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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Markt aufzukaufen, um den Preis zu stützen, was nebenbei inflationär wirkte. Die Praxis wurde bis ins 20. Jahrhundert fortgesetzt. Milton Friedman, der große Theoretiker des Geldes, sollte 100 Jahre später die These aufstellen, dass Amerikas staatliche Subventionierung des weißen Metalls weitreichende und unvermutete weltpolitische Folgen nach sich zog. Der verzerrte Silberpreis habe in den Dreißiger- und Vierzigerjahren zu einer Teuerungswelle in China geführt und das Regime von Chiang Kai-shek destabilisiert, das einen wichtigen Verbündeten Washingtons in Asien darstellte. Folgt man Friedmans Argumentation, hätte sich Amerika in der Tat den ultimativen Bärendienst erwiesen, den Forderungen der Silberlobby nachzugeben. Denn mit dem Sturz von Chiang gelangten die chinesischen Kommunisten unter Mao Zedong an die Macht. Mao gründete 1949 die Volksrepublik China, die zwei Dekaden lang (noch vor der Sowjetunion) der erbittertste ideologische Feind der USA war und Amerika in zwei Kriegen – in Korea und Vietnam – die Stirn bieten und schmerzhafte Verluste zufügen sollte.
    Selbst wenn die Kausalkette vom Wirken der Silber-Lobby im Kongress bis hin zum Sieg von Maos Kommunisten in China etwas weit hergeholt erscheinen mag: Der Streit um den Goldstandard gibt einen Vorgeschmack auf spätere Konflikte um Amerikas Zahlungsmittel. Der Dollar sollte im US-Parlament auch im 20. Jahrhundert ein eminent wichtiges Streitthema bleiben. Doch da sollte er keine rein amerikanische Währung mehr sein, sondern die Leitwährung der Welt, von deren Gesundheit die Prosperität und auch die Sicherheit von Milliarden Menschen abhingen. Innenpolitisch motivierte Entscheidungen und die Frage, ob die Kaufkraft der US-Währung konsolidiert oder aufgeweicht werden sollte, würden sich über den Dollar-Wechselkurs auf die gesamte Weltwirtschaft übertragen. Der »Nixon-Schock« von 1971, das »Plaza-Abkommen« von 1985 und später die amerikanische Hypothekenkrise waren Ausflüsse amerikanischer Innenpolitik – ebenso wie sie Ereignisse waren, die den Lauf der Geldgeschichte änderten.
    Doch ehe es zu diesem diffizilen Wechselspiel zwischen amerikanischer Innenpolitik und Außenwert des Dollar kommen konnte, musste der Dollar erst zur Leitwährung aufsteigen. Trotz der beträchtlichen ökonomischen Fortschritte der Vereinigten Staaten war der rasante Aufstieg des Dollar um das Jahr 1900 noch nicht abzusehen. Zur Jahrhundertwende galt Amerika zwar als die größte Volkswirtschaft auf dem Planeten. Manchen Schätzungen zufolge lag das amerikanische Bruttoinlandsprodukt schon 1890 über dem britischen. Wegen der Binnenorientierung der amerikanischen Wirtschaft war die US-Währung jedoch weiterhin eine lokale Größe. Wie konnte der Dollar in weniger als 50 Jahren von einem regionalen Zahlungsmittel an den Rändern der monetären Welt zur alleinigen Handels- und Reservewährung auf dem Globus avancieren?

2. Die Geburt einer unerwarteten Weltwährung
    Als sich im November 1918 der Pulverdampf über den Schützengräben Europas verzog, standen die Verlierer der großen Völkerschlacht fest: das geschlagene Deutsche Reich und seine Verbündeten, die Achsenmächte. Weniger klar war hingegen, wer sich zu den Siegern zählen durfte. Manche, die sich im November 1918 am Triumphgefühl des gewonnenen Krieges berauschten, sollten sich schon wenige Jahre später um die Früchte ihres Sieges betrogen wähnen, allen voran die Italiener. Ein unzweifelhafter, wenngleich überraschender Gewinner des Ersten Weltkriegs war der US-Dollar. Er hatte gewissermaßen mit den G.I.s (im Jahr 1918 standen zwei Millionen amerikanische Soldaten auf europäischem Boden) den Atlantik überquert und den Kampf um die Vorherrschaft auf dem alten Kontinent mitentschieden. Doch während die amerikanischen Soldaten schon bald nach dem Ende der Schlacht in ihre Heimat zurückkehrten, blieb der Dollar Europa als Machtfaktor erhalten. Der alte Kontinent wurde zur monetären Dependance der ehemaligen Kolonie in Nordamerika – nicht immer mit stabilisierender Wirkung, nicht immer zum Vorteil der Nationen.
Die Schwäche der anderen
    Seine Stärke bezog der US-Dollar – wie noch so oft im weiteren Verlauf der Geschichte – aus der Schwäche der anderen Währungen: Nach dem Waffenstillstand vom November 1918 war die Weltwirtschaft

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