Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Titel: Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
Aussicht versprach auf Erfolg. 
    Captain Romen schüttelte sich die schwarze Mähne aus der Stirn und zwang sich zur Ruhe. Wenn er zu ungeduldig wurde, wußte er, verpatzte er das Spiel – und dann war alles verloren. Er benötigte einen kühlen Kopf, eine ruhige Hand und ein geschärftes Gehör. Und natürlich, damit es echt aussah, Leidenschaft. Vorhin hatte er gefröstelt; nun jedoch schwitzte er. Das war gut. Das Schwitzen gehörte dazu. Captain Romens Gedanken arbeiteten. 
    Die Gelegenheiten, zu denen er aufgespielt hatte, waren nicht zu zählen: Bordfeste, Kasinogelage, Hochzeiten, Kindstaufen, Familientreffen. Und dann dieser unvergeßliche Auftritt in der Komet-Bar von Las Lunas. In der gesamten VEGA-Flotte war die Geschichte herumgegangen. In der gesamten VEGA-Flotte war er durch seine Mundharmonika und seinen Hang zur Violine berühmt und berüchtigt. 
    Nie zuvor jedoch hatte er es zu tun gehabt mit einem vergleichbaren Publikum: mit einem Teleskopauge, das ihn anglotzte, mit einem Mikrofon, das ihn eher abhörte, als daß es ihm zuhörte, und mit einer birnenförmigen Glasglocke auf einem schwarzen Podest, in dem als Herr über Leben und Tod und Kommandant eines gottlosen Schiffes ein krankes, verbrecherisches Gehirn schwebte. Captain Romen war sich der Tatsache bewußt, daß er im wahrsten Sinn des Wortes um sein Leben und das seiner Kameraden spielte.
    Und er war sich der Tatsache bewußt, daß er auf halsbrecherische Art und Weise improvisierte. Als die Gelegenheit sich bot, hatte er sie beim Schopf ergriffen. Nichts war vorbereitet, nichts abgesprochen. Wann endlich würden die Männer begreifen?
    Captain Romen bewegte die Lippen: »Mitsingen! Lieutenant Torrente, ich erteile Ihnen einen dienstlichen Befehl! Fangen Sie an!«
    Lieutenant Torrente bekam kalkweiße Lippen, aber er gehorchte und stimmte ein: »Uns ist nichts verboten, wir tun, was uns gefällt.«
    Später sagte Lieutenant Torrente aus: Irgendetwas, vielleicht der kühle, nüchterne Klang seiner Stimme, muß mich dann doch überzeugt haben. Es war ein zum Musizieren weiß Gott wenig einladender Ort: hinter uns der stiernackige Tibetaner und der Erste Steuermann mit der entsicherten Bell, und vor uns, im Schutz der elektronischen Mauer, das spinnengleiche Monstrum namens Ahmed Khan. Wenn ich dann doch lauthals gesungen habe, dann weil es mir klar war, daß es unsere letzte Chance war.
    »Wir sind die Raumpiloten, direkt vom Arsch der Welt«
    Wummm! Es rumste. Die Vendetta schüttelte sich. Man benötigte kein BVN und brauchte auch kein Hellseher zu sein, um zu wissen, was da los war. Es war das Geräusch eines verpatzten Manövers. Das Dingi mit der betrunkenen Meute hatte den Landeanflug verfehlt und war gegen die Klappe gestoßen. Die roten und grünen Lämpchen flackerten wütend. Das Gehirn sprach mit dem Dingi und jagte es für einen neuerlichen Landeanflug in den Raum zurück. Das schrille Röhren, das eben noch Captains Romens Spiel übertönt hatte, entfernte sich wieder. Das Triebwerk lief noch unsauberer als zuvor. Das hysterische Geflacker erlosch.
    Das Podest sagte: »Blödes Volk!«
    Captain Romen spürte, wie ihm der Schweiß über das Gesicht lief. Er fiedelte mit aller Leidenschaft, mit aller Inbrunst, mit aller Verwegenheit. Er fiedelte mit dem Mut und mit der Kraft der Verzweiflung. Und er ließ einen Stoßseufzer los, als endlich, endlich auch die anderen Männer einfielen: »Die allerschlimmsten Nieten der Weltraumlotterie …«
    Die Männer standen jetzt Schulter an Schulter. Sie brüllten aus voller Kehle: »… das sind die Raumbanditen mit ihrem Spinnenvieh!«
    Der Ton der Geige schraubte sich in die Höhe. 
    Das Podest beschwerte sich.
    »Aufhören! Sofort aufhören!«
    Lieutenant Kardorff sagte später aus: Er hatte ja völlig recht, denn anders ließ sich die elektronische Mauer nicht bezwingen. Und dennoch war es mit Abstand das Absurdeste, was ich je in meinem Leben erlebt habe. Captain Romen setzte die Violine ein wie eine Waffe. Er handhabte sie mit der Sicherheit eines gefeierten Konzertgeigers und zugleich mit der Konsequenz eines erfahrenen Pioniersoldaten. Es war absurd, es war wahnwitzig, es war toll. Aber zugleich war es erregend und erhebend. Es war ein Triumph. Es war der Sieg des Geistes über die Materie …
    Captain Romen kümmerte sich nicht um den Protest. Die Geige stimmte die nächste Strophe an, und nun fielen auch die beiden Fulgor -Piloten mit ein. Sieben kräftige Männerstimmen

Weitere Kostenlose Bücher