Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
die sich Mitgefühl bewahrt und lange unter der Last der Probleme ihres Volkes gelitten hatte, obwohl sie – in ihrer hervorragenden Stellung als Chefin der örtlichen SOTE – daran hätte vorbeigehen können.
Jules schüttelte den Kopf. »Kaum zu glauben, daß heutzutage im Imperium noch derartige Bedingungen herrschen sollen! Der Kaiser kann diese Dinge doch nicht einfach laufenlassen.« Er entsann sich seiner Begegnung mit Seiner Kaiserlichen Majestät, Stanley X. – einem schon alten Mann, der aber klaren Sinnes über das Wohl des Volkes wachte.
Kantana sagte ohne Bitterkeit: »Der Kaiser ist ein vielbeschäftigter Mann und ist zudem weit weg. Chandakha ist ein politisch friedlicher Planet und stellt für ihn oder das Imperium keinerlei Bedrohung dar. Wenn ein Mensch mehr als 1300 Planeten regiert, muß er sein Augenmerk den jeweiligen Krisenpunkten widmen. Dabei werden die stiller schlummernden Probleme übersehen. Außerdem ist das Problem erst in den letzten fünfzig Jahren entstanden. Wir wurden von einer Reihe unfähiger Herzöge regiert, die herumexperimentierten, ohne nennenswerte Ergebnisse zu erzielen. Der gegenwärtige Herzog ist erst dreizehn ...« Sie hielt unvermittelt inne. »Ach – es tut mir leid, Sie sind ja nicht gekommen, um sich meine oder Chandakhas Probleme anzuhören. Sie müssen – wir müssen – einen Fall lösen, und je eher wir uns daranmachen, desto besser.«
Jules verdrängte den Schock, den ihm die Schilderung der Lebensbedingungen auf Chandakha beschert hatte. Kantana hatte recht. Sie hatten jetzt anderes zu tun. »Ich bin der festen Meinung«, sagte er, »daß die Anwerbung dieser Männer nach einem ganz bestimmten Programm abläuft. Diese Verschwörung sucht sich Leute aus, die bereits kriminelle Neigungen zeigten und große Familien erhalten müssen – Männer, deren Lage so verzweifelt ist, daß sie für Geld alles tun. Man kann sie so weit bringen, zu solcher Gefühllosigkeit gegenüber allem und jedem heranbilden, daß sie sich zu allem bereit finden, auch zu Mord in großem Stil, wenn nur entsprechender Lohn winkt.«
»In dieser Hinsicht stellt Chandakha wirklich ein Paradies für solche Anwerber dar«, gab ihm Kantana recht. »Die Schwierigkeit für den Anwerber besteht nur darin, unter der fast unbegrenzten Zahl von Kandidaten die richtige Wahl zu treffen.«
Jules dachte angestrengt nach. »Dann müssen wir eben dafür sorgen, daß aus mir ein hundertprozentiger Kandidat wird.«
Vor seiner Abreise ließ Jules per Telefon eine Anzeige in die wichtigste Tageszeitung einrücken:
Chandakha lockt mit Sirenengesang
Die Eingeborenen voll Tätigkeitsdrang.
Frenchie.
Yvette würde daraus entnehmen, daß ihr Bruder sich auf Chandakha befand und daß Chandakhari in die Angelegenheit verwickelt sind. Ihm lag diese Art von Geheimnistuerei zwar gar nicht, aber Yvette hatte ihren eigenen Nachforschungen, unabhängig von ihm, nachzugehen und er wollte sie dabei nicht stören. Jetzt würde sie wenigstens wissen, daß er wohlauf war, und sollte sie weitere Fragen haben, konnte sie sich an Kantana wenden, wie auch er es getan hatte.
Der Transport zu Kantanas Raumschiff verlief ohne Schwierigkeiten. Jules wurde in den großen Schrankkoffer gesteckt und über die Fahrgastrampe an Bord geschafft. Er bekam dabei zwar ein paar unsanfte Stöße ab, aber er blieb von eventuellen Spitzeln unentdeckt. Während des kurzen Fluges nach Chandakha, bei dem Kantana selbst das Schiff steuerte, besprachen sie die Einzelheiten seiner bevorstehenden Verwandlung in einen der führenden Gesetzesbrecher des Planeten.
Dabei waren die physischen Probleme die schwierigsten. Jules' hellbraunes Haar, die helle Haut und die grauen Augen waren zu auffällig, aber Kantana versicherte ihm, daß ihre Makeup-Experten Haut und Haare so färben könnten, daß die Wirkung mehrere Wochen lang anhielt. Augenspezialisten des Service konnten außerdem seine Augen vorübergehend auf ein passenderes Braun eintönen. Und was seinen Körperbau betraf, so beruhigte ihn Kantana, daß die Standardkleidung auf Chandakha aus einem losen, kaftanährüich geschnittenen Gewand bestünde und seine desplainianischen Proportionen darin verhüllt würden. Durch Einnahme bestimmter wasserspeichernder Pillen konnte Jules erreichen, daß seine Muskeln wie schwammiges Fleisch aussahen. Im Schlaf abgehörte Tonbänder vermittelten ihm den einheimischen Dialekt innerhalb von sechs Nächten.
Kantana, mit der kulturellen Struktur
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