Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor
nicht mitgemacht hatte, war er kaum zum Ausspannen gekommen. Dennoch schien er, wie er da die Lagebesprechung leitete, die Ruhe in Person zu sein. Der legendäre Ruf, den er genoß, kam nicht von ungefähr. Hinter ihm lag die Erfahrung unzähliger astraler Reisen - doch dies reichte als Erklärung nicht aus. Auch Busch war ein Astronaut mit Erfahrung, auch McKay von der Paracelsus - dennoch gehörten sie einer anderen Klasse an, und das schlug auch jetzt wieder durch.
Busch schüttelte unwillig den Kopf.
„Wie es dazu gekommen ist, ist eine Sache, Mr. Brandis, und daß Sie dann die Flinte ins Korn geworfen haben, ist eine andere. Ich wiederhole: das Triebwerk abzuschalten, war ein Fehler. Noch ein paar Anstrengungen, und wir hätten uns aus der Falle gewühlt!"
„Hätten wir das, Lieutenant?" Brandis' Blick ruhte auf dem schwarzhäutigen Chief der Henri Dunant. „Nehmen Sie kein Blatt vor den Mund!"
„Nein, Sir." Bill Xuma sprach zu uns allen. „Noch ein solcher Versuch - und wir hätten mit einem ausgeglühten Triebwerk dagesessen, nicht anders als die Paracelsus. Das Abschalten hätte keine Minute später erfolgen dürfen."
Busch wischte etwas Unsichtbares hinweg. „Ich bin anderer Ansicht."
„Ich weiß, Mr. Busch", erwiderte Brandis, „und ich respektiere das. Aber ich habe nun einmal das Kommando über dieses Schiff und trage die Verantwortung."
„Indem Sie den Dingen Ihren Lauf lassen?" Buschs Stimme klang schrill. „Sehen Sie sich das an!" Er wies seine linke Hand vor. Der schwere Wappenring darauf schlotterte. „Wir verändern uns. Das kann Ihnen doch nicht entgangen sein. Unternehmen Sie etwas!" Es hörte sich fast an wie ein Hilferuf.
Brandis hatte Busch ausreden lassen. Nun wandte er sich an den Navigator.
„Haben Sie es durchgerechnet?"
Strcganow trat einen halben Schritt vor. Wären die grauen Haare nicht gewesen - man hätte dem breitschultrigen Sibiriaken sein Alter nicht angesehen. Er trug seine sechs Lebensjahrzehnte, als wären sie leichtes Gepäck.
„Ja, Sir."
„Und haben wir Ihrer Ansicht nach eine Chance?"
„Theoretisch ja." Stroganow wiegte den Kopf. „Praktisch kann man's nicht wissen. Es gibt keine Beispiele."
„Erklären Sie's!"
„Aye, aye, Sir." Stroganow dachte nach. Danach entwickelte er den Plan. Dieser war ebenso einfach wie kühn. „Wir haben die Erfahrung gemacht, daß wir uns, indem wir stur gegenanhalten, nicht freistrampeln können. Nun kehren wir den Spieß um. Dazu benötigen wir das Triebwerk. Phase eins: Wir drehen das Schiff." Stroganows kräftige Hände verdeutlichten das Manöver. „Wir haben das Schiff gedreht, und damit kommen wir zu Phase zwei. Der Sturz geht unverändert weiter: mit einer Drift von dreiundneunzig Punkten, doch jetzt nicht mehr negativ, sondern positiv. Das Ganze ist eine Frage der Relativität. Jetzt geben wir unseren eigenen Dampf dazu: volles Rohr! Wir verdoppeln unseren Sturz auf plus hundertsechsundachtzig positiv. Klar?" Niemand sprach. Alle hielten den Atem an. Stroganows Hände kündigten den Höhepunkt des Manövers an. „Phase drei: Wir brechen seitwärts aus und dampfen gemütlich nach Hause."
„Oder auch nicht", setzte Brandis hinzu. „Es kann auch sein, wir holen uns bei unserem Ausbruchsversuch eine gewaltige Beule."
„Schlimmer!" bemerkte Commander Busch. „Wir werden uns das Genick brechen."
Etwas von seiner Steifheit war dahin. Zum erstenmal kehrte er nicht den Superkargo hervor: den Aufpasser der Globe Finance. Er warf lediglich seine Ansicht in die Waagschale.
Brandis nickte ihm zu.
„Vielleicht auch das, Mr. Busch. Sie sehen, ich bin mit Ihnen völlig einig - auch darin, daß etwas geschehen muß. Und zwar muß es sofort geschehen, bevor unsere physische Reduktion weiter fortschreitet."
Buschs Stimme wurde laut.
„Ihr Manöver ist das eines Desperados, Mr. Brandis. Es muß mit einer Katastrophe enden. Auch in der Astronautik läßt sich der Teufel nicht mit Beelzebub austreiben!"
Brandis senkte ein wenig den Kopf.
„Sie sollten Ihren Protest zu Protokoll geben, Mr. Busch. Das ist Ihr gutes Recht. Ich jedoch muß mich an die Arbeit machen. Wir müssen unseren Ausbruch eingeleitet, durchgeführt und beendet haben, bevor uns das Schiff über den Kopf wächst." Brandis warf einen Blick auf die Borduhr. „Wir drehen in ... sieben Minuten. In einer Minute erwarte ich die Klarschiffmeldungen."
Ich war der Sündenbock, und dies war möglicherweise der letzte Tag meines Lebens. Ich wollte mich
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