Weltkrieg der Waehrungen
ihr eigenes Geldsystem betrachteten. Im Jahr 1868 war das gelbe Metall lediglich in GroÃbritannien und einigen vom Empire wirtschaftlich abhängigen Territorien â Portugal, Ãgypten, Kanada, Chile und Australien â die alleinige Grundlage des Geldwesens. 10 Eine Generation später dagegen sah sich nahezu die gesamte Welt als eine groÃe monetäre Ordnung, deren Basis das gelbe Metall war. Nur noch China, Persien und eine Handvoll mittelamerikanischer Länder klammerten sich an den kleinen Bruder des Goldes, das Silber. Wenn zwischen dem Jahr 1868 und dem Ersten Weltkrieg praktisch alle groÃen Staaten vom Silberstandard oder Bimetallstandard zum Goldstandard wechselten, lag das aber nicht allein am leuchtenden Vorbild der Bank of England. Es gab noch einen anderen, damit verwandten Grund: die Expansion des Welthandels unter britischer Vorherrschaft.
Die Zeit vor 1914 sah ein bis dahin beispielloses Wachstum des internationalen Warenverkehrs. Damit der internationale Austausch von Gütern und Dienstleistungen effizient funktionierte, war eine internationale Währung gefordert. Es lag nahe, auf jenes Zahlungsmittel zurückzugreifen, über das ohnehin schon ein GroÃteil des überseeischen Handels abgewickelt wurde: das goldgedeckte Pfund Sterling. Durch die Ãbernahme des britischen Modells setzte sich der Goldstandard in Europa und schlieÃlich auch in Amerika durch. Eine Einheit der Landeswährung wurde durch eine bestimmte Menge Gold definiert. Da dieses Verhältnis festgelegt war, ergaben sich daraus über die Landesgrenzen hinweg fixierte Wechselkurse.
Greenback schlägt Greyback
Die Vereinigten Staaten gingen 1879 zum Gold-Dollar über. Bis dahin hatte es den Dollar, wie wir ihn heute kennen, nicht gegeben. Zuvor waren Gold- und Silbermünzen, aber auch die unterschiedlichsten Banknoten im Umlauf gewesen, deren Wert mit Edelmetall unterlegt war. Aus heutiger Sicht hatte ein buntscheckiges Durcheinander geherrscht, das nur deshalb funktionieren konnte, weil Gold und Silber (gleich in welcher Ausprägung) seit Jahrhunderten bewährte Zahlungsmittel waren, deren Wert sich im Zweifelsfall per Waage ermitteln lieÃ. Die verschiedenen Formen von Papiergeld bezogen ihren Tauschwert aus dem Edelmetall, das sie verbrieften. Wie so oft in der Geschichte des Geldes brachte ein militärischer Zusammenstoà dieses relativ ruhige Nebeneinander aus dem Takt.
Mit dem Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkriegs 1861 bestand für beide Konfliktparteien, Nord- wie Südstaaten, die Notwendigkeit, immense Ausgaben für Truppen und Material zu stemmen. Wie in vielen anderen Kriegen verlegten sich die Generäle aufs Papierdrucken: Die Notenpressen des Nordens spuckten Scheine aus, die wegen ihrer moosgrünen Rückseite bald »Greenbacks« genannt wurden. Das Geld, das die Druckmaschinen des Südens auswarfen, wies dagegen graue Rückseiten auf: Der »Greyback« der Konföderierten war geboren. Bei beiden Währungen war die Edelmetall-Deckung de facto aufgehoben. Durch einen Krieg kehrte Amerika so zu einem Papiergeldstandard zurück â oder besser: zu zwei konkurrierenden Papiergeldstandards.
Ein unbeteiligter Beobachter hätte allein anhand der Kursentwicklung von Green- und Greyback darauf schlieÃen können, welcher Partei das Kriegsglück hold war. Die grünbedruckten Scheine des Nordens verloren gegenüber dem weiter umlaufenden Edelmetallgeld deutlich an Wert, doch dem grauen Südstaaten-Dollar erging es schlimmer: Er erlebte einen Sturz ins Bodenlose. Für ein Stück Seife zum Beispiel mussten schon bald 50 Konföderations-Dollar hingeblättert werden. Mit der Kapitulation der Südstaaten 1865 wurde der Greyback vollkommen wertlos. Dem vielen Papiergeld stand keine ökonomische Substanz gegenüber, die seinen Wert unterfüttert hätte. Für die Konföderation war der Bürgerkrieg auch an der Notenpresse verloren gegangen.
Nach dem Ende des Sezessionskriegs 1865 machten sich die Washingtoner Politiker daran, das amerikanische Geldwesen neu zu ordnen. An eine Rückkehr zum Edelmetallstandard war in der schwierigen Zeit des Wiederaufbaus lange nicht zu denken. Das Vertrauen in den Greenback sollte wiederhergestellt werden. Doch das dauerte seine Zeit. Noch lange nach dem Ende des Krieges notierte Papiergeld mit einem deutlichen Abschlag zu seinem edelmetallenen Nennwert. Unterdessen gewannen
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