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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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jene Kräfte die Oberhand, die das Doppelgeldsystem ablehnten und Amerika nach britischem Vorbild auf Gold als alleiniges Währungsmetall festlegen wollten.
Das »Verbrechen von 1873«
    Im Jahr 1873 verabschiedete der US-Kongress ein Gesetz, das ganz auf der Linie der amerikanischen »Gold Bugs«, der Goldanhänger, lag. Der »Coinage Act« trat 1879 in Kraft und schrieb den Gegenwert einer Unze Gold auf 20,67 Papier-Dollar fest. 11 Vom Inkrafttreten des Münzgesetzes an war das Schicksal des amerikanischen Dollar fast ein Jahrhundert lang an das des gelben Metalls geknüpft. Auch wenn diese Parität später einige Male verändert werden sollte (zunächst auf 35 Dollar je Unze, dann auf 42,22 Dollar je Unze), galt fortan, dass der Dollar »so gut wie Gold« war. Die Ehe von Gold und Dollar sollte bei allen Höhen und Tiefen bis zum 15. August 1971 währen, als ein in die Ecke gedrängter Richard Nixon die Verbindung kraft seiner präsidialen Autorität löste.
    Der Übergang der USA zum Goldstandard entsprach einer allgemeinen Tendenz der Epoche, er war gewissermaßen Ausdruck des monetären Zeitgeists. Auch die europäischen Großmächte Deutschland und Frankreich wechselten in den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts zu diesem System. Nirgendwo verlief die Umstellung ohne Friktionen. Auf amerikanischem Boden sollte dem Goldstandard jedoch besonders erbitterter Widerstand entgegengebracht werden. In den nächsten beiden Dekaden stand das gelbe Metall in Amerika nicht gerade für Reichtum und Wohlergehen. Aus Sicht weiter Bevölkerungsteile wurde es vielmehr zum Inbegriff für Elend und Verarmung. Für einen Großteil der Bevölkerung repräsentierte Gold ein Metall, das die reiche Ostküste, die Handels- und Finanz-Aristokratie begünstigte, das amerikanische Hinterland aber in die Misere stieß. Die Frage des Goldstandards geriet zum heiß umkämpften Politikum. Es kam zu einem heftigen inneramerikanischen Währungsstreit.
    Zwischen 1875 und 1896 machten die USA eine starke Deflation durch. Die Preise für Waren des täglichen Bedarfs sanken, vor allem landwirtschaftliche Güter verbilligten sich. Die größten Leidtragenden waren daher die Farmer: Sie erzielten auf den städtischen Märkten nicht nur weniger, sie litten auch unter der Last hoher Schulden: Häufig musste das Saatgut zu hohen Zinsen auf Kredit erworben werden. Bei sinkenden Einnahmen und hohen Zinsen lasteten die Verbindlichkeiten doppelt auf ihnen.
    Phasen der wirtschaftlichen Flaute hatte es schon vorher gegeben, aber diese Krise schien kein Ende mehr zu nehmen. Im Schnitt gingen die Preise während der Deflation jährlich um 1,7 Prozent zurück, und das über einen Zeitraum von mehr als zwei Dekaden. Agrarprodukte verbilligten sich sogar um drei Prozent pro Jahr. Man kann sich leicht vorstellen, wie schwer gerade landwirtschaftlichen Betrieben unter diesen Bedingungen das Überleben fiel. Schuld an der Misere hatte nach Ansicht der Farmer der neu eingeführte Goldstandard. Schwere und Dauer dieser »Großen Deflation« rührten ihrer Meinung nach von dem Mangel an billigem Geld her. Darin lag mehr als ein Körnchen Wahrheit: In dieser Zeit der rasanten industriellen Entwicklung und des starken Bevölkerungswachstums hinkte die weltweite Goldförderung hinterher. Geld war während dieser Phase in der Tat relativ knapp.
    In den Vierziger- und Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts waren in Kalifornien und Australien noch große Funde gemacht worden. Der berühmte »Goldrausch« von 1849 hatte Tausende Abenteurer und Glücksritter an die Westküste gelockt. Doch seit den Glücksfunden der »Forty-Niners« ließ die Erschließung neuer großer Vorkommen auf sich warten. Das Goldangebot blieb hinter der Nachfrage zurück. Indem das Volumen des zur Verfügung stehenden Geldes von der Menge des Edelmetalls in den Tresoren der Banken abhängig war, herrschte eine allgemeine Geldknappheit in der Wirtschaft, die durch die Expansion des Finanzsektors nur partiell ausgeglichen werden konnte. Erst nach 1890 sollten ein neues Abbauverfahren, das auf Cyanid zurückgriff, und die Entdeckung neuer Lagerstätten in Südafrika die Angebotssituation auf dem Goldmarkt entspannen helfen.
    Auch andere Volkswirtschaften litten unter der Großen Deflation. Deutschland machte nach einem kurzen Boom direkt

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