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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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Schuldtiteln einer derart defizitären Regierung einhergeht.
    Dass die chinesische Zentralbank zu einem riesigen Depot für amerikanische Schuldscheine geworden ist, kommt nicht von ungefähr. Der Grund liegt in den besonderen Wirtschaftsbeziehungen, die sich in den vergangenen Jahren zwischen der Volksrepublik und den Vereinigten Staaten entwickelt haben. So ungleich diese Nationen sind, bilden Amerika und China eine Symbiose. »Chimerika« nennt sie der Historiker Niall Ferguson. Dieses Chimerika ist dadurch gekennzeichnet, dass die eine Seite (die Westchimerikaner oder Amerikaner) im Übermaß konsumiert, während die andere Seite (die Ostchimerikaner oder Chinesen) im großen Stil produziert. Die Volksrepublik ist zur Werkbank Amerikas geworden – und Amerika zum Marktplatz der chinesischen Erzeuger. Die Verschränkung ist damit nicht zu Ende: Da die US-Bürger lieber kaufen als sparen, befinden sie sich permanent auf der Suche nach Cash, ökonomisch ausgedrückt: Sie sind auf Kapitalimporte angewiesen. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts haben die Amerikaner zusammengerechnet 47 Prozent mehr ausgegeben, als sie verdient haben. Dieses Geld mussten sie sich auf dem internationalen Kapitalmarkt borgen.
    Die Chinesen wiederum waren nicht ganz zufällig bereit und willens, den Freunden auf der anderen Seite des Pazifischen Ozeans mit Barem auszuhelfen. Die interventionistischen Dollarkäufe der Notenbank und die Absatzerfolge der eigenen Unternehmen hatten den Asiaten so viele dämonische Dollars in die Kassen gespült, dass sie nach der Jahrtausendwende vor dem umgekehrten Problem standen: Wohin mit der vielen Liquidität? Aus diesem Anlagenotstand heraus gingen die Chinesen dazu über, amerikanische Schuldtitel zu kaufen und dadurch die Fortsetzung der Konsumparty zu finanzieren. Und je mehr der Devisenschatz der Volksrepublik anwuchs, desto mehr Staatsanleihen orderte China, und desto mehr konnte Amerika auf Pump einkaufen.
    Die gesteigerte Nachfrage nach US-Treasuries war ein perfektes Beispiel für das Wirken dämonischer Dollars, und es war ein maßgeblicher Faktor dafür, dass im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts die Zinsen in Amerika so niedrig blieben. Indem Peking kaufte, trieb es die Anleihenpreise nach oben und die Renditen, die sich spiegelbildlich zu den Kursen bewegen, nach unten. Das galt selbst in Jahren wie 2004 oder 2005, als die brummende Konjunktur längst höhere Zinsen gerechtfertigt hätte. Indirekt und vermutlich unwillentlich hat das Reich der Mitte damit auch die Immobilienblase mitverursacht, denn erst die niedrigen Hypothekenkosten brachten viele Amerikaner dazu, mit Grund und Boden zu spekulieren.
    Auch nach dem Platzen der Blase blieb China ein zentraler Akteur auf dem amerikanischen Kapitalmarkt. Mit Sicherheit hätte die US-Regierung einige Mühe gehabt, die diversen Bankenrettungspakete und Konjunkturprogramme zu akzeptablen Konditionen zu finanzieren, hätten die Freunde aus dem Reich der Mitte nicht weiter eifrig Schuldtitel abgenommen.
    So angenehm es für Washington war, immer jemanden zu haben, der stets bereit ist, Geld vorzustrecken: Geopolitisch erwuchs daraus eine zunehmend delikate Situation. Selten war eine Großmacht finanziell so sehr von einer konkurrierenden Großmacht abhängig. Wenn Schulden Amerikas Heroin sind, dann ist China Amerikas wichtigster Dealer. Doch was, wenn der Junkie sich zugleich als Sheriff gebärdet, der mit dem Dealer in einer anderen Angelegenheit aneinandergerät? Als Financier amerikanischer Defizite hat Peking eine enorme Machtposition erlangt, vor der nicht nur der USA und ihrer Wirtschaft, sondern auch dem Rest der Welt bange sein muss.
    Die Frage, wie China mit seiner Stellung als wichtigstes Gläubigerland der USA umgehen wird, ist ein Schlüsselthema des 21. Jahrhunderts. Sie bedeutet, dass die kommunistische Volksrepublik nicht nur maßgeblichen Einfluss darauf hat, ob Washington seine politischen Vorhaben finanzieren kann (zum Beispiel Barack Obamas ehrgeizige Gesundheitsreform), sondern dass sie auch den Außenwert des Dollar mitbestimmt. Ebenso wie der Kauf von US-Schuldtiteln den Greenback stützt, würde ihn ein Verkauf stürzen – zumal wenn die Papiere regelrecht auf den Markt geworfen werden.
    Bei Historikern weckt die Konstellation Erinnerungen: Peking wächst langsam in eine ähnliche Rolle hinein, wie sie die Vereinigten

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