Weltkrieg der Waehrungen
hochprofitabel â solange es gut läuft zumindest. Durch keine Mindestreserven, formelle Bonitätsprüfungen oder ähnliche Hemmnisse eingeschränkt, pumpten die Schattenbanken auch in der Krisenzeit freigiebig Geld in den Wirtschaftskreislauf.
Doch auch bei den regulären Banken reichte in der Kommandowirtschaft China eine Order der Partei â und die Institute vergaben gehorsam Milliardenkredite an alle möglichen Unternehmen, ohne dass sie sich deren Bonitäten- oder Geschäftsmodell allzu genau angeschaut hätten. Diese Flutung des Systems mit Liquidität bewirkte, dass die Firmen weiter investierten und einstellten oder zumindest Arbeitsplätze sicherten. Die gröÃte Volkswirtschaft Asiens, die Boom-Nation China, blieb auf dem Wachstumspfad und half nebenbei auch anderen Ländern fern und nah aus der Bredouille. Das fulminante Exportwachstum der deutschen Wirtschaft in den Jahren 2010 und 2011 war auch auf die unverwüstliche Nachfrage aus dem Reich der Mitte zurückzuführen. Doch Chinas Medizin gegen die Investitionsklemme ist nicht ohne Nebenwirkungen.
Was dem Patienten kurzfristig half, in Form zu bleiben und sogar neue Höchstleistung zu bringen, könnte langfristig schwere Schäden nach sich ziehen. Schon vor der Krise waren die Kreditbedingungen im Reich der Mitte alles andere als restriktiv. Nun aber, nach dem monetären Präventivschlag, passiert etwas Unheimliches: Die Bücher der Banken quellen über von Krediten, die vermutlich niemals zurückgezahlt werden können. Das gilt für den regulären, mehr aber noch für den irregulären Finanzsektor, das System der Schattenbanken.
»Non-performing loans« (NPL) oder »notleidende Kredite« heiÃen die faul gewordenen Forderungen in der Fachsprache. Der Schwesterausdruck »notleidende Banken« â die das zwangsläufige Ergebnis sind, wenn ein Gutteil der Darlehen ausfällt â schaffte es in Deutschland zum Unwort des Jahres 2008. In der Volksrepublik lag der Anteil der nicht mehr bedienten Kredite schon Mitte 2011 bei sieben Prozent. Der Anteil könnte sich bis auf 16 Prozent erhöhen, wie Ãkonomen der französischen GroÃbank Société Générale ausgerechnet haben. Die faulen Kredite sind nur die Spitze des Eisbergs.
Chinas Schulden
Die Verschuldung wird auch in China zum Problem: Offiziell liegt die Höhe der staatlichen Verbindlichkeiten bei rund 20 Prozent der Wirtschaftsleistung. Doch werden die versteckten Schulden diverser Körperschaften mit eingerechnet, rangiert die Quote eher im Bereich von 80 bis 100 Prozent. Auch die Geschwindigkeit, mit der der Defizitberg wächst, ist beunruhigend: Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte hat sich im Reich der Mitte von 1997 bis 2010 um den Faktor 36 erhöht. Gleichzeitig ist China wirtschaftlich stark gewachsen, doch selbst in Relation zum Bruttoinlandsprodukt legten die Schulden um den Faktor sechs zu.
Viele Beobachter übersehen das Problem, weil ein GroÃteil der Kredite nicht von der Zentrale aufgenommen wird. Vielmehr verschulden sich Provinzen und Unternehmen, die mit den lokalen Machtcliquen verquickt sind. Auf die Weise hatten die Bezirke bereits 2010 einen Schuldenberg von 10,7 Billionen Yuan angehäuft. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor, doch ist davon auszugehen, dass das Problem seither noch akuter geworden ist. Gelingt es den Regierenden nicht, diese Entwicklung einzudämmen, droht dem Reich der Mitte ein ähnliches Schuldenschlamassel wie den westlichen Staaten.
In der Krise waren die Kredite wie hilfreiche Geister. Doch die hilfreichen Geister drohen China in nicht allzu ferner Zukunft als grässliche Gespenster heimzusuchen. Sie könnten eine Finanzkrise über dieses Land bringen, das Wachstum so nötig hat wie kein zweites. Das würde das Reich der Mitte empfindlich zurückwerfen. Denn China befindet sich in einem Wettlauf gegen die Zeit.
China war in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich darin, Jobs zu schaffen und Wohlstand zu generieren. Nur: China bleibt auch keine andere Wahl. Die Führung ist zum Erfolg verdammt. Im Land sind Millionen von Menschen auf unfreiwilliger Wanderschaft â Menschen, die aus Mangel an Perspektiven ihre Heimatdörfer im Hinterland verlassen, um in den groÃen Städten Arbeit zu finden. 130 Millionen stark soll dieses Heer der Binnenland-Migranten nach manchen Schätzungen sein, 230
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