Weltraumpartisanen 29: Zeitspule
einlassen.
Sir Oleg führte das Kommando. Der Major ließ die Hand, die er erneut zum Schlag erhoben hatte, gehorsam sinken.
»Auf jeden Fall, Sir Oleg, gereicht ihm das zur Lehre. Er wird sich hüten, uns für dumm verkaufen zu wollen.«
Sir Olegs strahlendes Lächeln signalisierte Freundschaft und Wohlwollen. Auch Judas mußte so gelächelt haben: so gewinnend und so falsch.
»Unser verehrter Professor ist doch kein Einfaltspinsel, Major. Auch als es um die Gregorius-Formel ging, haben wir ihm Ruhe bewilligt. Wir werden ihm Gelegenheit geben, sich zu konzentrieren.« Sir Oleg setzte Professor Smirnoff wie zum Scherz eine Fingerspitze auf die Brust. »Sind wir uns einig?«
Von meinem alten Lehrer kam kein Widerspruch mehr. Erschöpft und geschlagen hockte er in seinem Sessel. Als er das Haupt neigte, war seine Unterwerfung vollständig.
»Zeit!« sagte er mit brüchiger Stimme. »Geben Sie mir Zeit und Ruhe, Sir Oleg. Ich muß mich auf die Aufgabe konzentrieren können.«
Sir Oleg strahlte katzenfreundliche Jovialität aus.
»Schön«, willigte er ein. »Wir ziehen uns zurück, so daß Sie freie Hand haben. Aber wenn wir wiederkommen, liegt das Ergebnis auf dem Tisch. Klar?« Er nahm eine rechteckige Kassette vom Pult. »Wie diese Gregorius-Formel.« Mit einem knappen Kopfnicken trieb er den Major an. »Gehen wir!«
In meinem Verschlag hielt ich den Atem an. Der Weg zum Ausstieg führte an mir vorüber. Die Tür vollends zuzuziehen war es zu spät; die Bewegung hätte auffallen müssen.
Einen Herzschlag lang sah ich dem Major auf Armeslänge direkt ins Gesicht. Hustend war er vor meinem Versteck stehengeblieben. Ich konnte das Rasseln seiner Bronchien hören. Nach einer Weile spie er aus und stampfte endgültig die Treppe hinab.
Und auch Sir Oleg blieb vor dem Sicherungskasten stehen. Bevor er die Kassette einsteckte, wägte er sie auf der flachen Hand. In seinen Augen glomm ein triumphierendes Feuer. Wohl oder übel würde ihm die Erde huldigen müssen. Es gab nichts mehr, was ihn hätte aufhalten können.
Auch diesmal wieder löste der Duft seines teuren Rasierwassers in mir die gewohnten vagen Bilder der Erinnerung aus, aber der Nebel, aus dem sie sich hoben, war immer noch zu dicht.
War alles, was ich unternommen hatte, um auf die Plattform zu gelangen, umsonst gewesen? Ich mußte unbedingt mit Professor Smirnoff zu Rate gehen.
Ich bezwang meine Ungeduld und wartete ab, bis sich der Major und Sir Oleg zu ihrem Dingi hindurchgeschleust hatten, das draußen vor dem Einstieg hing. Ich wartete, bis der Rückstoß des Triebwerks gegen die Bordwand schlug, dann stieß ich die Tür auf, trat hinaus und sagte: »Bitte, erschrecken Sie nicht, Professor.«
Es war das absonderlichste Zusammentreffen zweier Menschen unter den Sternen, das je stattgefunden hat. Nicht nur die äußeren Umstände, unter denen es geschah, waren bizarr und alles andere als normal, auch der Anlaß fiel aus dem Rahmen.
Mein alter Lehrer fuhr herum, und als er mich erkannte, wich plötzlich der Ausdruck des Besiegtseins aus seiner Miene. Er war wieder ganz er selbst und nahm mich ins Examen.
»Sie, Brandis?«
»In Person, Professor.«
»Hier?«
»Schon eine ganze Weile.«
»Ich hatte Sie früher erwartet.«
»Sie haben uns da ganz schön was eingebrockt!«
»Ich? Na, hören Sie mal …«
»Vielleicht hätte ich Sie ausdrücklicher darauf hinweisen sollen …«
Mit knappen Worten setzte ich Professor Smirnoff ins Bild, welche verhängnisvollen Folgen sein wohlgemeinter Funkspruch gezeitigt hatte.
Er hörte mir schweigend zu. Ich berichtete, auf welche Weise ich auf die Plattform gekommen war, und er seufzte.
»Und jetzt«, schloß ich vorwurfsvoll, »muß ich feststellen, daß Sir Oleg mir zuvorgekommen ist. Er nutzt den Hunger der Menschheit aus, um sich die Krone eines Asterators aufs Haupt zu stülpen. Ist Ihnen überhaupt klar, Professor, welches Machtmittel Sie ihm mit der Gregorius-Formel in die Hand gegeben haben? Sie haben dazu beigetragen, ihn zum Herrn über Leben und Tod zu machen!«
Es klang hart, und so war es auch gemeint. Die Zeit, um mit Hilfe der Praeteroskopie weltfremden Spinnereien nachzugehen, war endgültig vorüber. Smirnoff mußte sich entscheiden, auf welcher Seite er stehen wollte.
»Sie gehen hart mit mir ins Gericht, Brandis.«
»Ich brauche Ihre Unterstützung, Professor.«
Smirnoff wandte mir sein zerschundenes Gesicht zu.
»Und ich die Ihre, Brandis. Ich habe Schmerzen. In meiner Kammer
Weitere Kostenlose Bücher