Weltkrieg der Waehrungen
genug wurden Forderungen der Amerikaner nach einer Aufwertung des Yuan brüsk zurückgewiesen. Der US-Präsident durfte mit Studenten diskutieren, aber nur mit ausgesuchten Kadern der kommunistischen Jugendorganisation. Der sonst so geschmeidige Yes-we-can-Politiker wirkte in Gegenwart der Pekinger Parteielite beklommen, fast eingeschüchtert. Nicht anders erging es einer europäischen Delegation, die ein paar Wochen später die Chinesen zu einer Liberalisierung ihrer Wechselkurspolitik bewegen wollte. Auch sie lieà die Staatsführung auflaufen.
Die Volksrepublik könnte im Laufe der Jahre zur Ansicht gelangen, dass sie für einen Konflikt besser gerüstet ist als die USA. Das trifft insofern sogar zu, als die Kommandowirtschaft und Einparteienherrschaft Chinas ihre Ressourcen kurzfristig besser bündeln kann als das pluralistische Amerika, dessen Prinzip der Gewaltenteilung und ökonomische Laisser-faire-Doktrin die Entscheidungsprozesse verlangsamt. Da das Reich der Mitte vor allem eine produzierende Wirtschaft ist, die Vereinigten Staaten vor allem eine konsumierende sind, träfe sie ein Konflikt zumindest zu Anfang deutlich härter. Wenn China sich im Zorn erhebt, bleiben in Amerika die Regale leer.
Würde die Finanzschlacht für Peking ideal verlaufen (in Form einer schnellen »Kapitulation« der USA), könnte an ihrem Ende die Zerstörung des Dollar und die Geburt des Yuan als Leitwährung stehen, und zwar viel eher, als das heute realistisch erscheint. Ãhnlich wie der Erste Weltkrieg den Aufstieg Amerikas beschleunigte, würde der Finanzkrieg eine Entwicklung vorwegnehmen, die sich sonst noch über Dekaden erstreckt hätte. Indessen wäre ein chinesischer Sieg in einem solchen Streit der Währungen alles andere als gewiss: Je länger sich die Auseinandersetzung hinzieht und je intensiver sie ideologisch aufgeladen wird, desto mehr nationale Kräfte kann Amerika mobilisieren. Das zumindest ist die Erkenntnis aus den groÃen Konflikten der vergangenen hundert Jahre. Sie zeigen, dass die Vereinigten Staaten immer dann am stärksten waren, wenn sie angegriffen wurden. Amerika könnte in einem Krieg der Währungen selbst dann die Oberhand behalten, wenn sich die momentane Malaise der US-Ãkonomie noch zu einer Depression auswächst. Verwundete Imperien kämpfen am wütendsten.
Wegen dieser Risiken wird Peking aller Voraussicht nach den gefahrloseren Weg beschreiten und eine langfristige Ablösung des Dollar als Weltwährung anstreben. Die Zeit arbeitet für die asiatische Milliardennation. Ende des nächsten Jahrzehnts, wenn China als weltgröÃte Volkswirtschaft fest im Sattel sitzt, werden die meisten Industrieländer der Welt und praktisch alle asiatischen Nationen â insbesondere die Rohstoffproduzenten â mehr Handel mit dem Reich der Mitte treiben als mit den Vereinigten Staaten.
Zu diesem Zeitpunkt wird die Volksrepublik der mit Abstand gröÃte Energieverbraucher auf dem Globus sein. Aktuell rangiert die asiatische Wachstumsökonomie beim Ãlkonsum erst bei der Hälfte des US-Niveaus. Nicht nur, aber auch durch den schnell expandierenden StraÃenverkehr holt China mit mächtigen Schritten auf. Im Jahr 2009 stach das Land mit 13,6 Millionen verkauften Fahrzeugen erstmals die »motor nation« USA als gröÃten Automobilmarkt der Welt aus. Nach einer Projektion der Internationalen Energieagentur IEA wird die Volksrepublik 2035 fast 70 Prozent mehr Energie verbrauchen als die USA. Als gröÃter Abnehmer von Ãl und Gas, Kohle, Erzen und Nahrungsmitteln wird das Reich der Mitte für die Produzentenländer der wichtigste Handelspartner sein. Für Rohstoffökonomien aber gibt es eine »natürliche« Neigung, die eigene Devise an die Währung des Hauptkunden zu koppeln, um allzu groÃe Einnahmeschwankungen zu vermeiden. Das ist genau der Grund, warum Ãlexporteure wie Saudi-Arabien, Kuwait oder die Vereinigten Arabischen Emirate in der Vergangenheit eine Dollarbindung eingeführt haben.
Eine solche »Schicksalsgemeinschaft« ergibt jedoch nur so lange Sinn, wie beide Partner Nutzen aus der Währungsehe ziehen. Kuwait hat seinen Dinar im Mai 2007 bereits vom Dollar gelöst und an einen Korb unterschiedlicher Devisen gebunden. Andere Staaten der Region trugen sich zumindest bis zur Eskalation der Euro-Schuldenkrise mit demselben Gedanken â mal lauter,
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