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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel D. Eckert
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könnten dann auch bei deutschen Anleihen einen Risikoaufschlag verlangen, was die Finanzierungskosten für Berlin verteuern würde.
    Allerdings waren das rein »haushälterische« Überlegungen, die einer deutschen Kanzlerin und Parteivorsitzenden gut zu Gesicht standen (zumal vor einer wichtigen Landtagswahl, nämlich der in Nordrhein-Westfalen), nicht jedoch einer Europapolitikerin. Indem sich der Kursverfall der griechischen Anleihen und des Euro verstärkte, sah sich die Merkel-Regierung mit gleichermaßen unangenehmen Alternativen konfrontiert: Half sie, würde sie eventuell mit den Bestimmungen des Maastricht-Vertrags in Konflikt geraten, was ihrer Regierung eine Klage vor dem deutschen Verfassungsgericht in Karlsruhe einbringen konnte, und obendrein würde sie die heimischen Wähler verärgern. Half sie jedoch nicht, drohte in Europa wegen der intensiven Bankverflechtung ein finanzieller Super-GAU.
    Die Sorge griff um sich, das Griechenland-Drama könnte sich zu einer umfassenden Krise der Euro-Peripherie auswachsen. Schon war aus der angelsächsischen Welt ein anschwellendes Raunen zu vernehmen, die Fliehkräfte könnten die Währungsunion zerreißen. Je mehr sich an den Märkten die Erkenntnis durchsetzte, dass Athen auf den Abgrund zuraste, desto mehr verstärkten das Fehlen eines Rettungsmechanismus und das Zaudern der Deutschen die Krise.
Blackbox Brüssel
    Da es kein europäisches Konzept für die Rettung eines strauchelnden Mitgliedsstaates gab, lag die Idee nahe, den Internationalen Währungsfonds (IWF) einzubeziehen. Die in Washington ansässige Institution hatte in den vergangenen Jahrzehnten ihre zuweilen kaltblütige Kompetenz für diese Art von Sanierung mehrfach unter Beweis gestellt, zum Beispiel in der Asienkrise von 1997/98. Athen selbst hatte gelegentlich mit der Karte gereizt, sich an den IWF zu wenden, um Druck auf die Europäer auszuüben: Wenn Europa nicht helfen wollte, dann würde sicherlich gern der IWF einspringen. Die »externe« Lösung ging aber vor allem den Franzosen gegen den Strich, die eine Einmischung Washingtons schon aus Prestigegründen ablehnten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen erwärmte sich früh für eine Beteiligung des Währungsfonds. Aus ihrer Sicht würde ein solch internationales Paket die Hilfe für ein Mitgliedsland der Währungsunion verfassungsrechtlich weniger problematisch machen. Eine Umgehung des Maastricht-Verbots direkter Finanzhilfen musste vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Bestand haben. Nach langem Hin und Her konnte sich Merkel mit ihrer Forderung schließlich in Brüssel durchsetzen. Doch über das Ringen um eine Beteiligung des IWF hatten die Europäer viele wertvolle Wochen verstreichen lassen. Zeit, die später gegen sie arbeiten würde.
    Während Deutsche, Franzosen, Griechen und die immer präsenten Luxemburger – diese heimliche europäische Großmacht des 20. und 21. Jahrhunderts – feilschten und lavierten, wurde die Gemeinschaftswährung immer schwächer. Von außen betrachtet, und das hieß auch aus Sicht der Kapitalmärkte, erschienen die Entscheidungsprozesse in Brüssel als Blackbox. Es war einfach unvorhersehbar, ob und in welchem Ausmaß die anderen Eurostaaten am Ende helfen würden. Die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen schossen wieder nach oben. Im März 2010 waren sie auf 320 Basispunkte bei zehnjährigen Anleihen gestiegen, was hieß, dass das finanziell klamme Athen bei einem Emissionsvolumen von zehn Milliarden Euro im Jahr 320 Millionen Euro mehr an Zinsen zahlen musste als Berlin. Ließe sich dieser schmerzlich hohe Zins nicht bald reduzieren, war für die Griechen das Ende des Spiels in Sicht. Nicht mehr lange, dann würde die Hellenische Republik unter der Schuldenlast zusammenbrechen. Für die wenig konkurrenzfähige Mittelmeer-Ökonomie, die in der Welt vorwiegend mit Tourismus und Landwirtschaft identifiziert wurde und die über Jahre beträchtliche Handelsdefizite ausgewiesen hatte, kamen die Zinszahlungen einem Aderlass gleich. Griechenland war nicht das einzige Land, dem nun die Rechnung aufgemacht wurde.
Vorsicht, Ansteckung!
    Auch die anderen Länder der Euro-Peripherie gerieten nun ins Visier: Waren denn Portugal, Irland, Italien und Spanien in einer so viel besseren Position als der strauchelnde

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