Weltkrieg der Waehrungen
der ganze Kontinent war, hätten von jetzt an nur noch positive Nachrichten von jenseits des Atlantiks kommen dürfen. Was dann aber wirklich von Amerika übersprang, war die gröÃte Implosion des globalen Finanz- und Währungssystems in der Geschichte, die Weltwirtschaftskrise.
Das Ende einer Ãra
Am 24. Oktober 1929, einem Donnerstag, stürzten die Kurse am New Yorker Aktienmarkt ins Bodenlose. Wie jeder Crash kam dieser Einbruch erwartet und unerwartet zugleich. Eine Korrektur der Wall-Street-Manie war beiderseits des Atlantiks regelrecht herbeigesehnt worden. Was damals niemand ahnte: Diesmal war tatsächlich alles anders. Die politisch durchaus begrüÃte Bereinigung der spekulativen Ãbertreibungen entglitt zu einer allgemeinen Systemkrise. An jenen Tagen im Oktober 1929 gingen nicht nur die goldenen Zwanzigerjahre, jenes Jahrzehnt der vibrierenden Hoffnungen und Illusionen, zu Ende, sondern auch eine Ãra der altkapitalistischen Ordnung. In den folgenden drei Jahren wuchs sich der Crash zu einer weltweiten Wirtschaftskrise aus, die auch das weltweite Währungssystem in seinen Grundfesten erschüttern sollte. Nach dem Beben würde sich nur noch eine Währung aus den Ruinen erheben: der amerikanische Dollar.
Ein sich als globale Ordnungsmacht verstehendes Amerika hätte strauchelnde Länder im Angesicht der wirtschaftlichen Misere gezielt gestützt. Genau das tat Washington zwei Jahrzehnte später, nach dem Zweiten Weltkrieg, wirklich. Doch an eine Art Marshallplan war Anfang der DreiÃigerjahre nicht zu denken. Zu dem Zeitpunkt verstanden sich die USA noch nicht als globale Führungsmacht, zumindest waren sie noch nicht bereit, die damit zusammenhängenden Kosten und Verpflichtungen auf sich zu nehmen. Die isolationistischen Tendenzen in der öffentlichen Meinung und im Kongress überwogen. Amerika war nicht einmal Mitglied des Völkerbunds geworden, jener Organisation, die entscheidend auf eine Initiative des amerikanischen Weltkriegs-Präsidenten Woodrow Wilson zurückging.
So gerieten denn die Volkswirtschaften 1929, nach dem Platzen der groÃen Spekulationsblase, der Reihe nach ins Taumeln. Jeder fiel für sich, ohne Aussicht auf eine helfende Hand. Der vielleicht entscheidende Unterschied zu 2008, als eine zweite Weltwirtschaftskrise um Haaresbreite verhindert werden konnte, war der Mangel an Kooperation und Koordination unter den Staaten. Dazu konnten sich die westlichen Länder erst zum Ende des Zweiten Weltkriegs aufraffen, nachdem Amerika infolge der kriegerischen Verwerfungen zur unumstrittenen Supermacht geworden war, um die sich der Rest der westlichen Nationen scharte. Man mag es als Ironie der Geschichte lesen, dass der Kollaps der Weltwirtschaft, der 1929 von Amerika ausging, jene Ereigniskette nach sich zog, die den Aufstieg des Dollar zur weltweiten Ankerwährung ermöglichte.
Eine besondere Beziehung
Trotz des Bedeutungsgewinns des Dollar galt in den Zwanzigerjahren das Britische Pfund noch als internationale Leitwährung. Jenes Vertrauen, das sich der Sterling als Wertaufbewahrungsmittel in mehr als hundert Jahren erworben hatte, war durch den Waffengang von 1914 bis 1918 zwar demoliert, aber nicht gänzlich zerstört worden. Die britischen Staatsfinanzen wurden durch den Weltkrieg auf eine extreme Belastungsprobe gestellt. Nach dem Ende der Kampfhandlungen auf dem Kontinent war das Vereinigte Königreich mit rund dem Doppelten seiner Wirtschaftsleistung verschuldet. 14 Wie die anderen kriegführenden Staaten Europas hatte auch England gleich nach Beginn des militärischen Konflikts die Bindung seiner Währung an das Gold aufgehoben. Seit 1914 war das Britische Pfund eine Papierwährung, die Behörden hatten die Möglichkeit ausgesetzt, Banknoten gegen Edelmetall einzutauschen. In den Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsjahren kam es denn auch zu einer Inflation, die allerdings längst nicht so stark ausfiel wie in Deutschland oder anderen Ländern des Kontinents. Alles in allem zeigte sich das Pfund als relativ robuste Devise, die nach dem Ende der Kampfhandlungen auch nicht die gleichen nervösen Fluktuationen erlebte wie der Französische Franc oder die Deutsche Mark. Das lag nicht zuletzt an der Autorität der Bank of England, jener mehr als 200 Jahre alten Institution, die den Namen »Währungshüterin« zu Recht trug.
Zu Beginn der Zwanzigerjahre stand die britische Regierung
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