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Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Titel: Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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wieder an Bord zu nehmen. Mit gedämpftem Zischen fuhr die Landeklappe auf. Das BVN-Relais summte: ein Zeichen dafür, daß auf dem Landedeck die Kameras in Betrieb waren.
    Captain Romen wartete nicht länger ab. Die Zeit zum Handeln war gekommen, aber nun zerrann sie ihm zwischen den Fingern. Seine Stimme klang heiser, als er sagte: »Kommandant, ich nehme an.«
     
    Lieutenant Prado sagte später aus: Es war ein Schock. Ich traute meinen Ohren nicht. Ich wußte ja nicht, worauf er hinauswollte, und mußte glauben, daß er uns im Stich ließ und zu den Piraten überging.
    Die Lämpchen erloschen. Das Teleskopauge glotzte. Das Podest wartete ab.
    Captain Romen gab die Bedingungen seiner Kapitulation bekannt.
    »Sie haben mir angeboten, in Ihre Dienste zu treten – als Ausbilder in Musik. Nun gut, ich bin bereit und werde es unter Beweis stellen. Sagen Sie dem Chromkopf, der noch nicht einmal ein astronomisches Besteck nehmen kann, er soll mir die Geige bringen.«
    Lieutenant Anderson sagte später aus: In diesem Augenblick habe ich ernsthaft an Captain Romens Verstand gezweifelt. Hier ging es um Leben und Tod – und ihn verlangte es nach der Geige! Alles sprach dafür, daß er unter der ungeheuren seelischen Belastung, unter der wir ja alle standen, übergeschnappt war. Es hörte sich ja auch wirklich verrückt an, was er sagte …
    Captain Romen sagte: »Kommandant, es gibt da ein paar gepfefferte Zigeunerlieder …«
    Ahmed Khan hatte sich von seiner Verblüffung erholt. Ahmed Khan lachte. Das Podest schüttelte sich. Der Lautsprecher schepperte, klirrte und keuchte.
    »Los, los, los, Fiorentino! Was stehen Sie noch herum? Bringen Sie unserem Teufelsgeiger schon die gewünschte Stradivari! Musik ist alles, was uns noch fehlt. Vielleicht fällt ihm beim Auszug der Fulgor -Piloten der passende Trauermarsch ein!«
    Auf der Vendetta war dies der Witz der Woche. Zuerst stimmte der Tibetaner in das widerwärtige Gelächter ein, danach auch der Erste Steuermann. Und schließlich krümmte sich auch Captain Romen vor Lachen, ohne sich durch die wütenden Blicke seiner Lieutenants beirren zu lassen.
    »Hohoho!« schepperte das Podest.
    »Hihihi!« kicherte der Chief Agent.
    »Hahaha!« brüllte Captain Romen.
    Fiorentino liefen die Tränen über das Gesicht. Mit der linken Hand hielt er sich den Bauch, mit der rechten die Geige.
    »Hohoho!« klirrte das Podest.
    »Hihihi!« kicherte der Tibetaner.
    Captain Romen hörte auf zu lachen, ergriff Geige und Bogen, prüfte die Spannung der Saiten, schob sich das Instrument unter das Kinn und legte los. Das Teleskopauge glotzte. Es bestaunte die Verwandlung, die im Gesicht des neuangeworbenen Ausbilders für Musik vonstatten ging. Einerseits war es das Gesicht eines wilden, fiedelnden Zigeuners, wie man es manchmal noch auf alten Gemälden und Fotografien zu sehen bekommt. Aber zugleich trug es den konzentrierten Ausdruck eines angreifenden Piloten. Das Teleskopauge bewegte sich verunsichert ein paarmal vor und zurück. Die Situation war ihm neu.
    In der Tat: Der Übergang vom blöden Gelächter zum virtuosen Spiel war blitzartig. Captain Romen warf den Kopf in den Nacken und entlockte der Stradivari die Melodie eines weithin bekannten Zigeunerliedes, zu dem es einen erheblich weniger bekannten Text gab.
    Lieutenant Krosanke sagte später aus: Als er dann auch noch wollte, daß wir mitsangen, hätte ich ihm an den Hals gehen können. Nur der Gedanke an die Bell hielt mich zurück. Das Schicksal der beiden Fulgor -Leute war besiegelt, jede Sekunde mußte die betrunkene, entmenschte Horde über sie herfallen, aber statt etwas zu unternehmen, stand er da, spielte Geige und hatte überdies noch den traurigen Mut, uns zum Mitsingen aufzufordern. 
    Captain Romen runzelte die Stirn. Er setzte die Geige ab, sagte: »Verzeihung!«, und stimmte die Saiten.
    Das Podest drängelte: »Weiterspielen, weiterspielen!«
    Captain Romen antwortete mit einer höflichen Verneigung und den Worten: »Ihr Wunsch ist mir Befehl, Kommandant!«
    Danach schob er sich zum zweitenmal die Geige unter das Kinn, sagte vorwurfsvoll: »Gentlemen, ich vermisse Ihren Gesang!«, und legte von neuem los.
    Lieutenant Prado sagte später aus: Gewiß hatten wir von dem Skandal in der Komet-Bar gehört – aber darauf mußte man schließlich erst kommen. Irgendwann fiel bei mir zum Glück der Groschen. Es war, wenn man so will, so ziemlich das Verrückteste, was man sich denken konnte, zugleich jedoch das einzige, was

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