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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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wenn es nicht die neuen kretischen Funde gegeben hätte – Funde, an deren Entschlüsselung Professor Smirnoff mitgearbeitet hat.« Maximow setzte zu einem neuen Gedankengang an: »Kurz und gut, besagter Posidonios verband die metaphysische Abstraktion mit konkreter Physik. Mit anderen Worten: Er praktizierte schon damals, was man heute angewandte Philosophie nennt. Können Sie mir folgen, Commander?«
    Aus dem sich lichtenden Nebel hob sich plötzlich klar und deutlich die Gestalt meines alten Lehrers. Wieso alt? Er war damals ein Mann in den besten Jahren gewesen.
    »Ich weiß, daß Professor Smirnoff den Namen Posidonios gelegentlich erwähnte.«
    Maximow zog fröstelnd den Morgenmantel enger; in der halbdunklen Wohnung war es kalt.
    »Posidonios, Commander, griff die uralte These der griechischen Philosophie auf: Nichts auf der Welt geht verloren. So weit, so gut. Aber die These allein behagte ihm nicht. Er ging in seinen Überlegungen einen Schritt weiter. Wo keine Materie verloren geht, schlußfolgerte er, gehen auch keine Bewegung und kein gesprochenes Wort verloren. Die pure Aktion ist zeitlos und unendlich.« Maximows Daumen zielte aufwärts. »Konkret: Unser kleiner Plausch bleibt irgendwo gespeichert.«
    »Wort für Wort?«
    »Und Aktion für Aktion.«
    Wieder dachte ich an den Gregorius-Weizen, als ich mich weiter an das Unfaßbare herantastete.
    »Und welche Rolle spielt hierbei Professor Smirnoff ?«
    »Spinni nahm Posidonios beim Wort. Wo etwas gespeichert ist, sagte er sich, muß man es auch abrufen können. Er wäre ein liebenswerter Narr gewesen, wenn er für diese Zeitspule, an der er bastelte, nicht immer wieder Schulden gemacht hätte. Der Gerichtsvollzieher ging doch bei Spinni ein und aus.«
    War ich auf etwas gestoßen? Zumindest die Möglichkeit eines Zusammenhanges war nicht länger zu leugnen.
    »Weiter!« sagte ich. »Was wissen Sie noch über Professor Smirnoff und die Zeitspule? Nannte er sie nicht Praeteroskop?«
    Maximow hob die Schultern. »Richtig, so nannte er das Ding. Die Schau des Vergangenen. Abgekürzt: P-kop. Aber Tatsache ist: Die Zeitspule habe ich nie zu Gesicht bekommen. Er hat nur immer von ihr erzählt und davon, daß ganze Kapitel der Geschichte neu geschrieben werden müßten, denn er würde mit Hilfe seiner Zeitspule den Historikern die unfrisierten Tatsachen auf den Tisch packen – von Adam und Eva bis in die Neuzeit.«
    »Aber das ist ihm nie gelungen?«
    »Wohl nicht.« Maximow dachte nach. »Was weiß ich? Angeblich machte ihm die Erdgravitation zu schaffen – na, und das ganze Gezeter bei uns im Äther. Voraussetzung für ein Gelingen, sagte er schon damals, sei ein P-kop unter den Sternen.«
    »Ach.«
    »Ja«, sagte Maximow, »ein P-kop unter den Sternen, das war sein größter Wunsch. Na, und den hat er sich dann ja auch erfüllt, als er plötzlich zu Geld kam. Irgendeine Erbschaft.«
    »Smirnoff hat ein Labor unter den Sternen?«
    Maximow verbarg seine Betroffenheit über meine Unwissenheit.
    »Wahrscheinlich haben Sie es nicht mehr mitbekommen, Brandis, Sie waren damals ja schon auf Großer Fahrt … Spinni quittierte den Schuldienst, kaufte sich eine ausrangierte Plattform und verdrückte sich damit an den Rand unseres Sonnensystems … wenn ich letzteres auch nur vom Hörensagen weiß.«
    Ich beugte mich vor.
    »Sie kennen nicht zufällig seine Position?«
    Maximow wedelte meine Frage hinweg.
    »Keine Ahnung. Angeblich soll er gelegentlich auf der Venus aufgetaucht sein, um seine Vorräte zu ergänzen. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, sollten Sie sich an Roger Hausmann wenden.«
    »Den Schlepper-Hausmann?«
    »Richtig!« sagte Maximow. »Als Schlepper-Hausmann hat er eine Weile geworben, als er sich selbständig machte. Von dem habe ich das mit der gekauften Plattform. Hausmann hat sie auf Position geschleppt. Fragen Sie ihn nach seinen Abenteuern mit P-kop!«
     
    Während mich die Libelle heimwärts trug, arbeiteten meine Gedanken.
    Noch immer war es möglich, daß ich einem Hirngespinst nachjagte statt einem Zusammenhang. Wenn das zutraf, war Commander Busch eines Hirngespinstes wegen gefoltert und ermordet worden.
    Hirngespinst oder Zusammenhang?
    Die genetische Formel des Gregorius-Weizens war für die Menschheit zum Schlüssel für das Überleben geworden. Aber die Formel war unauffindbar. Und ohne Formel kein Weizen. Und ohne Aussaat keine Ernte. Und ohne Ernte das unerbittliche Aus.
    Und damit kam plötzlich Professor Smirnoff ins Spiel.

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