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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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noch lange nicht zur Ruhe gekommen. Im Gegenteil: Vielfach wurde der Krieg mit anderen, ökonomischen Mitteln fortgesetzt. Der sich endlos hinziehende Streit um die deutschen Reparationsverpflichtungen vergiftete das Klima und impfte dem internationalen System einen Zug permanenter Missgunst und anhaltenden Misstrauens ein. Heftige Devisenmarktturbulenzen verunsicherten und putschten die aggressive Stimmung immer wieder auf.
    Im Zentrum der Spekulation stand viele Jahre lang der Französische Franc, die Währung der zweitgrößten Volkswirtschaft auf dem Kontinent. Ehe sich sein Außenwert in der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre stabilisierte, stieg und fiel er mit dem Auf und Ab der zahlreichen Regierungen der Dritten Republik. Aber auch die wechselnden Aussichten auf die Zahlung deutscher Reparationen lösten heftige Bewegungen im Franc-Kurs aus. Hoch verschuldet wie Frankreich war, befand sich die kontinentale Siegernation ihrerseits in einem fiskalischen De-facto-Abhängigkeitsverhältnis vom Geldstrom aus dem im Krieg niedergerungenen Deutschland. Flossen die Wiedergutmachungen, ging es mit dem Außenwert des Franc bergauf, stockten sie, taumelte er. Die Marktakteure trieben den Kurs der französischen Währung teilweise so sehr in die Tiefe, dass für einen Dollar 30 Franc gezahlt werden mussten. Unmittelbar nach dem Waffenstilltand waren es lediglich 5,40 Franc gewesen. Den französischen Exporteuren kam diese Hetzjagd auf den Franc zugute, da sie auf dem Weltmarkt als Preisbrecher auftrumpfen konnten. Aber insgesamt riefen die Schwankungen große politische und gesellschaftliche Verunsicherung hervor.
    Den Zeitgenossen muteten die Schaukelbewegungen geradezu ungeheuerlich an: Das halbe Jahrhundert vor dem Weltkrieg hatte in den Ländern des internationalen Goldstandards (und damit den meisten Staaten der Welt) nicht nur weitgehende Preisstabilität gesehen, sondern eine geradezu überirdische Festigkeit der Devisenkurse. Ein Dollar kostete 1910 ziemlich genauso viele Franc wie 1890, und Gleiches galt für die Deutsche Mark oder das Britische Pfund. Wechselkurs-Korrekturen kamen vor, aber sie waren selten und fielen meist nicht allzu heftig aus. Auch diese alte Ordnung, die Ordnung des soliden Geldes und vor allem das länderübergreifende Vertrauen darauf, hatte der blutige Völkerkampf in Europa zerstört.
Der größte Gläubiger der Welt
    Vor dem Ersten Weltkrieg hatte der Dollar als Reserve-Währung keine große Rolle gespielt. Die Vereinigten Staaten waren eher eine Nation, die Kapital importierte, als dass sie Kredite nach außen vergab. Die Wall Street hatte sich zu einem wichtigen Finanzzentrum entwickelt, wurde aber von London und Paris in den Schatten gestellt. Die Weltwährung, die nach Überzeugung vieler Historiker letztlich sogar dem internationalen Goldstandard seine Stabilität verlieh, war das Britische Pfund. Das Vereinigte Königreich stellte die Kreditgeber-Nation par excellence dar. Die City hatte einen hervorragenden Ruf als Finanzplatz, die großen Geldhäuser waren bevorzugte Partner für internationale Projekte, weit vor den deutschen Großbanken, deren Erfolge – wie die Finanzierung der Bagdad-Bahn – sich im Vergleich bescheiden ausnahmen.
    Das alles änderte der große militärische Zusammenstoß, der auf die Schüsse von Sarajewo folgte. Seine Finanzstärke machte es Großbritannien zwar leichter als dem Deutschen Reich, die monetären Lasten der Hochrüstung zu schultern. Aber je mehr sich der Stellungskrieg in Frankreich und Belgien in die Länge zog, desto mehr erschöpften sich auch die finanziellen Ressourcen des Empire. Nachdem London britische Auslandsinvestitionen aufgelöst und zur Kriegsfinanzierung in die Heimat zurücktransferiert hatte, boten amerikanische Bankiers Hilfe an. So immens der Geldbedarf der kriegführenden Parteien in Europa war, so immens war das Geschäft, das Amerikas Kreditinstitute witterten. Insgesamt transferierten sie während der vier Kriegsjahre rund zwölf Milliarden Dollar über den Ozean. 13 Nach heutiger Kaufkraft wären das 175 Milliarden Dollar, allerdings waren die damaligen Volkswirtschaften weitaus kleiner, sodass das relative Ausmaß gewaltig war. Teils kamen die Darlehen direkt den Briten zugute, teils fungierte London als Vermittler für andere alliierte Nationen. Nach 1918 setzten die transatlantischen

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