Weltraumpartisanen 22: Raumposition Oberon
FK..."
„Ja?"
„Er singt, Sir."
„Was?"
„Ich glaube, Sir, das Lied heißt O wie lieblich ist's und fein"
„Ich komme."
Ich schaltete das Bordbuch ab, das ich mit meinem Eintrag über den vorgenommenen Kurswechsel versehen hatte, und begab mich ins FK.
Lieutenant Levy hatte den Lautsprecher voll aufgedreht. Auf Astrostat III hatte man allen Grund, sich zu beschweren. Ein mächtiger Baß röhrte:
O wie lieblich ist 's und fein, in dem Herrn vereint zu sein und in trautem Bruderkreis ihm zu bringen Lob und Preis!
Das war - unverkennbar - ein weitverbreitetes Kirchenlied. Aus dem 18. Jahrhundert.
Eine ferne Stimme - wahrscheinlich die von Astrostat III - ging dazwischen: „Aufhören! Sofort aufhören! Sie behindern meinen Funkverkehr. Sofort aufhören, oder ich erstatte Anzeige!"
Die Drohung schien zu wirken. Eine Weile lang war lediglich ein ferner, dezenter Engelschor zu hören. Dann aber stimmte der mächtige Baß die nächste Strophe an:
Halleluja sei dem Herrn dargebracht von nah und fern;
Dank sei ihm in dieser Zeit, Lob und Ehr in Ewigkeit!
„Aufhören!" zeterte die protestierende Stimme. „Das können Sie mir doch nicht antun! Sie sabotieren meine Frequenz! Warum zum Teufel suchen Sie sich nicht eine andere aus! Hören Sie auf, oder ich komme hin und bringe Sie um!"
Der Gesang war verstummt. Statt dessen sagte der mächtige Baß: „Sohn, du versündigst dich. Sei endlich still und öffne deine Ohren dem Heil!"
Lieutenant Levy schaltete ab, als der mächtige Baß das nächste Lied anstimmte.
„Haben Sie dafür eine Erklärung?"
Ich hatte sie nicht, aber ich sagte: „Peilen Sie ihn ein, damit wir nicht erst lange zu suchen haben. Und sagen Sie Astrostat III, daß wir uns um die Sache kümmern. Was da passiert, geht wirklich zu weit."
Fünf Minuten später wußten wir, wo wir den Übeltäter zu stellen hatten - bei seinem Überwechseln in das Raumgebiet ISO: India Sierra Oskar. Die Peilungen, die Lieutenant O'Brien mit Hilfe von Astrostat III vorgenommen hatte, ergaben, daß sich unser Sänger mit mäßiger Geschwindigkeit auf der SIV bewegte, auf der Frachterstraße, die von der vorgeschobenen Raumplattform Stellanorm IV zur Venus führt.
Uns blieben dreiundsechzig Minuten Zeit. Ich holte aus der Messe zwei Becher Kaffee und kehrte damit ins Kartenhaus ein. Lieutenant Stroganow, der hinter dem Navigationsrechner saß, blickte auf.
„Nun, Sir, haben Sie beschlossen, sich bekehren zu lassen?"
Ich klemmte mich auf den Drehschemel neben dem Flightcomputer und stellte die Becher ab.
„Sie kennen den Burschen?"
Um die Augen meines langjährigen Navigators bildete sich ein Kranz von Falten.
„Ob Sie's mir glauben oder nicht, Sir - einmal hätte er mich doch fast getauft. Ich kam nur davon, weil ich schwor, bereits getauft zu sein. Das war, wenn mich nicht alles täuscht, im Jahr achtundsechzig, ein paar Monate, bevor ich zu Ihnen auf die Delta VII kam."
Die Delta VII. Was waren das damals noch wilde Zeiten gewesen! Als ich Stroganow und Ibaka in der Bar begegnete. Als die Reinigende Flamme die Macht übernahm. Als es erstmals einen Commander Brandis gab. Und eine Ruth O'Hara, die so viel Mut hatte und so viel Vertrauen ...
Ich schlürfte den heißen Kaffee.
„Ein Verrückter?"
Lieutenant Stroganow schüttelte den Kopf.
„Alles andere, Sir. Sein Name ist O'Connery. Er ist ein waschechter Ire. Anfang der sechziger Jahre war er einer der reichsten Männer der EAAU. Dann, auf einmal, knallte er alles hin und ging ins Kloster. Als man wieder von ihm hörte, hatte er sich einen Raumfrachter gekauft, ihn für seine Zwecke umbauen lassen und war damit unterwegs. Er klapperte die Raumkolonien und Plattformen ab - mit der Bibel in der Hand, so eine Art Wanderprediger. Man nennt ihn Pater Himmlisch."
Zwischen Himmel und Erde gab es kaum etwas, was Iwan Stroganow nicht kannte. Mit seinen zweiundsechzig Jahren war er nicht nur ein alter, erfahrener Navigator, sondern darüber hinaus ein Mann, der die Geschichte der modernen Astronautik tatkräftig mitbestimmt hatte und alle ihre Geschichten kannte. Mit Leichtigkeit hätte er es zum Commander bringen können; aus irgendeinem Grunde zog er es vor, mit dem bescheidenen Rang eines Lieutenants weiterhin als Navigator zu fliegen: seit nunmehr vierzehn Jahren unter meinem Kommando. Während alle anderen Gesichter wechselten, war er mir von einem Schiff auf das andere gefolgt, und als ich meinen Dienst bei der VEGA quittierte, um zur UGzRR
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