Weltkrieg der Waehrungen
japanischen Aktien- und Immobilienmarkt auf immer neue Höhen. Von 1980 bis 1989 legte der Tokioter Leitindex Nikkei 225 um fast neunhundert Prozent zu. Der Publizist Daniel Burstein stand bei Weitem nicht allein, als er in seinem Buch »Yen!« prophezeite, Tokio würde bis zur Jahrtausendwende New York als Finanzzentrum und Japan Amerika als gröÃte Wirtschaftsmacht der Erde ablösen.
Es ist gar nicht so einfach auszumachen, wann genau die gesunde Entwicklung aufhörte und die Blase anfing. Zumindest in der ersten Zeit nach Plaza war es für ausländische Investoren absolut rational, in japanische Vermögenswerte zu investieren. Finanzinvestments waren, noch immer beschränkt durch verschiedene Kontrollen, erst seit den Achtzigerjahren problemlos möglich. Mit dieser Liberalisierung setzte ein Nachholbedarf an Japan-Investments ein, der befriedigt werden musste. Die Geldanlage im Reich des Tenno versprach hohe und höchste Renditen. SchlieÃlich wuchs die japanische Wirtschaft ja tatsächlich weiter rasant (wenngleich die Margen bald nicht mehr mithalten konnten), und Wachstum war nicht minder als heute der Fetisch der Börsianer.
Die Ausgangsbedingungen im China von heute weisen in der Tat eine frappierende Ãhnlichkeit mit denen des asiatischen Konkurrenten (und heimlichen Vorbilds) in den Achtzigerjahren auf. Wie damals in Japan sind die chinesischen Kapitalmärkte stark reguliert, stehen nach Pekings eigenem Bekunden aber vor einer behutsamen Ãffnung. Wie damals in Japan ist die Landeswährung unterbewertet und verspricht bei einer Freigabe Kursgewinne. Wie damals in Japan gelten Unternehmen und Immobilien im Reich der Mitte als die heiÃesten Investments auf dem Globus.
123 Billionen Dollar
Kommt es also zu einem neuen Plaza-Effekt, diesmal nicht mit dem Yen, sondern dem Yuan als Objekt der Begierde? In diesem Fall droht in Asien womöglich die gröÃte Spekulationsblase aller Zeiten. Denn einen Unterschied gibt es zwischen Japan und China doch: Als bevölkerungsreichstes Land der Erde und damit potenziell gröÃter Markt, als Atommacht, als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat, als gröÃter Rohstoffkonsument und als wichtigster Kreditgeber hat die Volksrepublik ein Gewicht, von dem nicht einmal das vor anaboler Kraft strotzende Japan der späten Achtzigerjahre träumen konnte.
Auch steht die chinesische Ãkonomie für noch gröÃere Entwicklungsmöglichkeiten und Investorenfantasie als die japanische: Dank ihrer enormen Ressourcen hat die Milliardennation das Potenzial, die Weltwirtschaft auf eine Weise zu dominieren, wie es den 130 Millionen Japanern nie möglich gewesen wäre. Man denke nur an die 123-Billionen-Prognose des Ãkonomen Robert Fogel. Kurz: Laufen die Dinge aus dem Ruder, so wird die japanische »Bubble Economy« der Achtzigerjahre nur ein Schatten dessen gewesen sein, was sich heute auf dem asiatischen Festland anbahnt. China kann der Koloss der Weltwirtschaft werden, aber auch deren auÃer Kontrolle geratener Leviathan.
Die Gefahren heute sind in mancher Hinsicht gröÃer: Nicht zuletzt die rekordniedrigen Zinsen in gleich mehreren Industrieländern könnten zu einer Mega-Spekulation ermutigen. Es jagen so viele dämonische Dollars um den Globus wie nie zuvor. Sie können GroÃes schaffen und groÃe Zerstörung anrichten. Eine Blase in China könnte sich als ebenso gefährlich erweisen wie die von Tokio 1989 und Jakarta 1997 zusammengenommen, und die Finanzkrise von 2008 gleich noch obendrauf gepackt. Auf das Platzen der japanischen Spekulationsblase folgte ein hartnäckiger Bärenmarkt, der den Nikkei-Index auf ein Fünftel seines Höchststands zurückfallen lieà und die japanische Ãkonomie in einen nunmehr seit fast zwei Dekaden andauernden quasi komatösen Zustand der Deflation stürzte. Aus »Japan Superstar« wurde der »kranke Mann in Fernost«: 2009 erwirtschaftete das Land nicht mehr Güter und Dienstleistungen als 1991. Der Südostasien-Crash von 1997 warf die Tigerstaaten um fast ein Jahrzehnt zurück und mündete unter anderem in die Unruhen, die zum Sturz des Suharto-Regimes in Indonesien führten. Die Finanzkrise von 2008/09 erschütterte das westliche Finanzsystem und hätte um ein Haar einen GroÃteil seiner Banken pleitegehen lassen. Im negativen Fall könnte das Platzen einer chinesischen Superblase Züge
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