WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
nach einiger Zeit den Mechanismus zu überwinden.
Die Tür öffnete sich und gab den Blick auf das dahinterliegende Zimmer frei. Wie bereits das Labor zuvor nahm auch dieser Raum die ganze Fläche des Turmes ein. Der Boden und die Decke bestanden aus einer schweren Holzkonstruktion. Kleine Fenster erlaubten dem Tages-licht einzudringen. Im Wesentlichen war der Raum schlicht und leer bis auf ein paar Truhen, die ohne ein erkennbares Ordnungsprinzip quer im Zimmer verteilt waren, und einem Tisch, auf dem jede Menge Mün-zen verstreut lagen. Das Ganze ähnelte einem Lagerraum oder sogar eher einer Schatzkammer.
Es war jedoch ganz und gar nicht das, was die Söldnerin vermutet hatte hier vorzufinden. Von einem Magier hätte sie mehr erwartet. Vorsichtig machte sie einen Schritt über die Türschwelle. Doch statt dass ihr Fuß leise auf dem Boden aufsetzte, fand er keinen Widerstand. Sesania ve rlor das Gleichgewicht und fiel mit rudernden Armen geradewegs nach unten. Vor ihren Augen flimmerte der Raum und gaukelte ihr seltsame Bilder vor. Geistesgegenwärtig drehte sie sich im Fallen und ihre Hände suchten nach einem Halt an der Türschwelle, durch die sie gekommen war. Endlich fand sie eine Kante. Was ihre Augen sahen, hatte nichts mit dem gemein, was ihr Körper spürte. Sie hing über einem Abgrund, von dem sie nicht wusste, wo er herkam oder wie tief er war. Alles war so plötzlich geschehen. Langsam schloss sie die Augen und zwang sich zur Ruhe, während ihr einziger Halt ihre sich an einer Kante festkrallenden Finger war.
Endlich wagte Sesania einen erneuten Blick. Der Lagerraum war ver -schwunden. Stattdessen sah sie einen engen, tiefen Schacht, der nach etwa fünfzehn Metern in einer Ansammlung aus eisernen Spitzen endete. Zum Glück war Sesania gut trainiert und schaffte es ohne Probleme sich über die Kante zurück auf den rettenden Boden zu ziehen. Der Schreck saß noch tief und die Frau musste einige Augenblicke verschnaufen. Sie schaute immer wieder zu dem Raum hinüber, der nun wieder erschienen war. „Eine verdammte Illusion!“
Sesania war wütend und machte fluchend ihrem Ärger Luft. „Das ist eine verdammte Illusion, dieser Mistkerl!“
Die Warnung konnte deutlicher nicht sein. Sie hatte es mit einem Mei ster der Illusionsmagie zu tun. Der Rückschlag war für Sesania der größte Ansporn weiterzumachen. Jetzt wollte sie erst recht beweisen, dass sie den Herrn des Zauberturms bezwingen konnte. Plötzlich hörte sie Schritte auf den Stufen unter ihr. Sie kamen näher. Fieberhaft überlegte die Söldnerin, was sie tun konnte. Das einzige Versteck war der Schacht vor ihr. Langsam schob sie den Kopf durch die Tür. Die Illusion verschwand und Sesania erblickte erneut die heimtückische Falle. Um nach oben sehen zu können, musste sie sich regelrecht den Kopf verrenken. Sie schätzte, dass die Decke etwa zwei Meter entfernt war. Die Schritte wurden lauter. Mit einer Hand vergewisserte sich Sesania, dass die Steine tatsächlich da waren. Das Mauerwerk war so grob zusammengesetzt, dass ein geschickter Kletterer genug Halt fand, um sich an den leichten Vorsprüngen und Mauerfugen in die Höhe zu ziehen.
Gerade noch rechtzeitig verschwand Sesania in dem Durchgang und kletterte den Schacht nach oben. Kurz darauf erschien ein schwarzhaa -riger Kopf in der Türöffnung und spähte den Schacht herab. Er blickte sich ein wenig um, schaute jedoch nicht zu ihr hoch. Mit einem un-verständlichen Brummeln auf den Lippen verschwand der Kopf und zögerlich entfernten sich seine Schritte.
Schnell fasste Sesania den Entschluss dem Unbekannten zu folgen. Hier war offensichtlich eine Sackgasse. Ihren Schwung geschickt aus -nutzend landete die Diebin auf dem Türabsatz. Der Mann war bereits außer Sicht, aber seine Schritte konnte man noch deutlich hören. Schnell aber leise hechtete Sesania dem Fremden hinterher. Er war schnell eingeholt und die Verfolgerin achtete darauf, dass sie stets eine halbe Biegung Abstand zu ihm hielt.
Kurz darauf blieb der Mann auf einem Treppenabsatz stehen. Er drehte sich kurz in Richtung der Wand, dann schaute er die Treppe hinauf und wieder herab. Sesania duckte sich hinter die Biegung. Als sie wieder nachzusehen wagte, war der Mann verschwunden. Sesania beeilte sich, zu dem Absatz zu gelangen. Der Fremde musste entweder durch die Steine geschlüpft sein oder es gab hier einen geheimen Durchgang. Dessen war sich die Diebin sicher. Da sie wusste, wonach sie suchen musste, dauerte es
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