Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII
Erkenntnis, wieviel sie mir bedeutete.
„Nichts, was du verwerfen würdest", sagte ich ausweichend. „Falls bei mir etwas dazwischenkommt, kannst du immer noch nach Hause zurückkehren, und wenn man dir dann Fragen stellt, kannst du ruhigen Gewissens sagen: du weißt von nichts."
Sie trat einen halben Schritt zurück und sah mich an. „So ernst ist es?" „Ja", sagte ich, „so ernst." Sie erriet meine Gedanken. „Du willst fliehen?" „Ja", sagte ich. „Es ist alles
vorbereitet." Sie kehrte zu mir zurück und lehnte ihren Kopf gegen meine Schulter. „Sie haben den Präsidenten."
„Ich weiß",, sagte ich. „Ich habe seine Rede gehört." „Und du denkst", fragte Ruth, „das hat er aus freien Stücken getan?"
Ich blieb stumm. Ruths seelische Bindung an den Präsidenten war groß, und ich wollte sie nicht kränken. Außerdem wollte ich jetzt keinen Streit. Ich mußte zurück in meine eigenen vier Wände - für den Fall, daß man meine Anwesenheit überprüfen sollte. „Mark", sagte Ruth-so laut, daß ich mich besorgt fragte, ob der Vorhang aus Musik, den ich um uns gezogen hatte, uns auch genügend abschirmte -, „er hat uns nicht verraten. Ich weiß nicht, was sie mit ihm gemacht haben, aber irgend etwas müssen sie mit ihm gemacht haben. Du hast ja überhaupt keine Ahnung, wozu sie alles fähig sind!"
Ich küßte sie rasch auf den Mund und ließ sie los. „Ein Grund mehr, zum Golfplatz zu kommen." Ruths Augen waren verschleiert, aber sie nickte. „Ich werde kommen, Mark", sagte sie. Seite an Seite traten wir auf den Balkon hinaus. Ich wuchtete mir den Skyrider auf den Rücken. „Paß auf dich auf!" sagte Ruth leise. „Und noch etwas, Mark: Nimm dich vor Collins in acht." Die Tragweite dieser Warnung bewirkte, daß sich mein Herzschlag verlangsamte.
„Ruth, was willst du damit sagen? Ich kenne Tom. Er ist treu wie Gold." Ruths Stimme wurde hart und spröde. „Nun", sagte sie, „früher oder später wirst du es ja doch erfahren, weshalb also nicht von mir? Das Fernsehen ist umorganisiert worden, und ein paar wichtige Leute sind dabei in der Versenkung verschwunden. Tom Collins aber macht mit seiner Sendung weiter -nur daß jetzt plötzlich bei ihm alles weiß ist, was früher rabenschwarz war." Vielleicht, wenn ich von den neuen Machthabern bereits so viel gesehen hätte wie Ruth, wäre ihre Warnung nicht von mir in den Wind geschlagen worden. Damals jedoch wußte ich nur eins: Tom Collins war mein Freund. Für die Lauterkeit seines Charakters stand ich ein. „Wer weiß", sagte ich darum nur, „was er damit bezweckt. Wenn Tom meint, mit den Wölfen heulen zu müssen, verfolgt er damit bestimmt einen Zweck." Ruth schwieg. „Hauptsache", sagte ich noch, „wir beide wissen, was wir voneinander zu halten haben." Der Skyrider war angelegt, ein Windstoß ließ die Bäume aufrauschen, danach wurde es still. Ich drückte auf den Starter, zog den Regulator und trat vom Balkon hinab ins Leere. Der Skyrider fing den Sturz sanft auf und zog mich davon.
14.
Das schwere Gerät in der rechten Hand, so betrat ich vom Dach her meine Wohnung. Auf der untersten Treppenstufe blieb ich stehen, und einen Herzschlag lang glaubte ich mich verraten und überführt. Dann jedoch stellte ich erfreut den Skyrider ab und streckte die Hand aus. „Tom!" sagte ich erleichtert. „Gott, bin ich froh, daß du es bist." Tom Collins saß mit ausgestreckten Beinen rauchend im Sessel - in der für ihn so charakteristischen lässigen, unbekümmerten Haltung - und trank mir meinen letzten Whisky fort. Irgendwie verstand er es, auch in der verschlissenen Clubjacke, die er zu Hause zu tragen pflegte, elegant und sympathisch auszusehen: ein Mann, wie ihn sich jeder Modefotograf wünschte. Ich vergaß Ruths Warnung. Auf der ganzen Welt konnte nicht so viel geschehen, um einen Keil zwischen Tom und mich zu treiben.
Tom stellte langsam sein Glas ab, drückte seine Zigarette aus und stand auf. „Hallo, Mark!" sagte er. Im Klang seiner Stimme lag nichts von der zwischen uns gewohnten rauhen Herzlichkeit, doch obwohl mir das nicht entging, weigerte ich mich, es zur Kenntnis zu nehmen. „Ich habe mich schon gefragt, wo du dich zu dieser Stunde herumtreibst." Meine Hand ergriff er nicht.
Ich hob den Skyrider noch einmal auf und stellte ihn in eine Ecke. Noch immer wollte ich nicht glauben, daß Tom sich verändert haben sollte, dennoch wurde plötzlich ein neues Gefühl in mir wach: Mißtrauen. Ich beschloß, Tom in meine
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