Weltkrieg der Waehrungen
Arbeitnehmer zurückgeht, nicht zuletzt Deutschland hat das in den vergangenen Jahren bewiesen.
Ohnehin muss Peking sein Wirtschaftsmodell überdenken. Kein Zweifel, China ist immer noch enorm wettbewerbsfähig, wie unter anderem seine üppigen Handelsüberschüsse und seine fast schon monströsen Devisenreserven belegen. Doch als Investitionsstandort ist es nicht mehr derselbe Magnet, der es vor Kurzem war. Firmen, die Produktionsstätten aufbauen wollen, sehen es nicht mehr als die »unvermeidbare« Nation. In jüngster Zeit mehren sich die Meldungen, dass internationale Konzerne ihre neuen Fabriken woanders errichten, nicht im Perlflussdelta. Der koreanische Elektronik-Riese Samsung Electronics wird den A5-Chip für das neue iPad-Modell in Texas produzieren, statt in Kanton, und der niederländische Technologiekonzern Philips wird seine hochwertigen Rasierapparate im friesischen Drachten zusammenschrauben, nicht in China. Es sind zwei Beispiele von vielen.
Die Volksrepublik ist sehr wettbewerbsfähig, doch ihre Ãberlegenheit ist keineswegs mehr absolut, ihr Status als die Werkbank der Welt wackelt. Peking sieht sich herausgefordert, Strukturen zu schaffen, die es erlauben, China im 21. Jahrhundert auf eine neue Ebene der industriellen Entwicklung zu heben. Die dafür notwenigen Neuerungen umfassen neben der technischen Infrastruktur vor allem ein modernes Bildungssystem. Die demografische Herausforderung ist jedoch auch eine Chance. Die sinkende Erwerbsbevölkerung stöÃt die Führung darauf, dass die vorhandenen Potenziale effizient genutzt werden müssen. Ãber die im Turbo nachgeholte Industrialisierung hinaus kann China nur dann wirtschaftlich agil bleiben, wenn es sich gedanklich modernisiert.
Die Lösung vom Selbstverständnis als industrieller Produktionsstandort bedeutet gerade für den Yuan eine groÃe Chance. Vielleicht gleicht das künftige China gar nicht mehr einer Fabrik der Welt. Vielleicht wird Peking, ähnlich wie Tokio in den Achtzigerjahren, viel früher als erwartet auf Dienstleistungen setzen, gerade auch auf Finanzdienstleistungen. Chinesische Banken gehören zu den stärksten der Welt. Die zwei gemessen am BörÂsenwert gröÃten Kreditinstitute auf dem Globus, die ICBC und die China Construction Bank, haben ihren Sitz im Reich der Mitte. Die frühere weltweite Nummer eins, die amerikanische Citigroup, ist vom Marktwert her nicht mal mehr halb so groà wie ihre Konkurrenten aus der aufstrebenden Supermacht.
Zum Teil ist die GröÃe der fernöstlichen Geldhäuser auf Verzerrungen und Aufblähungen durch die Politik des billigen Geldes zurückzuführen. Zum Teil rührt sie aber schlicht daher, dass sich China â die volkreichste Nation der Erde â auf dem Weg zur gröÃten Volkswirtschaft der Erde befindet. Mit der Modernisierung und Ãffnung des Bankwesens könnte der Yuan als Reservewährung einen Schub erhalten. Welche schnellen Fortschritte möglich sind, zeigt Pekings finanzieller Coup von Ende 2011.
Stellare Ambitionen
Am 2. November 2011 hat sich die Volksrepublik vor dem Fernseher versammelt. Was die Chinesen auf dem Bildschirm sehen, spielt sich 343 Kilometer über ihren Köpfen im Weltall ab. Zwei Raumfahrzeuge führen ein riskantes Kopplungsmanöver durch. Als die Operation gelingt, ertönt in Millionen Haushalten des Landes ein Jubelschrei, auch Regierungschef Wen Jiabao und Vizepräsident Xi Jinping, der künftige starke Mann von Partei und Staat, feiern den Erfolg. Sie haben es sich nicht nehmen lassen, ins Raketenkontrollzentrum zu kommen. Für Chinas Raumfahrt war das Andockmanöver im All ein wichtiger Durchbruch, vergleichbar mit der ersten Apollo-Mission für die USA. Es sollte nicht der einzige Triumph des Landes gegen Ende des Jahres 2011 bleiben. Wenige Wochen später würde die Volksrepublik auf dem Gebiet der Währungen einen Durchbruch von ähnlicher Tragweite verkünden.
Ausgerechnet Tokio, die Hauptstadt des Erzrivalen, war der Schauplatz des nächsten Coups. Bei einem Treffen von Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao mit seinem japanischen Amtskollegen Yoshihiko Noda schlossen die beiden fernöstlichen Giganten einen Währungspakt. Künftig soll der bilaterale Handel zwischen der Volksrepublik und Japan in den Landeswährungen möglich sein. Das Finanzabkommen überraschte im Westen selbst Kenner der
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