Weltraumpartisanen 29: Zeitspule
himmelstürmenden Sierra Alpina verstellte, zu Fuß zurücklegen müssen.
Die gestelzte Konstruktion garantierte dafür, daß man sich im Transithotel Venus auch dann bester frischer Luft aus dem Verteilernetz der Ozonerien erfreute, wenn auf dem benachbarten Rampengelände, wie es gelegentlich schon einmal vorkam, die stinkenden Abgase der startenden und landenden Schiffe standen.
Ein Aufzug brachte mich direkt in die Prominentenlounge.
Sir Oleg war darin der einzige Gast.
»Ich sah Sie landen, Commander, und ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Ich hoffe, Sie haben nichts Besseres zu tun.«
»Ich war gerade abkömmlich, Sir Oleg.«
Der Gouverneur der Venus erhob sich aus dem schweren Clubsessel, um mir die Hand zu reichen, und mich streifte der Duft seines teuren Rasierwassers. Eine vage Erinnerung bemühte sich, Gestalt anzunehmen, aber sie tat es wohl nicht energisch genug, denn im Handumdrehen hatte sie sich schon wieder verflüchtigt.
Sir Oleg eröffnete die Unterhaltung.
»Wie sind die Verhältnisse unterwegs, Commander? Immer noch so schlimm?«
»Das wird so rasch nicht besser werden, Sir Oleg. Das Problem ist der Hunger.«
Sir Oleg neigte mit dem Ausdruck des Bedauerns und Mitleidens das graumelierte Haupt.
»Ja, das ist wirklich eine schlimme Sache, Commander. Wird Präsident Hastings Ihrer Meinung nach damit fertig werden?«
»Für die Aufgabe ist er der geeignete Mann, aber seine Chancen stehen nicht eben gut.«
»Immerhin verfügt er über einen hervorragenden Krisenstab – die besten Wissenschaftler der EAAU, jeder eine Koryphäe auf seinem Fachgebiet.«
»Aber auch Wissenschaft braucht Zeit, um Ergebnisse zu liefern, Sir Oleg.«
»Sie reden vom Gregorius-Weizen.«
»Der könnte die Rettung sein.«
»Weil er mit wenig Wasser auskommt?«
»Weil er überhaupt genügsam ist. Als Gregorius ihn berechnete, trug man sich noch mit der Absicht, die arktischen Regionen der Erde zu kultivieren. Mag sein, daß man das hier auf der Venus nicht mitbekommen hat, der Plan wurde ja auch rasch wieder fallen gelassen. Der Gregorius-Weizen ist ein Wunder an Fotosynthese. Er grünt und reift auch ohne Tageslicht. Das winzigste Restlicht genügt ihm.«
»Aber die Formel existiert nicht mehr?«
»Gregorius ist tot, und seine Aufzeichnungen sind lückenhaft.«
Sir Oleg nickte.
»Ihre Wiederbeschaffung wäre ein Vermögen wert.«
»Mit allem Gold der Welt ließe sich die Formel nicht aufwiegen, Sir Oleg.«
»Und was sagt Smirnoff dazu?«
Weshalb zögerte ich plötzlich? Nur weil im Zusammenhang mit diesen beiden Stichwörtern – Gregorius-Weizen und Smirnoff – ein Vormann der UGzRR sein Leben hatte lassen müssen? Lebte ich in dem Wahn, die Vereinigten Orientalischen Republiken könnten ihre Informanten auch auf der Venus haben? Die Wände der Prominentenlounge sahen nicht so aus, als könnte man sie anzapfen. War meine plötzliche Vorsicht vielleicht darauf zurückzuführen, daß Sir Oleg eine separatistische Politik verfolgte, die vom Hochverrat nur eine Haaresbreite entfernt war?
Ich beschloß auszuweichen.
»Smirnoff?«
Sir Oleg musterte mich mit nachdenklichen Augen.
»Nannten Sie unlängst nicht selbst Smirnoff Ihren alten Lehrer, Commander?«
Gewiß, das hatte ich getan, völlig arglos. Daran war nicht zu rütteln.
»Er unterrichtete damals angewandte Philosophie.«
»Richtig. Und nun, so heißt es, betreibt er so etwas wie ein privates Praeteroskop.«
War es Sir Olegs Absicht, mich in die Enge zu drängen? Um das Gespräch hatte ich nicht nachgesucht. Im Gegenteil: ich war dazu bestellt worden. Und bei aller Liebenswürdigkeit, mit der es der Gouverneur der Venus führte, nahm es doch mehr und mehr die Form eines Verhörs an. Zufall? Einbildung?
»Sein Spitzname ist Spinni, Sir Oleg. Ich glaube, das sagt alles.«
Wenn ich gehofft hatte, damit das Gespräch in belanglosere Bahnen lenken zu können, sah ich mich getäuscht. Der Gouverneur der Venus hatte mich abgetastet, nun kam er ohne Umschweife zur Sache.
»Schön«, sagte er, »hören wir auf, uns wie Katzen zu benehmen, die um den heißen Brei herumschleichen, Brandis. Ich mache Ihnen ein geschäftliches Angebot. Ich kaufe Ihnen Smirnoffs Position ab – zu einem Preis, den Sie selbst bestimmen.«
Ich schwieg.
Er stieß nach.
»Wenn Sie schon nicht an sich selbst denken, Brandis, dann denken Sie wenigstens an die UGzRR. Ich habe Macht, ich habe Einfluß. Und ich habe Geld.«
Fast verschlug es mir den Atem.
Kein Kaiser,
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