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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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natürlich nur eine ungefähre Annäherung. Der Tod des Dollar, wie wir ihn kennen, könnte genauso gut 2040 oder 2050 eintreten.
    Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass den revolutionierenden Kräften, die den Yuan nach oben tragen, andere Kräfte entgegenwirken: die der Tradition und der Beharrung. Manche Staaten werden alle möglichen guten und weniger guten Gründe finden, um am Dollar festzuhalten. Ein Blick in die Geschichte ist auch in dieser Hinsicht illustrativ, denn gerade die Phase zwischen 2020 und 2040 könnte frappierende Ähnlichkeit zur Ära zwischen 1920 und 1930 haben.
    Das Pfund Sterling, bis zum Ersten Weltkrieg Reservewährung Nummer eins, war durch die Ereignisse von 1914 bis 1918 beschädigt worden. Nur mit größter Mühe erreichte die Bank of England 1925 die Rückkehr zur Goldparität zum Vorkriegskurs, was von den Traditionalisten als Rezept für das Gesunden der Währung verschrieben wurde. Für das Königreich endete dieses Experiment mit dem »zweiten« Goldstandard im Fiasko. Dennoch konnte das britische Geld seinen Status als wichtige Reservewährung noch eine Zeit lang behaupten, wenn auch unter großen Mühen. Dem Pfund kamen besondere historische Konstellationen zugute.
    Die mächtigen Banken der City of London stemmten sich mit aller Macht gegen den Bedeutungsverlust. Bewährte Finanzexpertise, Jahrzehnte alte Traditionen und diplomatische Netzwerke, wie sie Sir Montagu Norman und andere Notenbankgouverneure geknüpft hatten, halfen dabei, den Sterling als Reservewährung zu stützen. Den Ausschlag gab jedoch, dass die Länder des Commonwealth und die Dominions, also die früheren Kolonien des British Empire, dazu verpflichtet waren, ihre Bestände in Sterling zu halten. Ohne diese Bevorzugung aus historischen Gründen wäre der Anteil des Pfundes an den Devisenreserven schon viel früher abgestürzt.
    Zum transatlantischen Konkurrenten Dollar fehlte institutionellen wie privaten Investoren umgekehrt noch das rechte Vertrauen. Erst seit 1913 kümmerte sich eine nationale Notenbank um dessen Wohlergehen. Amerika war zwar bereits im späten 19. Jahrhundert die größte Volkswirtschaft der Welt gewesen, der Kapitalmarkt der USA galt jedoch als bebengefährdet: nicht nur, weil die Bankbranche wenig reguliert und fragmentiert war, sondern auch, weil lange der Kreditgeber letzter Hand gefehlt hatte, der den Geldhäusern in einer Notsituation mit frischem Kapital zur Seite springen konnte. Bis zum Ersten Weltkrieg war Amerika von 14 Finanzkrisen erschüttert worden, die meist nicht allzu lange dauerten, aber teils sehr heftig ausfielen. In Reaktion auf die bisher schlimmste Erschütterung, den Sturm von 1907, war schließlich das »Federal Reserve System«, kurz »Fed«, gegründet worden. Zusammen mit der Finanzmarktreform, die es Banken nunmehr erlaubte, über die Grenzen der Bundesstaaten und auch im Ausland Geschäfte zu machen, machte das den Dollar als Wertaufbewahrungsmittel attraktiv.
    Erst als der Zweite Weltkrieg eine weitere Stärkung Amerikas und (trotz seines militärischen Triumphs über die Achsenmächte) eine weitere Schwächung Großbritanniens brachte, erlangte der Greenback seine bis heute schier unverrückbare Position im Zentrum des globalen Devisensystems: Von nun an war das Wort Reservewährung praktisch gleichbedeutend mit Dollar.
    Heute ist dem Yuan eine ähnliche Karriere vorgezeichnet wie dem Greenback vor hundert Jahren. Sein Aufstieg ist eine logische Konsequenz der tektonischen Verschiebungen in der globalen Wirtschaft: Die größte Ökonomie der Welt genießt das Vorrecht (und ist in gewisser Weise auch in der Pflicht), eine wichtige Reservewährung zu stellen. So scheint es absehbar, dass die chinesische Währung der amerikanischen mehr und mehr den Platz streitig machen wird. Weniger leicht vorherzusehen ist hingegen, ob der Dollar im Jahr 2050 noch einen Rang als würdiger Zweiter innehat, oder ob er in die relative Bedeutungslosigkeit abgesunken ist.
    Der Grad der Yuan-Dominanz wird nicht allein davon abhängen, zu welcher Stärke die Volksrepublik ökonomisch heranwachsen wird. Die Geschichte lehrt vielmehr, dass ein Währungsimperium meist mit einem politischen Imperium einhergeht. Nach 1945 waren die USA nicht nur das wirtschaftliche und finanzielle Schwergewicht des Staatensystems, sie

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