tür anrannten. Die Silhouette Pereos zeichnete sich davor ab, das große Schwert des Kriegers stach immer wieder auf die schattenhaften Gestalten der Wölfe ein.
Dann sah Tyark seinen eigenen Körper am Boden liegen. Hinter sich erblickte er Zaja und Jobdan. Ein Wolf war mit dem Kopf durch die morsche Rückwand gebrochen und hatte sich sogleich in Zajas Fuß verbissen. Zajas Gesicht war verzerrt, ihre Hände hielten ihrem Kampfstab, der scheinbar gerade nach vorne in Richtung des Wolfkopfes geschleudert wurde. Eine unheimliche Stille lag über dieser bizarren, Szenerie eines lautlosen Kampfes.
Eine Ahnung ließ Tyark sich umdrehen und er glitt durch die verschlossene Tür, durch die zuckenden Leiber der Tiere hindurch. Die Lichtung glomm in diffusem Zwielicht, die Bäume des angrenzenden Waldes waren nur als dunkle Schatten erkennbar, seltsam verdreht. Er trat einige Schritte aus der Tür und blickte sich um. Neben der Hütte waren die verschwommenen Felsen der Riesengrate zu sehen, sie schienen in diesem unbestimmbaren Licht leise zu flimmern.
Als er sich zur Mitte der Lichtung wandte, sah er die weiße Gestalt des großen Wolfes. Im Gegensatz zu den anderen hatte dieser recht klare Konturen – als sei er wirklich hier .
Tyark konnte deutlich sehen, wie der Wolf atmete und den Kopf hängen ließ. Ein leises Winseln schien aus der Richtung des Tieres zu kommen. Vorsichtig näherte er sich – und erkannte bald, dass es das gleiche Tier war, welches er während seiner letzten Vision im Dorf gesehen hatte. Es war die große Wölfin.
Das Tier machte keine Anstalten davonzulaufen oder anzugreifen. Es stand einfach nur mit gesenktem Kopf da und schien traurig in Richtung des Gebirges zu blicken.
Tyark stand nun direkt neben der Wölfin. Sie war ein prachtvolles Tier und reichte ihm bis an die Hüfte. Ihr Fell schien in einem ganz eigenen weißen Licht zu strahlen, leise bebte ihr mächtiger Brustkorb bei jedem Atemzug.
Intuitiv kniete Tyark vor der Wölfin nieder und betrachtete ihre dunklen Augen, welche aber direkt durch ihn durchzublicken schienen. Tyark hätte nicht sagen können, ob sie ihn überhaupt wahrnahm – auch wenn ihm seine Intuition dies sagte. Seine Hände umfassten wie von allein ihr kühles Fell, er spürte die rauen Haare und die weiche Haut darunter. Das Winseln der Wölfin war nun überall in seinem Kopf – und er spürte plötzlich ihre einfachen Triebe, ihre Instinkte. Jagd, Hunger, die Witterung fremder Wölfe, die Wärme der Sonne. Harte Winter in einer Höhle, Frost in den Pfoten, so etwas wie reflexhafte Sorge für das Rudel...Tyark schloss die Augen, seine Hände fuhren in das dichte Fell am Hals des Tieres, suchend. Schon bald spürte er das Lederbändchen, welches sich merkwürdig warm anfühlte. Das Winseln in seinem Kopf wurde stärker.
Weitere Bilder tierischer Wahrnehmung zuckten durch seinen Verstand, mehr Geruch und Instinkt als Bilder und bewusstes Denken. Er sah die Welt aus den Augen der Wölfin. Er sah, wie ein dunkler Eingang auftauchte. Unnatürlich, von Menschen gemacht. Etwas zog an ihm, obwohl alle tierischen Instinkte, alle Intuition warnten. Dennoch musste er einfach in diesen dunklen Schlund eindringen... Alter und Tod lagen in der abgestandenen Luft, intensive Angst war überall...
Tyark öffnete die Augen. Die Wölfin blickte ihn mit hängender Zunge an, ihre Augen ruhten in den seinen. In seiner Hand hielt Tyark den warmen, dunklen Kiesel, das Lederband baumelte nutzlos um sein Handgelenk. Benommen starrte er auf den Stein - er hatte gar nicht bemerkt, dass er ihn dem Tier abgenommen hatte.
Plötzlich veränderte er sich, schien zu zerfließen. Tyarks Hand wurde wärmer. Der Stein veränderte seine Form, wurde immer länglicher, das Lederbändchen fiel zu Boden – das Gebilde in seiner Hand begann zu zucken. Tyark schrie auf – der Stein war nun kein Stein mehr, sondern in seiner Hand lag eine kleine, dunkle Schlange, die ihn aus dunklen Augenhöhlen bösartig anstarrte. Die doppelte Zunge züngelte über Tyarks Hand, glänzend
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