Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII
verringerte die Geschwindigkeit und machte schwimmähnliche Bewegungen mit den Füßen, bis ich auf dem richtigen Kurs war. Höher zu steigen hätte mir vielleicht etwaigen Beobachtern gegenüber ein größeres Maß an Sicherheit verschafft, doch es hätte auch unersetzlichen Treibstoff gekostet, und darum verzichtete ich darauf. Ich hatte mir das Trignum zum Ziel genommen, das sich, ein scharfumrissenes Betonmassiv, gegen die Lichter der Stadt abzeichnete, und diesen Kurs behielt ich bei, immer in der Hoffnung, daß keiner meiner unbekannten Bewacher plötzlich den Kopf hob und mich entdeckte. Die Dunkelheit war ein nur unvollkommener Schutz, denn der Kometenschweif, den ich hinter mir herzog, war von verräterischer Helligkeit. Ich mußte mich einfach darauf verlassen, daß meine Bewacher an diese Möglichkeit, das Haus zu verlassen, nicht gedacht hatten und folglich, als ich abhob, nicht auf der Hut gewesen waren. Allmählich begann ich mich mit dem Skyrider wieder anzufreunden, und ich erinnerte mich, wie berauschend es oft auf mich gewirkt hatte, mit diesem Gerät der Schwerkraft zu entfliehen und mich einem Vogel gleich in die Luft zu erheben. Mit einer Reise im Raumschiff war das nicht zu vergleichen - vielleicht, weil man einen Skyrider nur dann wirklich beherrschte, wenn man mit ihm eine lebendige Verbindung einging: etwas, was im Raumschiff nicht stattfinden konnte. Mit jeder Bewegung, die man tat, mit jeder Drehung, jeder Verlagerung des Körpergewichtes zwang man ihm etwas von seinem Willen auf. Mein Hochgefühl hielt nicht lange vor.
Ich hatte mich dem Trignum, auf dem ich kurz zwischenlanden wollte, um mich neu zu orientieren, bis auf knapp fünfzig Meter genähert, als eine Bö über mich herfiel -und plötzlich war ich kaum mehr als ein dahinwirbelndes Blatt im Wind. Ich sah den scharfgratigen Beton des Denkmals auf mich zustürzen, und einen entsetzlichen Herzschlag lang fühlte ich mich preisgegeben und verloren - unfähig, diesen Sturz aufzuhalten oder wenigstens zu steuern. Doch gleich darauf wurden wohl alte, nie ganz verdrängte Instinkte in mir wach, die Routine gewann Herrschaft über meine panische Angst, und ich riß den Regulator durch, während ich gleichzeitig ruckartig den Kopf hob. Das rettete mich. Der Skyrider zog mich fast senkrecht in die Höhe. Ich ließ mich über das Trignum Hinaustragen, dann setzte ich, ohne mich noch einmal vom Wind überlisten zu lassen, behutsam auf einer der drei oberen Galerien auf. Nach zwei, drei taumelnden Schritten blieb ich stehen, erholte mich von meinem Schrecken und orientierte mich - ahnungslos, daß ich soeben den Fehler begangen hatte, der mich um ein Haar verraten hätte. Tagsüber waren die oberen Galerien beliebte Ausflugsorte, weil man von ihnen bei klarem Wetter die ganze Stadt übersehen konnte. Um diese Zeit jedoch befand sich kein Mensch mehr hier. Damit hatte ich gerechnet. Die Hälfte der Strecke lag hinter mir, doch der schwierigste Teil des Fluges begann erst jetzt. Die Vielzahl der Avenuen, Straßen, Parkanlagen und Lichter war verwirrend, und erst nach längerem Suchen und Vergleichen erkannte ich die Baumgruppe, die Ruth O'Haras Haus umschloß.
Der plötzliche Lichtstrahl, der über mich herfiel, überraschte mich so sehr, daß ich mitten in der Bewegung erstarrte - und vielleicht war es diese Reglosigkeit, die mich noch einmal rettete. Ein paar atemlos beklemmende Sekunden lang war ich davon überzeugt, daß alle Scheinwerfer der Stadt auf mich gerichtet wären - während unsichtbare Scharfschützen unter mir bereits das Ziel anvisierten.
Doch das Licht rührte von keinen Scheinwerfern her. Lediglich ein großer Bildwerfer hatte sich das Trignum als Projektionsfläche für ein überdimensionales Dia ausgesucht, und ich, wie ich da stand, war zu einem Teil von General Smith geworden, der auf seine Hauptstadt herablächelte.
Aus meiner anfänglichen instinktiven Erstarrung wurde allmählich eine bewußte, konzentrierte Reaktion der Abwehr. Darin, daß ich stillstand und abwartete, bis es dem Mann am Bildwerfer einfiel, ein neues Dia einzuschieben, lag meine einzige Hoffnung. Ich verlor jedes Gefühl für Zeit.
Ich wußte nicht, ob man mich sehen konnte - aber mir war, als wären Millionen Augen auf mich gerichtet. Es schien mir unmöglich zu sein, daß ich auf die Dauer unentdeckt blieb. Und doch war es so.
Das Licht erlosch so unvermittelt, wie es über mich hergefallen war, und nicht ein einziger Schuß war auf mich
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