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Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor

Titel: Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Brandis, „und zwar jetzt!"
    Zwei, drei Sekunden - qualvolle Ewigkeiten - verstrichen, dann meldete sich der Lautsprecher noch einmal. „Es ist da, Sir."
    Brandis führ sich mit dem Ärmel über das erschöpfte Gesicht und rief den Kartenraum.
    „Frage: Fahrt?"
    „Positiv minus neunundneunzig."
    „Frage: Sind Sie sicher?"
    „Positiv, Sir, eindeutig positiv! Minus neunundneunzig. Jetzt achtundneunzig - zunehmend." Irgend etwas ging mit Stroganows Stimme vor: ein geheimer Jubel. „ Positiv minus siebenundneunzig - immer noch zunehmend. Sechsundneunzig."
    Langsam, Punkt um Punkt, machte das Schiff endlich wieder Fahrt voraus. Der Hund war von der Kette. Der Kutter kämpfte sich mit zitternden Bordwänden gegen die Strömung voran.
    „Frage: Fahrt?"
    „Positiv minus fünfundneunzig. Positiv minus vierundneunzig ... dreiundneunzig ... Es ist so weit, Sir! Wir kommen! Positiv minus vierundachtzig ... "
    Das Schwarze Loch war der Schütze, das Triebwerk der Bogen -und die Henri Dunant der Pfeil, der von der Sehne schnellt. Der jähe Sprung in der Beschleunigung hätte mir allenfalls das beklemmende Gefühl einer auf den Brustkorb drückenden Dampfwalze eingebracht: wenn ich mich angeschnallt auf meinem Platz befunden hätte. So riß er mir die Füße unter dem Leib weg.
    Ich verlor den Halt, flog durch den Raum und hielt mich fest.
    Das Dröhnen des Triebwerkes verstummte. Die Dampfwalze ließ von mir ab. Ich hing mit schmerzenden Knochen über dem Steuerpult und hielt mich am Regler fest. Der Regler - auch Schubgeber genannt - stand auf AUS.
    Die Situation, in die ich das Schiff gebracht hatte, steht in keinem Lehrbuch. Brandis meisterte sie dennoch auf Anhieb. Er stieß mich vom Regler fort, schaltete zurück auf VOLL, und während das Triebwerk erneut anfing zu röhren, rief er den Maschinenraum.
    „TÜ - Brücke. Wir hatten da eben eine kleine Panne. Ich brauch noch mal alles."
    „Sie haben jetzt alles, Sir", antwortete der Lautsprecher mit Bill Xumas Stimme.
    Brandis rief das Kartenhaus. „Frage: Fahrt?"
    „Negativ plus zwei."
    Die Henri Dunant trieb erneut achteraus.
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    7.
    18.11.2084
    Die Henri Dunant war, wie man es drastisch nannte, ins Loch gefallen. Sie trieb unaufhaltsam, mit wachsender Geschwindigkeit, achteraus. Das überanstrengte Triebwerk wühlte und wühlte, ohne der Zusätzlichen Gravitation auch nur einen Zoll Boden abzugewinnen. Als es heißzulaufen drohte, ließ es Brandis nach einem heftigen Wortwechsel mit Busch abschalten. Für 6 Uhr war eine Lagebesprechung auf der Brücke anberaumt. Bis dahin wurde Ruhe im Schiff angeordnet. Ich verbrachte ein paar schlaflose Stunden.
    Als O'Brien aufstand und die Kammer auf Zehenspitzen verließ, sah ich auf die Uhr. Dabei rutschte sie mir vom Handgelenk. Ich bückte mich, hob sie auf und stellte fest, daß mir das Metallarmband zu weit geworden war. Das Armband war mir zu weit, die Uhr zu groß und schwer. Ich beschloß, auf sie zu verzichten und legte sie auf das Kopfkissen.
    Danach stand ich auf und brach mir fast die Beine. Das Bett war höher geworden, der Fußboden lag niedriger. Fluchend hinkte ich zum Waschbecken - doch nur, um festzustellen, daß auch mit diesem jene verrückte Veränderung vorgegangen war, die mich mehr und mehr in Panik versetzte. Das Waschbecken schwebte in unbequemer Höhe. Meine Lust am Waschen verging im Handumdrehen.
    Im Spind eingelassen war ein Spiegel. Ich stellte mich davor und betrachtete mich. Mein Gesicht - kein Wunder - sah müde und zerknittert aus. Auf den Wangen lag der dunkle Schatten des sprießenden Bartes. Eigentlich machte ich einen ganz normalen Eindruck.
    Auf dem Weg zur Brücke rempelte ich zum erstenmal, seitdem ich mich an Bord befand, nirgendwo an. Die Wände hielten Abstand, die Decke hatte Mitleid mit meinem Kopf. Das Schiff kam mir vor, als sei es über Nacht gewachsen. Das galt auch für die Brücke, wo die Lagebesprechung bereits im Gange war. Es gab darin keine qualvolle Enge und kein übles Gedrängel. Die komplette Crew der Henri Dunant war versammelt, und auch das steife Gesicht von Commander Busch war zu sehen.
    Als ich mich dazugesellte, sagte Brandis gerade:
    „Es ist völlig müßig, jetzt noch darüber zu diskutieren, ob das, was passiert, unabwendbar war. Es ist passiert, und jetzt hat uns nur noch zu interessieren, auf welche Weise wir mit der Situation fertigwerden."
    Das Gefühl der Hochachtung, das ich für ihn empfand, wurde tiefer. Seit dem Producer-Job, den ich noch

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