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Weltraumpartisanen 18: Sirius-Patrouille

Weltraumpartisanen 18: Sirius-Patrouille

Titel: Weltraumpartisanen 18: Sirius-Patrouille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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wartete. Worauf wartete er? Darauf, daß die Tür aufging und ein strahlender Stroganow verkündete, alles sei halb so schlimm? Es war schlimm. Ein Mann wie Commander Brandis verlor nicht das Bewußtsein, wenn es nicht schlimm war.
    Seebeck war Zeuge des Unfalls; er wußte, daß es nur Lieutenant Demnitz’ geistesgegenwärtiger Reaktion zu verdanken war, daß das Allerschlimmste hatte vermieden werden können. Es war der überflüssigste Unfall, den es je gegeben hatte. Der überflüssigste und – Seebeck verspürte eine jähe Angst – vielleicht auch der folgenschwerste. Seebeck sah auf die Uhr. Er wartete seit einer halben Stunde – und immer noch ging die Tür nicht auf.
    Seebeck nahm sich ein Herz, klopfte an und trat leise ein.
    Commander Brandis lag, bleich und mit geschlossenen Augen, auf seiner Koje.
    Lieutenant Stroganow war damit beschäftigt, seine Tasche wieder einzuräumen. Auf dem Wandbrett lagen eine gebrauchte Injektionsspritze und eine geöffnete Ampulle.
    Seebeck wartete ab.
    Lieutenant Stroganow schien sein Eintreten nicht bemerkt zu haben.
    Seebeck fragte: »Wie geht es ihm?«
    Lieutenant Stroganow blickte auf und wiegte den Kopf.
    »Nicht eben gut, Mr. Seebeck. Ich bin kein Arzt und kann nichts Endgültiges sagen. Ich weiß nicht, ob die Rippen gebrochen sind. Ich weiß nicht, ob er an inneren Blutungen leidet. Auf jeden Fall ist sein Zustand ernst.«
    Dem grauköpfigen Navigator, der, wie Seebeck wußte, seit zwölf schwierigen Jahren nicht von der Seite seines Commanders gewichen war, der mit ihm die grausamen Monate des Bürgerkrieges erlebt und danach auf unzähligen Testflügen, Expeditionen und schwierigen Einsätzen jede Gefahr und jeden Erfolg geteilt hatte, fiel es sichtlich schwer, ruhig zu bleiben. Was den Sibiriaken mit dem verwitterten Gesicht eines einsamen Taigajägers mit seinem Commander verband, über alle dienstlichen Belange hinaus – Seebeck war sich darüber im klaren, daß ihm dafür, mochte er selbst alt werden wie Methusalem, ein Leben lang die passenden Worte fehlen würden. Es war mehr als Treue, es war mehr als Freundschaft; es hatte etwas mit Liebe zu tun. Es war stark, es war unzerreißbar – und zugleich war es ohne Namen und ohne Worte.
    Seebeck beugte sich über die Koje. Commander Brandis war unverändert ohne Bewußtsein. Er atmete flach, wie unter Schmerzen, und dann und wann verkrampfte sich seine ausgestreckte rechte Hand.
    Und alles, was der getreue Lieutenant Stroganow für ihn zu tun vermochte, erschöpfte sich im Aufziehen einer schmerzlindernden Spritze.
    Seebeck richtete sich auf.
    »Was tut der Kommandant?«
    »Er wartet auf meine Diagnose.«
    »Und wozu werden Sie ihn veranlassen?«
    Lieutenant Stroganow warf einen Blick auf seinen Commander; über sein verwittertes Gesicht wehte ein Schatten. Nach außen hin gab er sich ruhig und gefaßt – doch in Wirklichkeit verging er vor Unruhe und Sorge. Was ihn vor einem unkontrollierten Gefühlsausbruch bewahrte, war dies: daß er durch eine harte Schule gegangen war. Die Disziplin stärkte ihm den Rücken.
    »Den Uranus anzusteuern, Mr. Seebeck. Dort gibt es neuerdings, seit den Goldfunden, eine Klinik – mit ein paar hervorragenden Ärzten.«
    Seebeck wußte davon. Professor Dr. Adler, der die Klinik leitete, war ein alter Jugendfreund. Seebeck überlegte. Adler war ein erstklassiger Chirurg mit großer Erfahrung; er würde nichts unversucht lassen. Eine bessere Entscheidung, als den Uranus anzusteuern, konnte es nicht geben.
    Allerdings – es würde ein Wettrennen sein. Auch der kalte Atem des Todes würde nichts unversucht lassen.
    »Und wann«, fragte Seebeck, »könnten wir dort sein?«
    Lieutenant Stroganow hatte die Rechnung bereits gemacht.
    »In fünfundsechzig Stunden – vorausgesetzt, wir vertrödeln jetzt keine Zeit mehr.«
    Lieutenant Stroganow zwängte sich an Seebeck vorüber zur Tür.
    »Entschuldigen Sie mich. Der Kommandant wartet.«
    Seebeck war mit Commander Brandis allein.
    Ehrungen, Triumphe, Auszeichnungen … alles war verweht. Nie im Leben hatte sich Seebeck hilfloser gefühlt, nie elender, nie schuldbewußter. Kein Mensch machte ihm Vorwürfe. Es war ein Unfall gewesen. Solche Unfälle geschahen. Selbst die Besten, die Erfahrensten, waren dagegen nicht gefeit. Eine Verkettung von Umständen …
    Der Unfall war allgegenwärtig wie der Tod. Er schlug zu wie ein Blitz aus heiterem Himmel – und im Blut und im Schmerz erstarrte das eben noch zukunftsträchtige Lachen. Aber

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