Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
daß er Vesa verlassen mußte. Die Mörder unterhielten eine ausgedehnte, den ganzen Mond umfassende Organisation und würden es nicht dulden, daß man sie bespitzelte. Bei der Suche nach ihm würde man auf Vesa das Unterste zuoberst kehren, und da sein desplainianischer Körperbau sehr auffällig war, gab es eigentlich keine Verkleidung, die ihm Anonymität gesichert hätte.
Er spielte mit dem Gedanken, sich wieder mit Yvette zusammenzutun, jetzt, da seine getarnte Existenz in der unteren Schicht der vesanischen Gesellschaft aufgedeckt worden war. Er wußte, wo sie wohnte und hätte leicht mit ihr in Verbindung treten können. Der Gedanke daran, wieder mit ihr zusammenarbeiten zu können, erwärmte ihn: Sie hatten einander immer sehr nahegestanden und waren als Team absolute Spitze, wenn sie einander ihre Ideen wie Bälle zuspielten. Und da die Mörder jetzt so scharf hinter ihm her waren, konnten sie ihnen vielleicht gemeinsam eine Falle stellen und wenigstens einen der Schurken festnehmen, der sie – nach einem Schuß Nitrobarb – zu den anderen Bandenmitgliedern hinführen würde.
Doch nach kurzer Überlegung entschied er sich dagegen. Yvette steckte mitten in ihren eigenen Nachforschungen. Sie verfolgte eigene Ziele und hatte sich eine eigene Rolle zugelegt. Es wäre nicht fair, wenn er sich jetzt in ihre Arbeit einmengte und sie störte, nur weil er seinen eigenen Auftrag vermasselt hatte. Sie waren ja zu dem Entschluß gekommen, das Problem von zwei Seiten anzugehen, in der Hoffnung, es auf diese Weise schneller lösen zu können. Diese Strategie war noch immer vernünftig, wenn er sich von nun an richtig verhielt.
Überdies hatte er bei seinem Aufenthalt in der Lagerhalle eine wichtige Erkenntnis gewonnen. Jeder einzelne der dort versammelten Mörder war ein Mann von Chandakha. Offenbar gab es eine bestimmte Art und Weise, diese Leute für die Bande anzuwerben, und ebenso offensichtlich geschah diese Anwerbung auf Chandakha. Die Säuberungsaktion gegen die Mörder auf Vesa würde zu nichts führen, solange man die Brutstätte unberührt ließ. Chandakha hieß also sein nächstes Ziel.
Er ging zum Flughafen, holte seine Sachen aus dem Schließfach und mietete sich in einem Hotel in der Nähe ein. Sobald er allein und ungestört war, ging er an das Videophon seines Zimmers und meldete ein interstellares Gespräch mit einer höchst geheimen Nummer auf Chandakha an.
Nach einer Minute war die Verbindung da und auf dem Bildschirm erschien das Gesicht einer sehr attraktiven Dame. Auch sie schien eine Eingeborene von Chandakha zu sein. Die dunkle Hautfarbe, die braunen Augen und das lange, schwarze, leicht mit Grau durchsetzte Haar deuteten darauf hin. Feine Linien in ihrem Antlitz zeugten von großer Belastung und Verantwortung, unterstrichen jedoch ihre Schönheit eher, als sie zu beeinträchtigen. Ihr Alter mochte irgendwo zwischen fünfunddreißig und sechzig liegen, eine genauere Schätzung war unmöglich. Das mußte Marask Kantana sein, die Chefin des Geheimdienstes für die Bereiche Chandakha und Vesa.
»Wer spricht?« fragte sie und sah auf ihren Sichtschirm, denn Jules hatte den Videoteil seines Apparates nicht eingeschaltet. »Was wollen Sie?«
Jules sagte nur ein Wort: »Wombat.«
Die Wirkung dieses Wortes auf Kantana war höchst eindrucksvoll. Man hatte sie darauf vorbereitet, daß die Agenten Wombat und Periwinkle in ihrem Bereich Ermittlungen durchführten und daß sie ihnen jede erdenkliche Unterstützung gewähren sollte. Aber selbst wenn man sie darüber nicht informiert hätte, wäre die Wirkung um nichts geringer gewesen:
Diese zwei Kodenamen waren innerhalb des Service legendär und verlangten es, daß man mit sofortigem Gehorsam reagierte. Kantanas Miene, eben noch die einer stolzen, befehlsgewohnten Dame, verwandelte sich nun in den Ausdruck absoluter Ergebenheit. »Was kann ich für Sie tun?« fragte sie.
»Ich befinde mich momentan auf Vesa und muß unbeobachtet nach Chandakha gelangen. Der Raumhafen wird überwacht. Was schlagen Sie vor?«
»Mein Privatschiff«, sagte Kantana ohne Zögern. »Ich könnte für einen Tag nach Vesa fliegen, und Sie könnten in meinem Koffer zurückkommen – zumindest, bis wir Sie sicher an Bord gebracht haben.«
»Sehr schön.« Jules fand diese Frau auf den ersten Anhieb sehr sympathisch. Sie besaß rasche Auffassungsgabe und traf ohne jede Umständlichkeit die richtige Entscheidung, wie es bei einem Amt wie dem ihrigen nottat. Kein Wunder, sagte
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