Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor

Titel: Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
auf dem sich nach Anweisung des Bordcomputers zwei sich kreuzende Linien abzeichneten: der zu haltende Kurs.
    Ich wollte mich zwingen, alles zu sehen, alles zu hören, mir alles zu merken, aber nicht zu denken. Es mißlang. Ich sah alles, ich hörte alles und fühlte mich halbtot vor Angst.
    „Frage: Fahrt?"
    „Negativ plus sieben."
    Was bedeutete: Fahrt? Tatsache war, daß wir noch immer stürzten. Wir glichen einem Kutter in der Strömung. Die Maschine des Kutters war schwach, die Strömung, die ihm entgegenstand, stark.
    „Frage: Fahrt?"
    „Negativ plus vier."
    Brandis nickte. Drei Punkte. Brandis schien nicht überrascht zu sein. Der Kutter begann, sich gegen die Strömung durchzusetzen. Die Henri Dunant war immerhin ein Rettungskreuzer: dafür gebaut, um unter extremen Bedingungen standzuhalten. Vielleicht war meine Angst unbegründet.
    Lieutenant Levy betrat die Brücke. „Darf ich stören, Sir?"
    Brandis wandte den Kopf. „Was gibt's?"
    Levy legte mit zwei spitzen Fingern eine ziselierte Damenpistole auf das Pult.
    „Zum Andenken an eine Rettungstat!" sagte er. „Das Stimmwunder hat versucht, sich damit ins Herz zu schießen. Es war nur in der Anatomie nicht sehr bewandert. Der Schuß versengte ihm die Achselhöhle."
    „Und was", erkundigte sich Brandis, „hat ihn dazu veranlaßt? Liegt es an unserer Gesellschaft?"
    Levy machte ein tragisches Gesicht.
    „Owen Sheriff Sir, findet, daß das Leben keinen Sinn mehr für ihn hat. Der Sinn seines Lebens war die goldene Gitarre."
    Captess Kato sah sich um. Ihre Stimme klang empört. „Einer webt immer!"
    Levy blickte ratlos.
    „Spinnt!" sagte der Lautsprecher-Baß.
    „Aha!" sagte Levy.
    „Sperren Sie ihn ein, Lieutenant!" sagte Brandis.
    „Schon geschehen, Sir", erwiderte Levy. „Er sitzt im Scheißhaus und heult sich aus."
    „Frage: Fahrt?" sagte Brandis.
    „Plus minus null", sagte der Lautsprecher-Baß. „Sie sollten einen ausgeben, Sir."
    Wir hatten aufgehört zu stürzen, aber wir machten auch keine Fahrt voraus. In der unendlichen Leere des Raumes stand die Henri Dunant als Mittelpunkt eines Gleichgewichts der Kräfte auf der Stelle.
----
    6.
    17.11.2084
    Allmählich dämmerte mir, daß wir soeben Geschichte gemacht hatten. Ein neues Kapitel der Raumfahrt brach an. Als erstes Schiff unter den Sternen war die Henri Dunant hinabgetaucht in den Strudel eines Schwarzen Lochs und wohlbehalten wieder an die glatte Oberfläche zurückgekehrt. Und nicht nur das. Sie hatte überdies der Hölle zehn bereits verloren gewesene Seelen entrissen. Es war eine Sensation. Und ich, Martin Seebeck, Schriftsteller und Journalist, Träger des Pulitzerpreises, bekannt für zupackende Reportagen, war Augenzeuge. Was sich zugetragen hatte, war ein LF-Gespräch mit meiner Redaktion in New York wert. Ein paar Bilder, ein paar kommentierende Worte -: es gab keine Zeitung im ganzen Land, die sich nicht darum gerissen hätte. Ich prägte mir ein paar Formulierungen ein:
    Um die schiffbrüchige Besatzung eines Hospitalschiffs vor dem grauenhaften Ende in einem Schwarzen Loch zu bewahren, setzte Commander Mark Brandis, Erster Vormann der Unabhängigen Gesellschaft zur Rettung Raumschiffbrüchiger (UGzRR) mit dem von ihm geführten Raumrettungskreuzer Henri Dunant heute eine bisher als unumstößlich bezeichnete Regel der Raumfahrt außer Kraft...
    Brandis und Captess Kato berieten sich vor der Kartenwand. Ich warf die Gurte ab, stand auf und schoß von ihnen ein halbes Dutzend Fotos. Sie schenkten dem keine Beachtung. Danach nahm ich den belichteten Film aus dem Apparat, steckte ihn ein und enterte hoch in den Funkraum.
    Dort war Lieutenant Levy in eine Auseinandersetzung mit Commander Busch verwickelt.
    Eine Stunde lang - oder war es nur eine halbe gewesen? - hatte ich den Superkargo der Globe Finance völlig vergessen. Nach seinem Zerwürfnis mit Brandis hatte er sich auf der Brücke nicht mehr gezeigt. Nun verlangte er nach einem LF-Gespräch mit seinem Vorgesetzten, Dr. Mildrich.
    „Später!" sagte Levy.
    „Auf der Stelle!" beharrte Busch aufgebracht.
    „Auf der Stelle geht nichts 'raus", erklärte Levy. „Wir sind auf dem toten Gleis. Versuchen Sie's selbst, wenn Sie mir nicht glauben." Levy entdeckte die Papiere in meiner Hand. „Sie etwa auch?"
    Ich knallte die Papiere auf den Tisch.
    „Ein LF nach New York, wenn ich darum bitten dürfte, Mr. Levy."
    Levy schob mir die Papiere wieder zu. „Später!" sagte er.
    Ich war kein Superkargo, den man vertrösten

Weitere Kostenlose Bücher