Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII
„Tom", sagte ich, „hast du denn total den Verstand verloren?"
Tom Collins stand auf und klopfte seine Jacke ab. Sein Blick verriet mir, wie sinnlos diese Hoffnung gewesen war.
„Aus alter Freundschaft", sagte er, „wirklich, aus alter Freundschaft wollte ich für mich behalten, was ich von dir weiß, Mark. Aber damit ist es jetzt vorbei. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Ich werde jetzt die Dritte Abteilung verständigen, und wenn du etwas zu gestehen hast, dann tu es lieber gleich, bevor man dich in die Mangel nimmt."
Er wollte zum Telefon gehen, doch ich trat ihm in den Weg, und ohne noch länger Rücksicht zu nehmen auf die Abhorchwagen in den Straßen, sagte ich: „Tom, auch wenn du meinst, daß auf ihrer Seite der Zuk-ker süßer schmeckt - du kannst dich ihnen doch nicht mit Haut und Haaren verschrieben haben." Genausogut hätte ich mit einer Wand reden können. Tom Collins schob mich zur Seite und setzte seinen Weg fort.
„Gib's auf, Mark!" sagte er. „Du wirst mich doch nicht überreden können, meine Pflicht zu vergessen." Ich holte ihn ein und faßte ihn bei den Schultern - und ein letztes Mal versuchte ich, ihm seine Absicht auszureden.
„Ich an deiner Stelle würde es nicht mit Gewalt drauf ankommen lassen. Bisher habe ich dich noch immer geschlagen. Du rauchst zuviel, du trinkst zuviel, deine Kondition läßt zu wünschen übrig. Also komm und setz dich hin, trink ein Glas mit mir und laß uns wie vernünftige Menschen miteinander reden." Collins riß sich hastig los, trat einen Schritt zurück und griff in die Tasche. Darauf war ich nicht vorbereitet. Und damit bin ich an dem, was weiter geschah, in gewisser Weise mitschuldig. Ich hätte zu diesem Zeitpunkt bereits erkannt haben müssen, daß er auf diese oder eine ähnliche Art reagieren würde. So jedoch durchschaute ich seine Absicht nicht sofort - und als ich begriff, wie weit Collins zu gehen entschlossen war, war es bereits zu spät, um noch etwas verhindern zu können. Tom Collins zielte mit einer kleinen Laserpistole auf mich. „O nein, Mark", sagte Tom Collins, „o nein. Du hältst mich nicht auf. Auch wenn du mir drohst: du wirst bekommen, was dir zusteht." Die auf mich gerichtete Waffe ließ mich zurückweichen. Mit gläserner Klarheit spürte ich, daß mein Leben an einem seidenen Faden hing. Tom Collins' Augen lauerten auf einen Anlaß, um abzudrücken, während er sich seitwärts auf das Telefon zubewegte. Als er die linke Hand danach ausstreckte, wobei seine Wachsamkeit für den Bruchteil einer Sekunde nachließ, warf ich die Whiskyflasche nach ihm. Sie verfehlte ihr Ziel, weil Tom Collins mit einer geschmeidigen Bewegung auswich, trotzdem verschaffte sie mir die Gelegenheit, ihn anzuspringen. Ich bekam seinen Arm mit der Waffe zu fassen und drehte ihn zur Seite. Tom Collins wehrte sich. Er war stärker, als ich ihn seit unserer letzten Rauferei in Erinnerung hatte, oder ich selbst war müde und erschöpft und nicht mehr in guter Form: auf jeden Fall machte er mir zu schaffen. Er trat mit den Knien nach mir und zerrte mit seiner freien linken Hand an meinen Haaren.
Um den Kampf zu einem Ende zu bringen, holte ich mit dem rechten Fuß aus und schlug ihm die Beine unter dem Leib weg. Collins stöhnte auf und wurde plötzlich schlaff. Seine linke Hand ließ mein Haar los, fiel herab auf meine Schulter, verkrampfte sich in den Jackenstoff und öffnete sich wieder.
Als er auf dem Fußboden lag, beförderte ich die Waffe mit einem Fußtritt in eine Ecke. „Tom", sagte ich - so sanft, wie es mir in der Erregung möglich war, „mußte es wirklich so weit zwischen uns kommen?"
Tom Collins gab keine Antwort. Er lag auf der Seite und bewegte sich nicht. Anfangs glaubte ich, der Aufprall hätte ihn betäubt. Ich bückte mich und rollte ihn auf die Seite. Seine Augen blickten sonderbar glasig ins Leere. Auf seiner Brust war eine kleine versengte Stelle. Während wir miteinander rangen, hatte er sich selbst erschossen.
Auf einmal vergaß ich, was sich soeben zwischen uns ereignet hatte, und Wut und Haß und Erregung klangen ab. Wie er da lag und sich nicht rührte, war er wieder mein Freund - jener Tom Collins, den ich so gut kannte. Ich kniete neben ihm nieder und nahm ihn in die Arme. „Es tut mir leid, Tom", sagte ich leise. „Es tut mir leid. Das habe ich nicht gewollt." Plötzlich verspürte ich an meiner Hand, mit der ich seinen Hinterkopf stützte, einen leichten Schmerz. Ich zog sie zurück: aus meinem
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