Weltkrieg der Waehrungen
Ãgäis-Staat? Zwar waren sie nicht ganz so hoch verschuldet wie Griechenland (obwohl Rom in der Hitparade der Schuldenmacher mit einer Quote von rund 120 Prozent nur knapp hinter Athen rangierte), doch auch diese Volkswirtschaften litten unter teils riesigen Leistungsbilanzdefiziten und dem schleichenden Verlust ihrer Wettbewerbsposition. Das ganze Ausmaà macht die Entwicklung der Lohnstückkosten deutlich: Zwischen der Gründung der Währungsunion im Jahr 1999 und der Finanzkrise verteuerte sich die Produktion in Italien um mehr als 40 Prozent, in Spanien um deutlich mehr als 30 Prozent und in Portugal um etwa 15 Prozent. Im gleichen Zeitraum legten die deutschen Lohnstückkosten um nur rund zehn Prozent zu. Durch die gemeinsame Währung hatten die Peripherieländer keine Möglichkeit mehr, dem durch Wechselkursanpassungen gegenzuwirken. Was bis zur Finanzkrise und auch über weite Strecken des Jahrs 2009 niemanden gestört hatte, wurde nun zu einem Stigma.
Die Marktakteure sahen sie bei allen Unterschieden im Detail nun als Gruppe: Aus den Anfangsbuchstaben der Ländernamen Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien bildeten Investmentbanker das maliziöse Akronym PIIGS, das wie das englische Wort für »Schweine« klingt. Die Hellenische Republik repräsentierte nur 2,6 Prozent der Wirtschaftskraft der Währungsunion. Mit den iberischen Staaten und Irland zusammen waren es bereits 18 Prozent, und der alleinige Anteil Italiens belief sich auf beachtliche 17 Prozent. Einen Zahlungsausfall Griechenlands hätte der Euro wohl noch verkraften können, nicht jedoch einen Kollaps der Peripherieländer insgesamt. Wie eine ansteckende Krankheit schien sich der Verkaufsdruck von den griechischen Wertpapieren auf die Titel anderer Randländer zu übertragen. Die Risikoaufschläge der Peripheriestaaten schossen in die Höhe, die Geldaufnahme an den Kapitalmärkten verteuerte sich für Lissabon, Madrid und schlieÃlich auch Rom auf gefährliche Weise. Jeder informierte Beobachter wusste: Diese »Peripheritis« konnte für die Eurozone tödlich enden.
Die Vergangenheit holt den Euro ein
Showdown im Mai
Der 9. Mai 2010 ist einer jener Tage, an denen das Schicksal der weltweiten Finanzmärkte und auch die Weltgeschichte auf Messers Schneide stehen. An diesem Sonntag kommen die Finanzminister der Eurozone in Brüssel zu einer Notsitzung zusammen. Ihre Mission: Die Rettung der europäischen Währungsunion und womöglich des europäischen Projekts überhaupt. In der Woche zuvor hat sich die Lage auf dramatische Weise zugespitzt: Der Ansteckungseffekt hat immer mehr Länder erfasst. Mit Ausnahme von Deutschland und einer kleinen Gruppe von »soliden« Eurostaaten haben fast alle Länder der Währungsunion einen Ausverkauf ihrer Anleihen an den Kapitalmärkten erlebt. Die Finanzierungskosten sind auf Niveaus weit jenseits der Schmerzgrenze gestiegen. Griechische Staatspapiere mit zweijähriger Laufzeit sind so weit heruntergeprügelt worden, dass sie einen Risikoaufschlag von 27 Prozent auf Bundesanleihen aufweisen. Um sich eine Milliarde für zwei Jahre am Kapitalmarkt zu leihen, muss Griechenland nun mehr als eine halbe Milliarde Euro Zins aufbieten, ein absurder Zustand â und bereits für sich genommen ein Pleitegrund.
Der Zustand mutet auch deshalb absurd an, weil die Euroländer Griechenland nach schier endlosem Gezerre am 2. Mai schlieÃlich 80 Milliarden Euro an Hilfen zugesagt haben, flankiert von 30 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds. Damit kann At hen für mindestens zwei Jahre als durchfinanziert gelten und braucht den Kapitalmarkt nicht mehr anzuzapfen. Doch inzwischen ist der Fall Griechenland zu einem Fall Euroland geworden. Die EU-Partner haben den Griechen geholfen, doch werden sie auch die Kraft und den Willen haben, den anderen Peripherieländern zur Seite zu stehen? In den Weltfinanzmetropolen London und New York, ohnehin nicht reich an Euro-Fans, bezweifelten das viele. Und zweifeln heiÃt für sie: den Verkaufsknopf drücken.
Die Furcht vor dem Kollaps
Ãber die Kapitalmärkte des Kontinents war in den Tagen vor dem 9. Mai eine Art Höllenfeuer hereingebrochen. Nicht nur die Kurse europäischer Staatsanleihen waren in den Keller gegangen (mit Ausnahme der deutschen, die den Fels in der Brandung bildeten), sondern auch die der Aktien. Vor allem
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