Weltraumpartisanen 24: Astronautensonne
er da.
Ich erspähte ihn, als ich über dem Kraterrand das Dingi auf die Seite legte, um auf Gegenkurs zu gehen. Dem Namen, den seine Konstrukteure ihm gegeben hatten, machte er alle Ehre. Er war schnell, wendig und überaus tödlich. Als ich ihn erspähte, saß er mir bereits im Genick. Hätte man nicht mit Rücksicht auf seine geringe Größe an der Bewaffnung gespart, wäre das Schicksal des Dingis bereits mit seinem ersten Zustoßen besiegelt gewesen.
Wer immer den Sperber auch führte - er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Was ich tat, hatte weniger mit Überlegung zu tun als mit Reflexen - und die waren intakt geblieben. Hinter den Reflexen stand die Erfahrung. Unter den Sternen war ich ein alter Hase.
Ich sah ihn stürzen, drehte das Dingi zurück in den Krater - und die mir zugedachte vernichtende Ladung brachte an Backbord für den Bruchteil einer Sekunde die aufgewirbelten Staubpartikelchen zum Glühen, bevor sie auf das lunare Gestein aufschlug und dies in eine höllische Lohe verwandelte.
Danach war seine Energiekammer leer und mußte sich, bevor er seinen nächsten Schuß abgeben konnte, einige Sekunden lang regenerieren. Wäre er mit einer Mehrstufenkammer ausgerüstet gewesen, hätten mich die besten Reflexe nicht retten können.
Knapp über dem Grund fing ich das Dingi ab, zog es erneut in die Höhe und gab Schub. Auf dem eingespiegelten Teleskopbild war er nicht zu sehen. Ich wandte den Kopf. Der Sperber hatte sich bereits wieder in die Höhe geschraubt - aber noch nicht hoch genug, um mich ein zweites Mal überrumpeln zu können. Ich sah ihn sogar mit bloßem Auge. Das erste Zustoßen hatte er vermasselt: nun wollte er es besser und gründlicher machen. Er war schneller als das Dingi und darum im Vorteil. Von seiner Position aus beherrschte er ein gewaltiges Stück des lunaren Raumes. Wohin immer ich mich im Horizontalflug auch wenden mochte, saß er mir bereits im Genick. Und sobald ich das Dingi auf steigenden Kurs legte, um zunächst die Umlaufbahn und sodann die Weite des Raumes zu erreichen, war es ihm ein Leichtes, mich abzufangen.
Als er zustieß, hatte ich ihn nur flüchtig wahrgenommen. Ein Umstand freilich war mir nicht entgangen. Er trug keinerlei Kennzeichen. Nach internationalem Raumrecht war er nichts Besseres als ein gewöhnlicher Pirat. Der MSD mochte anders darüber denken, aber das Gesetz machte keine Ausnahmen.
Ein paar Sekunden lang hatte ich Zeit, um meine Gedanken zu ordnen und Ausschau zu halten nach dem rettenden Ausweg. Wahrscheinlich lag der Fehler bei mir. Ich war zu nachlässig gewesen, zu lasch in der Beurteilung der Lage, vielleicht auch zu gleichgültig. Ich hatte mich in die Überzeugung eingesponnen, mit der Mobilisierung des Generalstaatsanwaltes meine bürgerliche Pflicht erfüllt zu haben. Als Entschuldigung mochte gelten, daß ich das Komplott nicht durchschaute. Für die Redlichkeit der drei Gutachter hätte ich die Hand ins Feuer gelegt. Und im Schatten über dem Gelände hatte ich mehr eine Belästigung gesehen als eine unmittelbare Gefahr. Sb ganz auf dem Holzweg war ich mit dieser Einschätzung des Sachverhaltes gewiß nicht gewesen. Wäre Martin Seebeck nicht in Las Lunas aufgetaucht, so hätte man sich für mich - ob tot, oder lebendig - kaum noch interessiert. Das einzige belastende Beweismaterial, auf das ich durch Zufall gestoßen war, ließ sich nicht mehr vorzeigen. Mich brauchten SIE nicht länger zu fürchten.
Inzwischen hatten sie es mit einem neuen Sachverhalt zu tun - und ich auch. Über Seebeck waren sie erneut auf mich gestoßen - und über mich wiederum auf Seebeck. Seebecks Patsche war im Handumdrehen zu meiner geworden. Siebzehntausend Meter über dem Mond saß uns ihr Sperber im Nacken.
Mein schwerwiegender Fehler war der, daß ich SIE unterschätzt hatte. Daß ich das getan hatte, war kein Wunder. Das falsche Spiel, das mit dem Titan getrieben wurde, sprengte alle gewohnten Normen kriminellen Verhaltens.
Aber auch der Sperber war nicht frei von Fehlern. Auf jeden Fall unterschätzte er mich. Die Schule unter den Sternen, durch die ich gegangen war, vom Pilotenanwärter bis zum Commander, war lang gewesen und hart. Ich hatte es lernen müssen, unter Schmerzen, in Momenten der Gefahr nicht den Kopf zu verlieren, sondern kaltblütig das Richtige zu tun, um die Gefahr abzuwenden und doch zu mindern: anfangs, auf der Schulbank der VEGA, in der Theorie („… kommen Sie mir nicht mit der faulen Ausrede, Brandis, Ihr Kopf sei
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