Weltkrieg der Waehrungen
Staaten nach den beiden Weltkriegen für die europäischen Siegermächte spielten. GroÃbritannien und Frankreich hatten die militärische Auseinandersetzung, den Kampf um die Vorherrschaft in Europa, zwar gewonnen, während des Waffengangs aber gewaltige Darlehen aufnehmen müssen. Fortan konnten London und Paris keine Entscheidung von Tragweite mehr treffen, ohne sich mit Washington abzustimmen. Die Stabilität des Pfund Sterling und des Französischen Franc hing vom Wohlwollen der Amerikaner ab. Meist konnten sich die beiden Weltkriegs-Alliierten deren Unterstützung sicher sein, schon deshalb, weil die US-Wirtschaft ein vitales Interesse daran hatte, dass es den beiden wichtigen Abnehmerländern gut ging. Ein crashartiger Werteverfall von Pfund oder Franc hätte amerikanischen Konzernen â im Gegensatz zu heute waren die Vereinigten Staaten in der ersten Jahrhunderthälfte noch eine bedeutende Exportnation â schmerzliche UmsatzeinbuÃen beschert. »Meist« hieà jedoch nicht »immer«. Sobald sich die Verbündeten uneins waren, konnten die Amerikaner damit drohen, ihr finanzielles Druckmittel einzusetzen.
Eine neue Sues-Krise?
Der wohl bemerkenswerteste Fall für eine solche Disziplinierung über die Währung war die Sues-Krise von 1956. Damals war es Europa, das zu spüren bekommen sollte, was es heiÃt, als Schuldner den Groll seines wichtigsten Gläubigers auf sich zu ziehen. Der Konflikt zwischen der Alten und der Neuen Welt hatte sich wie eine der vielen Krisen angelassen, die aus dem Unabhängigkeitsdrang früherer Kolonien erwuchsen. Im Juli 1956 ging in Ãgypten der selbstbewusste neue Präsident Gamal Abdel Nasser auf Konfrontationskurs mit den Europäern. Er verstaatlichte den Sues-Kanal, der bis dahin unter britischer Aufsicht gewesen war. Es standen beträchtliche wirtschaftliche Interessen â zu dieser Zeit gingen 70 Prozent des für Westeuropa bestimmten Ãls durch den Kanal â, aber auch eine Menge politisches Prestige auf dem Spiel. Für die Kolonialmächte Frankreich und GroÃbritannien war es eine Provokation, die sie nicht hinzunehmen bereit waren.
Sie beschlossen, die Kontrolle über den Kanal militärisch zurückzuerlangen â das Ganze ohne vorherige Rückversicherung bei den Amerikanern, und das sollte sich als schwerer Fehler herausstellen. GroÃbritanniens konservativer Premier Anthony Eden ging wie selbstverständlich davon aus, dass US-Präsident Eisenhower die Schwächung des Nasser-Regimes gutheiÃen würde, hatte das doch gerade das kommunistische China anerkannt. Obwohl die eigentliche Militäroperation der Landung von Marineinfanteristen dank israelischer Hilfe gut vorankam, wurde schnell offenbar, dass sich Paris und London ins Abseits manövriert hatten. Die Supermacht USA missbilligte die Invasion, zum einen, weil sie darin eine späte Zuckung des europäischen Imperialismus sah, zum anderen, weil sie ein Aufbegehren der Dritten Welt fürchtete, um deren Sympathie sich die Amerikaner im Kalten Krieg bemühten. Ãberdies graute Washington vor einer Eskalation der Kanalkrise, die die Sowjetunion zur Einmischung zwingen könnte.
Insbesondere GroÃbritannien wurde von der US-Regierung bald massiv unter Druck gesetzt, den Militäreinsatz abzubrechen. Als London uneinsichtig blieb, zog Amerika die Währungskarte, genauer: die Währungsdrohkarte. Allein die Andeutung, Amerika könne britische Schuldentitel in seinem Besitz auf den Markt werfen, lieà den Kurs des Sterlings erzittern. Die bereits vor der Krise ausgedünnten Währungsreserven, die nötig waren, um das Pfund zu verteidigen, schwanden schnell dahin. Die wichtige Marke von zwei Milliarden drohte zu fallen. Derart in die Enge getrieben, mussten London und Paris zähneknirschend einlenken: Ihr Ziel, die Kontrolle über den einträglichen und strategisch wichtigen Kanal zurückzuerlangen, war trotz der militärischen Erfolge gegen den aufmüpfigen Nasser gescheitert.
Der Sues-Krieg gilt als der letzte Versuch europäischer Kolonialmächte, ohne Amerikas Billigung oder Unterstützung geopolitische Machtansprüche durchzusetzen. GroÃbritannien wurde von den Amerikanern regelrecht vorgeführt. Eden, dessen Gesundheit in Zeiten der Krise arg gelitten hatte, musste zurücktreten, die Wirtschaft des Landes erlitt einen Schwächeanfall. Nach dem Einschnitt
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